Teatox-Trend: Wie Tee-Startups über Instagram Millionen machen

Martin Gardt10.5.2016

Nur durch Influencer-Marketing sind viele Teatox-Startups zu hochprofitablen Unternehmen geworden

Teatox
Teatox
Inhalt
  1. Influencer Marketing mit Stars und Sternchen
  2. Selfie mit Teatox
  3. Geklauter Content und die Suche nach neuen Talenten
  4. Beauty-Produkte regieren Instagram

Wer Prominenten oder reichweitenstarken Instagrammern auf der Plattform folgt, dürfte immer mal wieder ganz spezielles Product-Placement entdecken. Tee-Companys, die sogenannte Detox-Tees verkaufen, sind nur durch ihre Instagram-Präsenz richtig groß geworden. Wir zeigen, wie der Teatox-Trend die Plattform erobert, wie viel Geld Influencer von den Unternehmen bekommen und welche Nischenprodukte gerade genauso durchstarten.

Sie heißen FitTea, SkinnyMint, Flat Tummy Tea, TinyTea Teatox, Naked Me Tea, Baetea, ShowGirlSlim, Lyfe Tea, My Beauty Tea, Skinny Bunny Tea oder einfach Teatox und verkaufen alle das gleiche Produkt: Tee in bunten Verpackungen. Auf denen versprechen die Hersteller, die aus der ganzen Welt kommen, dass der Tee beim Abnehmen hilft, den Körper entschlackt und Blähungen vermindert. Und um das zu erreichen, müssen die Kunden tief in die Tasche greifen: Ein Starterpaket beim Hersteller SkinnyMint etwa kostet knapp 25 Euro. Das reicht aber nur für 14 Tage. Der Hersteller empfiehlt mindestens die 28-Tage-Kur für fast 40 Euro. Andere Unternehmen stehen diesen Preisen kaum nach und gleichen sich auch bei den Inhaltsstoffen: Grüner Tee, Mate-, Nessel-, Löwenzahn-, Orangen-, Pfefferminz-Blätter, Guarana-Samen, Ingwer- und Süßholzwurzel sind in typischen Detox-Tees drin.

Influencer Marketing mit Stars und Sternchen

Doch wie kann man aus einfachem Tee und mit riesiger Konkurrenz ein Millionen-Business aufbauen? Die Teatox-Unternehmen haben es mit Influencer Marketing bei Instagram geschafft. Sie starteten noch vor dem großen Influencer-Trend und konnten so für relativ wenig Geld viel Reichweite auf der Plattform kaufen. Das Produkt passt schließlich perfekt zum Foto-Dienst, wo bekannte und gut aussehende Menschen oft Millionen Follower haben. Viele Nutzer eifern ihrem Idol nach und sei es, indem sie den gleichen (laut Werbebotschaft schlankmachenden) Tee trinken. Stars, die für Teatox-Marken bei Instagram werben, sind Britney Spears, Nicki Minaj, der gesamte Kardashian-Klan, Lindsey Lohan, Schauspielerin Vanessa Hudgens, Model Irina Shayk und viele andere – manche sogar für verschiedene Hersteller. In Deutschland wirbt zum Beispiel die von uns schon vorgestellte Instagrammerin Pamela Reif für SkinnyMint.

Die deutsche Instagrammerin ist ein sogenannter Ambassador für das Teatox-Unternehmen. Sie hat einen längerfristigen Vertrag mit SkinnyMint: „Für SkinnyMint poste ich gerne regelmäßig, da ich das Produkt in meinen Tagesablauf fest eingebaut habe und daher durch eigene Erfahrung empfehlen kann. Das heißt, ich habe mich für die Zusammenarbeit selbst aktiv entschieden. Es gibt keine konkreten Vorgaben, wann ich poste und wie ein Post aussehen soll, das entscheide ich für mich“, sagt sie gegenüber Online Marketing Rockstars. Wie viel SkinnyMint für die Zusammenarbeit zahlt, will Pamela nicht verraten. Laut dem US-Magazin Racked zahlen Teatox-Brands zwischen 3.000 US-Dollar für Influencer mit unter 100.000 Followern und bis zu 250.000 US-Dollar für Top-Stars wie Kylie Jenner (gehört auch zu den Kardashians) mit über 60 Millionen Abonnenten bei Instagram. Die Preise können manche Teatox-Companys zahlen, weil ihr Produkt so eine riesige Marge hat. Sie kaufen Blätter, Wurzeln und Gewürze für sehr wenig Geld, mixen alles zusammen und verkaufen es für 50 Euro an ihre Kundschaft.

using @fittea before my shoots is my favorite ☺️

Ein von King Kylie (@kyliejenner) gepostetes Foto am 28. Apr 2016 um 8:00 Uhr

Selfie mit Teatox

Wie Ihr an Kylie Jenners Teatox-Endorsment seht, scheinen die Brands nicht allzu viele Vorgaben an die Influencer zu machen – solange das Produkt im Bild zu sehen und der Instagram-Account des Herstellers angegeben ist. Meist ist das Engagement bei solchen Posts weniger hoch, als bei persönlicheren Bildern. Der Post vom 28. April verzeichnete eine Like-Follower-Rate von 1,25 Prozent. Das Analyse-Tool InfluencerDB gibt für Kylie Jenner eine durchschnittliche Rate von 1,8 Prozent an. Trotzdem hat FitTea potenziell 60 Millionen Menschen erreicht, die ihr Idol bewundern und neue Follower für den eigenen Account gewonnen. InfluencerDB zeigt über 3.500 neue Abonnenten direkt nach dem Post von Kylie Jenner. So konnte sich das Unternehmen durch Endorsments über 1,8 Millionen Follower aufbauen.

Angefangen hat die Erfolgsgeschichte der Detox-Tees wohl vor über zwei Jahren mit der Fitness-Instagrammerin Jen Selter, die mit ihren Po-Selfies („Belfies“) weltweit bekannt geworden ist und über neun Millionen Abonnenten hat. MateFit war damals die erste Teatox-Brand mit der Influencer-Idee und die Resultate in Sachen Verkauf sprachen offenbar für sich. Mittlerweile ist FitTea die Nummer 1, wenn es um Influencer-Marketing geht – vor allem wegen der Posts der Kardashians.

Nicki Minaj Teatox

MateFit finanziert das Video von Nicki Minaj – sie wirbt auf Instagram.

Mittlerweile entwickelt sich eine Art Konkurrenzkampf um die besten Influencer. Die Teatox-Brands gehen soweit, ganze Musikvideos von Stars mitzufinanzieren, um im Video aber auch im Instagram-Kanal der Künstler aufzutauchen. So lief das etwa bei MateFit in Nicki Minajs Video zu Anaconda (Minute 1:35, Fitnessszene) und Britney Spears Pretty Girls (gleich zu Beginn). MateFit zahlt einen Teil des Videos und lässt sich die Instagram-Präsenz vertraglich zusichern. Die meisten ganz großen Stars sehen Teatox-Marketing nur als Möglichkeit, schnell Geld zu verdienen und binden sich nicht langfristig. Yehuda Neuman, Director Of Brand Relations bei der US-Influencer-Agentur Talent Resources, sagt gegenüber Racked, dass sich einige eine „Deletion Clause“ in den Vertrag reinschreiben lassen. Die erlaubt es ihnen, den Instagram-Post mit dem Teatox-Produkt nach einigen Tagen wieder zu löschen.

Geklauter Content und die Suche nach neuen Talenten

Die weitere Instagram-Strategie der Teatox-Brands ist dagegen unterschiedlich. SkinnyMint setzt im eigenen Kanal ausschließlich auf schöne Menschen, MateFit packt gern auch mal ein gesundes Müsli neben die eigenen Teepackungen und FitTea postet meist Memes mit Kindern oder Faultieren. Was aber alle Unternehmen immer wieder posten, sind Vorher-Nachher-Fotos ihrer vermeidlichen Kunden. Einige davon scheinen von anderen Accounts geklaut zu sein – Fans der Fitness-Instagrammerin Kayla Itsines posten ständig solche Bilder von sich. Diese Bilder zu übernehmen fällt nicht auf, weil meist keine Gesichter zu erkennen sind. Und egal, ob die Bilder aus der eigenen oder einer anderen Community kommen, sie gaukeln den Fans vor, dass der Abnehmeffekt auf den Tee zurückzuführen ist, dabei machen viele Nutzer der Produkte gleichzeitig eine Diät. SkinnyMint hat sogar einen eigenen Account namens SkinnyMintResults, der nur Vorher-Nachher-Fotos postet. Insgesamt scheint die Instagram-Strategie ohne Influencer nicht ganz aufzugehen. Laut InfluencerDB verliert FitTea pro Tag teilweise 500 Abonnenten und gewinnt nur neue Follower, wenn etwa Kylie Jenner postet. Ähnlich sieht es bei MateFit aus.

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Ein von SkinnyMint Results (@skinnymintresults) gepostetes Foto am 20. Apr 2016 um 6:40 Uhr

Und weil die restlichen Posts vieler Teatox-Unternehmen aus Reposts der Influencer-Einträge bestehen, brauchen sie ständig Material von ihren Partnern. Aber nicht jedes der Unternehmen kann 250.000 US-Dollar für einen einzigen Beitrag bezahlen, deshalb suchen viele nach neuen Influencern, die günstiger zu haben sind. Weil der Zielgruppe weibliche Vorbilder geboten werden sollen, brauchen die Brands junge, hübsche, fitte Frauen, die am besten ständig Selfies während des Sports machen. Denen muss man dann nur noch eine Tee-Packung in die Hand drücken und das Testimonial funktioniert. Dazu nutzen die Teatox-Brands Hashtags, die oft genutzt werden und in die Zielgruppe passen. Ein Beispiel sind die Hashtags der Fangemeinschaft von der bereits angesprochenen Kayla Itsines. Unter dem Hashtag #kaylasarmy sind über eine Million Posts erschienen, unter dem Hashtag #bbg (steht für Bikini Body Guide, das Trainingsprogramm von Itsines) schon fast drei Millionen. Unter beiden Hashtags zeigen sich fitte Frauen – und genau die suchen die Teatox-Brands als günstige Testimonials. FitTea etwa ermutigt Blogerinnen mit Reichweite bei Youtube und Instagram sich beim Ambassador-Programm der Brand zu bewerben.

Beauty-Produkte regieren Instagram

Laut Racked werden viele von diesen weniger reichweitenstarken Influencern gar nicht bezahlt. Sie bekommen den Tee kostenlos und verpflichten sich, eine bestimmte Anzahl an Posts mit den Tee-Packungen zu veröffentlichen. Die Influencer wollen damit andere Brands auf sich aufmerksam machen und zeigen, dass sie genug Follower für Sponsored Content haben. Das soll auf lange Sicht dazu führen, dass der nächste Werbepartner zahlt. Reposts der Teatox-Brands helfen dann noch dabei, die eigene Abonnenten-Zahl zu vervielfachen. Wenn etwa FitTea das Foto im eigenen Kanal verwendet sehen das 1,8 Millionen Follower.

Ciara Teatox

US-Sängerin Ciara wirbt für ein Gerät, das weißere Zähne bringen soll.

Die gleiche Strategie wie die Teatox-Brands probieren mittlerweile auch andere Beauty-Brands – vor allem in den USA. Pulver und Geräte, um Zähne weißer zu bekommen, Nahrungsergänzungsmittel, Protein Shakes, Pillen für schönere Haare, Korsetts und Kaffee-Körperpflege sind typische Beispiele für Influencer-Produkte. Alle vermitteln den Eindruck, dem Schönheitsideal auf Instagram näher kommen zu können, wenn man sie nur benutzt – und genau deshalb funktionieren sie auf der Plattform so gut.

Instagram
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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