Das ist das 26-jährige Viralgenie, dessen Videos bei Youtube mehr als 65 Millionen Mal abgerufen wurden

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Von Rob Bliss kennt jeder von Euch mindestens ein Video – hier ist sein Erfolgsgeheimnis

Rob Bliss (Foto: Screenshot robblisscreative.com / Montage: OnlineMarketingRockstars)

Rob Bliss (Foto: Screenshot robblisscreative.com / Montage: OnlineMarketingRockstars)

Der Name Rob Bliss ist in Deutschland vielleicht kaum bekannt – aber mit der Arbeit des 26-jährigen US-Amerikaners dürfte fast jeder Internet-affine Deutsche schon mindestens einmal in Berührung gekommen sein. In den vergangenen Tagen wurde beispielsweise das von Bliss produzierte Video „10 Hours of Walking in NYC as a Woman“ 34 Millionen Mal bei Youtube abgerufen. Insgesamt hat Bliss mit all seinen Viralerfolgen – darunter Videos über ein „magisches Piano“ in einem Bahnhof, das Neu-Styling eines obdachlosen US-Kriegsveteranen und die Playback-Performance einer gesamten Stadt – bei Youtube mehr als 65 Millionen Views eingesammelt. Wir haben seine erstaunliche Geschichte für Euch nachgezeichnet – und versucht, sein Erfolgsgeheimnis zu ergründen.

„10 Hours of Walking in NYC as a Woman“

„10 Hours of Walking in NYC as a Woman“

„10 Hours of Walking in NYC as a Woman“ hat offensichtlich einen Nerv getroffen: Der zweiminütige Zusammenschnitt aus zehn Stunden Drehmaterial zeigt, wie die Schauspielerin Shoshana Roberts in einem unauffälligen Outfit durch New York läuft und teilweise aggressive Annäherungsversuche von Männern über sich ergehen lassen muss. Hinter der Aktion stehen die Frauenrechtsorganisation iHollaback – und Rob Bliss. Der junge Kreative hatte die Idee zu dem Video und war für den Dreh mit einer versteckten GoPro-Kamera vor Roberts hergelaufen. Auch wenn rund um den Clip mittlerweile eine Kontroverse entstanden ist, dürfte unbestritten sein, dass Bliss mit seiner Arbeit das ursprüngliche Ziel erreicht hat – nämlich das Bewusstsein der Öffentlichkeit für das Thema Belästigung zu schärfen. Weltweit haben ungezählte Medien das Video aufgegriffen; eine Google-Suche nach „10 Hours of Walking in NYC“ listet mehr als eine Million Ergebnisse.

„Magical Piano“

„Chicago’s Magical Piano“

Das Video ist nicht der erste Erfolg von Macher Rob Bliss. 2013 stellte er im Auftrag der US-Eisenbahngesellschaft Amtrak in den Bahnhof von Chicago kurz vor Weihnachten ein Piano, das von einem Musiker ferngesteuert gespielt wurde. Das Video der abgefilmten Reaktionen von Passanten und engagierten Schauspielern wurde bislang vier Millionen Mal abgerufen.

20 Millionen Views für das Makeover eines Obdachlosen

„Homeless Veteran“

„Homeless Veteran Timelapse Transformation“

Kurz zuvor hatte Bliss für ein Video einen obdachlosen Kriegsveteranen vor der Kamera rasieren, frisieren, stylen und neu einkleiden lassen. Die Botschaft: Auch hinter jedem, möglicherweise verwahrlosten Äußeren befindet sich ein Mensch. Das Video, am US-Feiertag „Veterans Day“ online gestellt, rief zu Spenden für die Wohltätigkeitsorganisation „Degage Ministries“ auf und sammelte bislang 20 Millionen Views ein.

„Grand Rapids Lip Dub“

„Grand Rapids Lip Dub“

Seinen ersten großen Viralerfolg hatte Bliss mit dem „Grand Rapids Lip Dub“ bereits im Jahr 2011 gefeiert. Damals konnte der zu diesem Zeitpunkt 23-Jährige nahezu seine halbe Heimatstadt, inklusive Bürgermeister und örtlicher Feuerwehr, davon überzeugen, in einem aufwändig inszenierten Playback-Video zu einer Liveversion des Songs „American Pie“ von Don McLean aufzutreten. Vorangegangen war die Veröffentlichung eines Artikels auf der Website des namhaften Magazins Newsweek, in dem Grand Rapids als „sterbende Stadt“ bezeichnet wurde. Gegen dieses Image wollten sich die Bürger der Stadt mit dem Video wehren. Es wurde bislang 5,5 Millionen Mal gesehen – seine eigentliche Reichweite dürfte aber noch weitaus größer gewesen sein. Denn rund um den Globus wurde die Story hinter dem Clip von vielen Medien begeistert aufgegriffen – in Deutschland beispielsweise schrieben Spiegel und Stern über das Filmchen.

„Die emotionale Response ist entscheidend“

„Ich glaube, das Video hatte unabhängig von seiner Qualität großen Erfolg, weil es sich in eine bestehende öffentliche Debatte einklinkte“, erklärte Bliss in einem Interview. „Amerika kämpfte gerade mit den Folgen einer großen Wirtschaftskrise, viele Menschen waren wegen der Zukunft der Vereinigten Staaten pessimistisch – und dann kommt da diese Story über das Herz von Amerika, das gegen ein ‚elitäres Medienunternehmen’ und jeden anderen, der nicht an den amerikanischen Traum glaubt, zurückschlägt.“

Für jedes virale Video sei es entscheidend, dass es bei den Zuschauern Emotionen auslöse. Es sei egal, ob die Zuschauer wegen des Videos lachen, weinen, lächeln oder wütend werden – „man muss eine emotionale Verbindung herstellen“, so Bliss. Die Qualität von Kamera und Produktion sei demgegenüber zweitrangig.

Reddit ermöglicht den größten Schub

Als größten Reichweitentreiber für virale Videos hat Bliss Reddit identifiziert (über die „Mutter aller Viralsites“ haben wir bereits hier geschrieben). „Viele meiner Videos haben über diese Seite erst so richtig abgehoben“, so Bliss. Häufig habe er nachverfolgen können, wie zunächst einflussreiche US-Online-Medien wie Huffington Post und Gawker auf Reddit gepostete Videos aufgegriffen hätten. Über diese hätten die Clips zunächst eine Social-Media-affine Zielgruppe erreicht, die die Clips dann wiederum an ein breiteres Publikum weitergeleitet hätten. Bliss empfiehlt, Videos an einem Montag oder Dienstag ins Netz zu stellen, damit diese über die Woche genügend Zeit hätten, von landesweiten Nachrichtenmedien wahrgenommen zu werden.

Vor seiner Karriere als Viralmarketer hat Bliss im Event-Bereich gelernt, Massen von Menschen mit ungewöhnlichen Aktionen zu mobilisieren. Im September 2008 veranstaltete er in Grand Rapids eine öffentliche Kissenschlacht und lud dazu über Facebook 200 seiner Freunde ein. Die leiteten das Event an 35.000 weitere Freunde weiter. Am Ende fanden sich 1.000 Teilnehmer ein. „Social Media bietet heute die Möglichkeit, dass Ideen sich von selbst verbreiten, an großen Medienunternehmen vorbei“, sagte Bliss bei einem TedX-Vortrag im Jahr 2011. In Grand Rapids war man darüber nicht richtig begeistert – denn die Kissenschlacht war vorab nicht offiziell genehmigt worden. Bei seiner nächsten Veranstaltung stimmte sich Bliss deswegen mit den Behörden ab: Er durfte mehrere Straßen kurzfristig absperren lassen, um einen „Zombie Walk“ zu veranstalten. 5.000 Teilnehmer kamen und spendeten 7.500 Dosen mit Lebensmitteln für einen guten Zweck.

Kissenschlachten, Zombiewalks und Riesenwasserrutschen

Grand Rapids Water Slide

Grand Rapids Water Slide

Es folgten Aktionen, bei der die Bewohner von Grand Rapids die Gehsteige ihrer Stadt mit Kreide bemalten (5.000 Teilnehmer), sich mit Wasser Ballons bewarfen (3.000 Teilnehmer), Zeuge wurden, wie von acht Gebäuden 100.000 Papierflugzeuge herunterflogen (Teilnehmerzahl unbekannt) und mitten in ihrer Innenstadt eine 150-Meter lange Wasserrutsche herunterrutschen konnten (30.000 Anwesende, 10.000 davon sind gerutscht). Die Events an sich finanzierte Bliss alleine durch örtliche Sponsoren. Zwischenzeitlich soll der junge Event-Macher der Stadt Grand Rapids wegen der entstandenen Kosten durch höheren Polizeiaufwand etc. aber knapp 20.000 Dollar geschuldet haben.

Heute pendelt Bliss zwischen Grand Rapids und Chicago. Nachdem er zwischenzeitlich mit zweien seiner Freunde die selbst gegründete Agentur „Status Creative“ geführt hat, verdient er mittlerweile unter dem Namen „Rob Bliss Creative“ sein Geld als selbstständiger Viralmarketer.

ViralYoutube
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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