„Das aktuelle Konzept ist eine Karre Mist!“ – Weshalb Sascha Lobo nicht an BeReal glaubt

Torben Lux12.10.2022

OMR Podcast auf der Knowledge Conference von Project A: Philipp Westermeyer mit Florian Heinemann und Sascha Lobo

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Florian Heinemann, Philipp Westermeyer und Sascha Lobo (v.l.) auf der Knowledge Conference von Project A in Hamburg.

Im Duo sind die zwei quasi schon Stammgäste des OMR Podcasts: Project A Founding Partner Florian Heinemann und Autor sowie Digital-Erklärer Sascha Lobo haben sich bereits zum vierten Mal mit Philipp Westermeyer über aktuelle Trends und Kontroversen ausgetauscht. In der auf der Knowledge Conference von Project A in Berlin aufgezeichneten Folge geht es unter anderem um skurrile Chatverläufe von Elon Musk, Herausforderungen während der angespannten politischen Weltlage – und die jüngste Hype-App der Generation Z: BeReal.

Er kauft Twitter, er kauft Twitter nicht, er kauft Twitter, er… Ob Tesla-Gründer, Milliardär und Twitter-Hitzkopf Elon Musk den Kurznachrichten-Dienst schon bald wirklich sein Eigen nennen kann, weiß noch niemand so wirklich – ihn selbst eingeschlossen. Vor der anstehenden Verhandlung, Twitter hatte Musk nach seinem ersten Übernahme-Rückzieher verklagt, veröffentlichte das Gericht zuletzt bereits Unterlagen inklusive einiger Chatverläufe, in denen sich Musk unter anderem mit Twitter-CEO Parag Agrawal zofft. 

„Jeder Mensch braucht ein Korrektiv“, kommentiert Investor Florian Heinemann trocken Musks Nachrichten; dem extrovertierten Milliardär scheine genau das zu fehlen. Autor, Podcaster und Digital-Erklärer Sascha Lobo sieht das Verhalten des Tesla-Gründers noch kritischer. Vor allem im Kontext eines so „machtvollen Instruments wie Twitter“. „Elon Musk ist ein sehr großer Shit-Poster“, so Lobo. Die Mischung aus Provokation, leichtem Trollen und das Impulsive sei insgesamt nicht gut für Twitter.

Was ist eigentlich Longtermism?

„Elon Musk hat eine politische und gesellschaftliche Agenda – und die würde ich recht kritisch sehen“, erklärt Sascha Lobo weiter. Neben fragwürdigen Tweets und Auftritten nennt er auch den sogenannten „Longtermism“ als einen Kritikpunkt. Die philosophische Denkrichtung fokussiert sich in seinen Modellen vor allem auf das zukünftige Wohlergehen der Menschheit. „Das hört sich erst einmal super an. Aber es führt eben auch zu einer radikalen Geringschätzung der Gegenwart inklusive des Lebens in der Gegenwart“, sagt Lobo. 

Die Gegenwart zu ignorieren scheint bei der derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Weltlage in der Tat wenig sinnvoll. Themen wie der Ukraine-Krieg beeinflussen schließlich das alltägliche Leben überall auf dem Globus – und natürlich auch das Geschäft vom Berliner Frühphaseninvestor Project A. „Die Umfelder, in denen wir uns bewegen, also der gesamte Tech-Markt, sind schwieriger geworden“, sagt Founding Partner Florian Heinemann. Er sei allerdings der festen Überzeugung, dass die bis 2021 häufig gigantisch hohen Bewertungen am Markt sehr ungesund gewesen seien. „Das ist jetzt eben eine Korrektur, beschleunigt durch die Ukraine-Krise“, so Heinemann. Es werde jetzt wieder stärker darauf geachtet, dass Startups nachhaltige Business-Modelle entwickeln.

BeReal und der Sinn von Authentizität

Trotz dieser drastischen Tech-Korrekturen bleiben Hypes aber nicht komplett aus. Einer ist der um die angesagte App der Stunde BeReal (hier im ausführlichen OMR-Porträt). Über 50 Millionen Downloads soll die App, in der User einmal pro Tag eine Push-Benachrichtigung erhalten, ab der sie zwei Minuten Zeit haben, um ein Foto (von sich per Frontkamera, von der Umgebung per normaler Kamera) zu machen und hochzuladen, inzwischen generiert haben. Das Interesse an BeReal bekommt auch Florian Heinemann in seinem Umfeld zu spüren: „Das ist gerade relativ präsent in der Berliner Szene und hat beeindruckende Nutzerzahlen.“ Eine Tiktok-Ablösung sei die App zwar nicht, aber es sei dennoch ein spannender Ansatz. „Die App zeigt, dass auch im Social-Media-Bereich eben noch nicht alles ausprobiert worden ist.“

Auch Sascha Lobo scheint nicht daran zu glauben, dass BeReal Tiktok langfristig den Rang ablaufen könnte. Dabei findet er allerdings deutlich kritischere Worte als Florian Heinemann: „Ich halte BeReal für einen großen Haufen Schrott. Das Konzept, so wie es jetzt ist, ist eine Karre Mist“, so Lobo. Für ihn sei die proklamierte Authentizität, die User mit ihren Fotos auf BeReal vermitteln sollen „total überschätzter Quatsch“. „BeReal ist aus meiner Sicht ein Strohfeuer. Es kann aber sein, dass es ein gutes Marketing-Strohfeuer ist und eine Startrampe baut für etwas Vernünftiges im Social-Media-Bereich.“ 

Noch mehr klare Kante von Sascha Lobo und analytische Einschätzungen von Investor Florian Heinemann zu Themen wie Tiktok, Metaverse und Ukraine-Krieg hört Ihr in der aktuellen Folge des OMR Podcasts. 

Die Themen des OMR Podcasts mit Florian Heinemann und Sascha Lobo im Überblick:

  • Die Chat-Protokolle von Elon Musk, der Zustand von Twitter und die Gefahren von „Longtermism“ (ab 01:00)
  • Ukraine-Krieg, Atom-Drohungen und Gewalt gegen Proteste im Iran: Was sich in den vergangenen Monaten trotzdem zum Positiven verändert hat (ab 13:30)
  • Lobos Wunsch nach einem „Tiktok des Westens“, die Fähigkeiten von Mark Zuckerberg und der BeReal-Hype (ab 25:00)
  • Pivot einer ukrainischen Corona-App, der Untergang des Smartphones und der Glaube ans Metaverse (ab 38:30)
  • Porsches IPO, Adobes Figma-Deal, Home24 geht an XXXLutz – und die Queen (ab 50:30)
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Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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