Tag Management klingt kompliziert und komplex. Diesem Unternehmer beschert es den Lifestyle seiner Träume

Martin Gardt14.8.2015
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Julian Jünemann hatte mal eine Kreuzfahrt-Vermittlung als Startup, dann tingelte er als Online Marketing Guy durch die Szene. Jetzt hat er eine Nische gefunden und lebt überall auf der Welt

550_julian-jünemann-foto „In Ho-Chi-Minh-Stadt kann ich mit einem sechsstelligem Jahresgehalt unfassbar gut leben – sogar mit deutlich weniger wäre das kein Problem“, sagt Julian Jünemann. Der 28-jährige lebt seit fast drei Jahren größtenteils in Südostasien und führt von da aus sein 1-Mann-Unternehmen JJAnalytics. Seine Haupttätigkeit: Google Analytics und Tag Management. Gerade das Thema Tag Management hat sich als spannende Nische erwiesen. Vielen Unternehmen fehlt hier die Expertise und das Verständnis rund um Tag-Implementation, Tagging-Strategie und Management. So hat Jünemann eine clevere Möglichkeit gefunden, ohne viel Aufwand zusätzlich Kohle zu machen. Wir zeigen, wie er mit Online-Kursen sein Geld verdient und wie wichtig Tag-Management für Unternehmen wirklich ist.

Unseren Gründer Philipp Westermeyer kennt Julian Jünemann schon seit 2009 als er bei Gruner + Jahr New Media Ventures als Praktikant anfängt. Schon kurz danach gründet Jünemann das Start-up 1000Kreuzfahrten unter dem Dach von Hanse Ventures in Hamburg. Auf dem Portal können Nutzer Kreuzfahrtanbieter vergleichen, Fahrten buchen und planen. Nur knapp über ein Jahr nach der Gründung scheiden Jünemann und sein Co-Gründer Florian Rudolph aus. Gut gelaufen ist der Laden damals nicht. Seit einem Not-Exit 2013 gehört das Start-up zum Wettbewerber Dreamlines. Jünemann wechselt direkt als Head of Online Marketing zum Online-Wohnausstatter Urbanara. Doch schnell entdeckt er seine Lust zu Reisen: „Ein Bekannter aus der Digitalen-Nomaden-Szene sagte mir, ich müsse unbedingt in Ho-Chi-Minh-Stadt arbeiten. Das habe ich dann ein halbes Jahr probiert“. Jünemann ist besonders begeistert von den Menschen in Südostasien: „Man tritt auf die Straße und sofort wird dir etwas verkauft. Dort ist jeder Unternehmer.“ Mit dem Vorteil der Unabhängigkeit berät er mit seiner Firma JJAnalytics mittlerweile Unternehmen auf der ganzen Welt. Richtig spannend ist aber sein Nebenprojekt GTMTraining, das mittlerweile mehr Geld abwirft.

Tag Management – viele brauchen Hilfe bei den Marketing-Tools

Julian Jünemann hat entdeckt, dass es bei vielen Marketern Nachholfbedarf beim Thema Tag Management gibt. Das ist wichtig, um einzelne Ereignisse auf Webseiten zu messen, die über das Basis-Tracking (Laden einer neuen Webseite) hinaus gehen. Sogenannte Tag Management Systeme ermöglichen die einfache Implentierung von Analyse-Tags auf einer Webseite. Bei komplexen Portalen ist das Einbauen dieser Tracking-Codes ohne solche Systeme mit hohem Programmieraufwand verbunden und kostet viel Geld. Führende Tools sind der Google Tag Manager und Dynamic Tag Management von Adobe Systems. Statt jeden Tracking Code für ein neues Ereignis in JavaScript zu schreiben und in den Quellcode einzufügen, installieren Tag Management Systeme Tracking Container. Wer jetzt neue Tracking-Codes – etwa um einzelne Webseiten-Klicks oder Video-Aktionen zu messen – einfügen will, kann das komfortabel über die Oberfläche des Tag Management Systems erledigen.

Der Google Tag Manager ist das größte Tool auf dem Markt – und kostenlos.

Der Google Tag Manager ist das größte Tool auf dem Markt – und kostenlos.

„Jedes Unternehmen, das Google Analytics nutzt, braucht auch den Google Tag Manager“, sagt Julian Jünemann zu Online Marketing Rockstars. Das sei für die Kommunikation zwischen Marketer und Programmierer eines der besten Tools. Online Marketing Manager könnten schließlich einfach angeben, wo welche Tracking-Codes gesetzt werden sollen – ohne lange Telefonate mit der IT. Insgesamt müssten vor allem Performance-getriebene Unternehmen wie etwa Online-Shops zwingend auf Tag Management setzen. Das Know-how, ein solches System aufzusetzen, fehlt aber vielen. Davon profitiert Jünemann mit seinem 1-Mann-Unternehmen JJAnalytics. Er setzt für Firmen auf der ganzen Welt Google Analytics und den Tag Manager auf und unterstützt die Mitarbeiter in den ersten Wochen beim Kennenlernen des Systems. „Ich setze das für etwa zwei Unternehmen im Monat um“, sagt Jünemann. Trotzdem macht er mit Consulting nur 40 Prozent seines Umsatzes – der Rest kommt über seine Online-Kurse.

Per Youtube anfüttern und auf dem eigenen Portal abkassieren

Wer sich im Netz zum Thema Tag Management schlau machen will, landet schnell bei Julian Jünemann. Er will Marketern innerhalb von vier Wochen alles Wichtige zum Google Tag Manager beibringen. Jeden Monat nimmt Jünemann zwischen 10 und 20 neue „Schüler“ auf. Auf seiner eigenen Plattform finden sie Video-Tutorials, bekommen Aufgaben gestellt, die sie lösen müssen und können Fragen stellen. Doch woher kommen die ganzen Kunden? Das Geheimnis ist laut Jünemann Youtube: Er hat auf dem Kanal „GTM Training“ bisher insgesamt 26 Videos, die bei der Suche nach „Tag Manager“ ganz oben ranken. „Die Konkurrenz in dem Bereich ist derzeit nicht besonders groß, da gibt es noch Google, aber die benennen ihre Videokurse meist etwas komisch“, erklärt Jünemann. In den meist über zehn Minuten langen Videos zeigt er seinen über 2.600 Abonennten, wie Nutzer den Google Tag Manager zum Beispiel im E-Commerce einsetzen können. Die Clips dienen als Teaser für seinen Online-Kurs, der zu Beginn und am Ende erwähnt und natürlich in der Beschreibung verlinkt ist. „Der Großteil meiner Nutzer kommt von Youtube. Am besten funktioniert es, Interessierte zu einem PDF zu führen, wo sie weitere Informationen bekommen und hoffentlich Lust, an einem Online-Kurs teilzunehmen“, sagt Jünemann.

Julian Jünemann hat mittlerweile eine eigene Webseite für seine Online-Kurse.

Julian Jünemann hat mittlerweile eine eigene Webseite für seine Online-Kurse.

Noch hält er die Teilnehmerzahl bewusst klein, damit ihm die Arbeit nicht über den Kopf wächst. Dabei ist das ein sehr lukratives Geschäftsmodell: Die Videos sind bereits abgedreht und die Aufgaben festgelegt. Jeder Nutzer zahlt für den 4-Wochen-Kurs zwischen 400 und 600 US-Dollar. Das macht bei der Mindestzahl von 10 Nutzern mindestens 4000 US-Dollar – maximal sind bei der derzeitigen Auslastung also 12.000 US-Dollar pro Monat drin. Jetzt, wo er sein Geschäftsmodell skalieren kann, soll die Plattform weiter wachsen: „Ich habe jetzt jemanden angestellt, der sich um das Konzept kümmern soll“. In Zukunft könne er sich eine gestaffelte Zahlung vorstellen: 300 US-Dollar nur für die Videos, 500 US-Dollar für Exercises oder 1.000 US-Dollar für privates Coaching.

Udemy nervt: Eine eigene Plattform muss her

Online-Kurse funktionieren derzeit vor allem in den USA hervorragend. Eine der führenden Plattformen ist Udemy. Hier hatte auch Julian Jünemann zu Beginn seine Videos und Aufgaben hochgeladen. Doch er merkte schnell, dass zwar Aufmerksamkeit da ist, aber nicht das ganze Geld ankommt. „Die verramschen meinen Kurs“, sagt er. An allen Nutzern, die er über Youtube zu Udemy schickte, verdiente er 97 Prozent. Für Bestandskunden die über Udemy zum Kurs geleitet wurden gibt’s aber nur zwischen 25 und 50 Prozent. Deshalb baute Jürnemann kurzerhand sein eigenes Portal mit einem WordPress-Plugin. „Nur bei der Einrichtung entstehen Kosten, insgesamt funktioniert dieses Modell aber viel besser“, sagt er. Mittlerweile biete er nur noch einen 10-Dollar-Crashkurs bei Udemy an – ebenfalls nur zum Anfüttern von Interessenten. Schließlich soll seine Haupteinnahmequelle Online-Kurse weiter wachsen.

Gestern war er braungebrannt bei uns in Hamburg im Büro zu Besuch. Den hübschen Teint hat er allerdings aus Berlin. „Ich war mal wieder in Berlin und Hamburg und habe ein paar Kunden getroffen – sogar persönlich vor Ort. Außerdem wollte ich meiner Freundin mal Deutschland zeigen“ (seine Freundin kommt aus Vietnam Anm. d. Red.).

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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