So diskutieren ein TV-Mann und ein Digitalexperte über Markenbildung der Zukunft

Martin Gardt5.10.2016

SevenVentures-CEO Sascha van Holt zu Gast bei OMR und im Austausch mit E-Commerce-Pro Alexander Graf

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Ist es aktuell für Unternehmen sinnvoll, mit TV-Werbung eine Marke aufzubauen? Oder ist eine solche Strategie in Zeiten von reichweitenstarken Marktplätze wie Amazon und Traffic-Lieferanten wie Google ineffektiv und zu teuer? Über diese Fragen streiten sich unter Moderation von OMR-Gründer Philipp Westermeyer SevenVentures-CEO Sascha van Holt und E-Commerce-Evangelist Alexander Graf.

Mit der TV-Power von ProSiebenSat.1 dürfte SevenVentures einen großen Teil zum Erfolg von Zalando, Lieferando und Tirendo beigetragen haben. Aktuell pusht der VC-Fond Unternehmen wie Auxmoney oder Wirkaufens mit TV-Spots. E-Commerce-Profi Alexander Graf zweifelt am Sinn dieser Strategie. Das hatte er auch schon in Folge #36 vom Rockstars Podcast klar gemacht. Er empfiehlt Marken vielmehr, sich auf Plattformen wie Amazon zu konzentrieren – vor allem, weil die Etablierung eines eigenen Shops und einer eigenständigen Marke heute so schwer sei. Im aktuellen Rockstars Podcast stellt sich SevenVentures-CEO Sascha van Holt der Debatte und verteidigt den Branding- und Performance-Wert von TV-Werbung.

Den Erfolg von Zalando wiederholen

„Wir haben nicht nur Zalando geholfen, sondern dem gesamten Online-Schuhmarkt“, sagt SevenVentures-CEO Sascha van Holt. Ende 2009 hatte ProSiebenSat.1 damit begonnen, die berühmten „Schrei vor Glück“-Spots von Zalando zu senden. Hintergrund war ein Media-for-Revenue-Deal mit dem Startup: SevenVentures bekam eine Umsatzbeteiligung, Zalando Werbeplätze. Der Brutto-Gegenwert der Werbezeiten soll damals bei 35 Millionen Euro gelegen haben. Laut van Holt habe die Kampagne erst die Nachfrage für Zalando geschaffen, weil zuvor das Produkt „Schuhe online kaufen“ noch gar nicht wirklich bekannt war. „Wenn man in Google Trends guckt, sieht man, dass der Anstieg der Suchanfragen zu ‚Zalando‘ und ‚Schuhe online kaufen‘ direkt mit den Werbemaßnahmen korreliert.“

In den folgenden Jahren versuchte SevenVentures den Zalando-Erfolg mit dem gleichen Media for Revenue-Prinzip und Media for Equity (Werbeplätze für Unternehmensanteile) zu wiederholen. Mittlerweile arbeite SevenVentures laut van Holt mit 90 Unternehmen zusammen. Bekannte Beispiele sind derzeit neben dem Kredit-Portal Auxmoney und dem Ankauf-Portal Wirkaufens der Wearable-Hersteller Jawbone, Babymarkt und das Shopping-Portal JustFab. Otto-Normal-Verbraucher kennen die Brands wahrscheinlich vor allem wegen der Werbespots bei Pro Sieben, Sat.1 & Co.

Der Preis des Brand Buildings

Alexander Graf vom E-Commerce-Blog Kassenzone zweifelte allerdings schon bei seinem ersten Podcast-Auftritt an, dass der Markenaufbau über TV-Werbung effektiv funktioniert: „Brand Building funktioniert heute ganz anders als vor fünf Jahren. Man braucht ein gutes Produkt, Amazon-Optimierung und gute Kundenbetreuung“, sagte er schon damals. In der Debatte mit Sascha van Holt untermauert er seine These: „Für viele Marken ist das Brand Building über TV so teuer, dass man sich das genau überlegen muss. Mache ich Market-Making über TV oder gehe ich lieber zu einem der großen Marktplätze und steigere dort über SEO und andere Maßnahmen den Abverkauf.“

In der Zalando-Zeit sei die Branche noch ganz anders aufgestellt gewesen. „Damals war es noch etwas besonderes, dass TV-Werbung zu einem Klick aufgefordert hat“, sagt Graf. Heute sehe er ein Abnutzungs-Szenario, weil in jedem Werbeblock unzählige Performance-Spots von Online-Unternehmen liefen.

Sascha Van Holt SevenVentures Alex Graf Podcast

Alexander Graf, Philipp Westermeyer und Sascha van Holt (v.l.) während der Podcast-Aufnahme.

Sascha van Holt hält dagegen: „Wenn ein Großteil der Produktsuchen auf Amazon stattfindet, dann ist das sicherlich ein Touchpoint in der Consumer-Journey. Aber es ist naiv zu glauben, dass Käufer auf Amazon gehen, nach ‚Matratze‘ suchen und dann eine der ersten drei angezeigten kaufen. Dazu kommen unzählige weitere Touchpoints – darunter TV.“ Er sehe vielmehr einen Trend zu Produkten, die eine hohe Marge haben und durch cleveren Markenaufbau keine Vergleichbarkeit wie etwa bei Amazon oder Google zulassen würden.

Das mache etwa Casper mit seinen Matratzen sehr clever. Das junge Unternehmen schalte schließlich auch Branding-TV-Kampagnen, um Vertrauen bei potenziellen Käufern aufzubauen. Mit TV-Werbung könnten Brands ihren USP (Unique Selling Point) verdeutlichen und den Haben-Wollen-Effekt erzeugen. Insgesamt habe sich die Response auf TV-Spots in den letzten Jahren nicht verändert. Nur weil direkt nach dem Online-Shop ein Spot über Online-Reifenkauf laufe, würde sich das nicht kannibalisieren, so van Holt.

Lässt sich der Zalando-Effekt für eine Consumer-Brand heute noch wiederholen? Welche Rolle spielt Emotion bei der Kaufentscheidung? Wie misst man den Impact von TV-Werbung? Die Antworten auf diese Fragen und noch viel mehr, hört Ihr im aktuellen Rockstars Podcast.

Podcast-Unterstützung

Auch die neueste Folge vom Rockstars Podcast wird wieder von spannenden Partnern präsentiert. Vodafone sucht derzeit nach neuen Vertriebspartnern oder einfach kreativen Köpfen und bietet einen starken Deal: Im Rahmen der „Wanted“-Initiative schreibt der Telko-Riese bis zu 50.000 Euro Startkapital für neuartige Werbemaßnahmen und Vertriebsideen aus – hier bekommt Ihr weitere Informationen!

Ebenfalls präsentiert wird der Podcast von united-domains. Die haben seit Kurzem die .shop-Domain im Portfolio. Besonders spannend ist das für jeden, der im E-Commerce-Bereich unterwegs ist. Gleichzeitig bekommt Ihr die Chance, Euch einen Domainnamen zu sichern, der mit .com oder .de schon lange vergeben ist. „Wir erwarten in den nächsten Tagen einen großen Ansturm auf die attraktivsten Domainnamen unter .shop“, sagt united-domains-CEO Florian Huber. Also beeilt Euch und reserviert Eure Wunschdomain gleich hier.

Alle Themen vom Rockstars Podcast mit Sascha van Holt und Alexander Graf im Überblick:

  • Was hat Sascha van Holt bisher so gemacht? (ab 2:38)
  • Was muss ein Unternehmen haben, damit SevenVentures investiert und mit Werbeleistung unterstützt? (ab 3:26)
  • SevenVentures und Zalando: So ist die Kooperation gelaufen und das waren die Herausforderungen. (ab 4:40)
  • Wie viele Spots müssen laufen, damit Effekte sichtbar werden? (ab 6:30)
  • Welche Marken baut SevenVentures gerade auf? (ab 8:47)
  • Wie misst man die Relevanz und den Impact von TV-Werbung? (ab 9:52)
  • Kann das Konzept TV-Werbung für Startups erfolgreich weiter gehen, wenn so viel Performance-Werbung läuft? (ab 11:25)
  • Alexander Graf empfiehlt Startups, ihre Marken auf Marktplätzen wie Amazon aufzubauen. Deshalb fragt er: Lässt sich der Zalando-Effekt für eine Consumer-Brand heute noch wiederholen? (ab 17:10)
  • Der Home24-Weg: Warum funktioniert das Projekt noch nicht so richtig? (ab 24:23)
  • These von Sascha van Holt: „Hersteller haben es einfacher als Händler, eine Marke über TV-Werbung zu etablieren.“ Alexander Graf ist sich da nicht so sicher. (ab 25:24)
  • Emotionale Kaufentscheidungen: Warum Sascha van Holt an TV-Werbung für Nischenprodukte und Alexander Graf an steigende Rationalität glaubt. (ab 31:43)
  • Küchenquelle als Case: Wie kann SevenVentures hier helfen? (ab 42:45)
  • Wie laufen Verhandlungen zu Media for Equity-Deals ab? Wie groß müssen Startups sein und welche Kriterien müssen sie erfüllen? (ab 44:51)
  • War TV-Werbung der große Durchbruch für Retargeting? Sollte man dann als SevenVentures nicht auch in Retargeting investieren? (ab 49:50)
  • Gibt es einen Wettbewerb um Performance-Advertiser im TV-Geschäft? Warum kommen Unternehmen zu SevenVentures und ProSiebenSat.1? (ab 52:46)

Welche Position hat Euch überzeugt? Glaubt Ihr, dass Marken mit TV-Werbung vor allem auf Branding setzen oder sich lieber auf Ranking-Optimierung konzentrieren sollten?

Der neueste Rockstars Podcast ist ab sofort bei Soundcloud, iTunes (falls die aktuelle Episode noch nicht sichtbar ist, einfach abonnieren) oder per RSS-Feed verfügbar.Ihr könnt uns außerdem auf der US-Plattform Stitcher finden. Viel Spaß beim Anhören!

MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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