Ist das die Klatschpresse der Zukunft? Diese Gossip-Dienste leben von und auf Instagram

Stehen den klassischen Boulevardmedien harte Zeiten bevor? (Foto: Reid Rosenberg, CC BY-NC-SA 2.0)

Dienste wie The Shade Room, Baller Alert und Entertainment for Breakfast wirbeln in den USA die Tabloid-Branche durcheinander

Stehen den klassischen Boulevardmedien harte Zeiten bevor? (Foto: Reid Rosenberg, CC BY-NC-SA 2.0)

Stehen den klassischen Boulevardmedien harte Zeiten bevor? (Foto: Reid Rosenberg, CC BY-NC-SA 2.0)

Während derzeit in den USA etablierte Medienhäuser abwägen, ob es richtig ist, ihre Inhalte künftig direkt bei Facebook einzustellen, ist dort eine neue Generation von Medienmacherinnen schon wieder einen Schritt weiter: Die Betreiberinnen von Gossip-Diensten wie The Shade Room, Baller Alert und Entertainment for Breakfast folgen Promis bei Instagram, filtern die pikantesten Posts und Aktionen heraus, und posten einen Screenshot davon mit einem Kommentar auf ihren eigenen Instagram-Profilen. Sie erreichen damit täglich Millionen von Leserinnen – und haben um diese Reichweite herum ein offenbar lukratives Business aufgebaut.

„Früher musste man graben und recherchieren für eine Story“, wird Stephanie Ogbogu, die Chefredakteurin von Baller Alert, in einem lesenswerten Artikel der New York Times zitiert. Heute könne man einfach die Instagram-Seiten von Promis aufrufen und schauen, wen sie auf ihren Bildern markieren und welchen Profilen sie folgen – „Es ist so viel einfacher“, so die 30-Jährige.

Screenshots von Posts, die Promis wieder gelöscht haben, locken Followeran 

Nach dem geschilderten Prinzip agieren schon diverse Dienste – die NY Times hat mit Baller-Alert-Macherin Ogbobu sowie mit der Gründerin von The Shade Room gesprochen, die gegenüber der Zeitung jedoch anonym bleiben wollte. Die Betreiberinnen der Gossip-Dienste der neuen Generation finden für ihre vorwiegend weiblichen Leser die aus ihrer Sicht interessantesten Inhalte bei Instagram: Sie nehmen die Aktionen der Promis bei dem Bilderdienst genau unter die Lupe, machen Screenshots von gelöschten Posts und bündeln die pikantesten Geschichten auf ihrem Profil.

Zuletzt lieferten beispielsweise die beiden Musiker Justin Bieber und Romeo Miller Stoff für Postings: Bieber hatte ein Bild von Model Ashley Moore gepostet, versehen mit dem Kommentar „Manchmal frage ich mich…“. Der Teenie-Star hatte Moore angeblich mehrfach zu Dates getroffen. Rapper Romeo Miller, der das Model ebenfalls einmal gedatet hatte, postete daraufhin ein Bild von sich gemeinsam mit Moore. Sein Kommentar darunter: „Manchmal frage ich mich auch…“. Die Macher von The Shade Room wühlten sich offenbar durch die Reaktionen aller Instagram-Nutzer auf das Foto, stießen darauf, dass Biebers Ex-Freundin Selena Gomez Millers Bild geliket hatte – und veröffentlichten davon einen Screenshot.

Ein von The Shade Room (@theshaderoominc) gepostetes Foto am 19. Apr 2015 um 18:54 Uhr

Weitere Posts von The Shade Room am heutigen Tag: ein Bild des Neugeborenen von Musiker Justin Timberlake und Schauspielerin Jessica Biel sowie ein Foto von Rapper 50 Cent mit freiem Oberkörper. Fast alle Inhalte sind Beiträge, die die Betreiber einfach von anderen Profilen übernommen und leicht modifiziert haben.

Aus dem Nichts von 0 auf 10.000 Follower in zwei Wochen

The Shade Room ist mit diesem Konzept zu einem der erfolgreichsten Angebote der neuen Generation der Gossip-Dienste avanciert. Wie die Betreiberin „Angie“ gegenüber der New York Times erklärte, habe sie, als sie im September 2014 ihr Instagram-Profil einrichtete, bis Ende des Jahres 10.000 Follower einsammeln wollen. Schließlich erreichte sie dieses Ziel innerhalb von nur zwei Wochen. Bald begannen die Follower damit, ihr Nachrichten mit Tipps und Videos zu schicken. Heute folgen dem Instagram-Account 584.000 Menschen und ein kleines Team sorgt angeblich für die Inhalte.

Im vergangenen November war der Instagram-Account von The Shade Room schon einmal gelöscht worden – offenbar ohne Angaben von Gründen. Doch offensichtlich konnte die Macher innerhalb weniger Monate wieder die vorherige Reichweite aufbauen. Mittlerweile betreibt The Shade Room auch eine eigene Website, die eigenen Angaben zufolge im vergangenen Dezember vier Millionen Pageviews verzeichnete, sowie eine Facebook-Seite (1,3 Millionen Likes) und einen Twitter-Account (24.600 Follower). Der Instagram-Account steht offenbar jedoch immer noch im Zentrum aller Aktivitäten.

Instagram sei für ihr Konzept optimal geeignet, erklärte „Angie“ gegenüber der Times – für sie ist der Bilderdienst das Pendant zu WordPress. Auf Instagram erreichen Klatsch-Accounts wie ihrer genau jene Zielgruppe, die sich sowieso für Promi-Content interessiert. Ein weiterer Vorteil: Der Newsstream von Instagram wird derzeit nicht gefiltert – im Gegensatz zu dem von Mutterunternehmen Facebook.

Bezahlte Werbeposts dienen als Einnahme

Sein Geld verdient das Team hinter dem Projekt mit bezahlten Posts. Auf einer eigens eingerichteten Unterseite werden je nach Werbetreibenden Preise zwischen 150 und 600 US-Dollar pro Werbepost aufgerufen. Aufstrebende Musiker und Künstler können ihre Musik für einen geringeren Preis bewerben als beispielsweise Mode-Online-Shops.

Ein von The Shade Room (@theshaderoominc) gepostetes Foto am 20. Apr 2015 um 7:53 Uhr

In den USA existierten im Segment der Promi- und Klatschnews bereits seit vielen Jahren überaus reichweiten- und einnahmenstarke Blogs wie TMZ und Perez Hilton. Möglicherweise hat die neue Generation der Gossip-Dienste das Zeug dazu, dieses Geschäft zu revolutionieren. Die New York Times bezeichnete The Shade Room bereits als das „TMZ von Instagram“.

Roland Eisenbrand
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Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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