Mit diesem geheimen Pitch Deck geht Pinterest in den USA auf Advertiser-Jagd

Torben Lux5.4.2016
Pinterest Pitch Deck Titel

Das soziale Netzwerk will zur Marketing-Plattform werden

Pinterest Pitch Deck Titel Rund vier Millionen Nutzer soll Pinterest schätzungsweise in Deutschland haben, weltweit seien es nach eigenen Angaben schon 100 Millionen aktive pro Monat. Es verwundert also nicht, dass das Netzwerk mit diesen Daten Geld verdienen will und sich ziemlich anstrengt, Advertiser davon zu überzeugen, auf der Plattform zu werben. In einem jetzt öffentlich gewordenen, vertraulichen Pitch Deck umwirbt die „visuelle Suchmaschine“ einen Hersteller von Haustiernahrung. Wir zeigen, mit welchen Werbeformaten und Targeting-Kriterien Pinterest auf Kundenfang geht.

Das aktuelle Pitch Deck, das Digiday jetzt veröffentlicht hat, bietet einige interessante Einblicke in die Art und Weise, wie Pinterest versucht, Brands mit großen Budgets auf die Plattform zu ziehen. Dabei wird deutlich, wie gezielt Pinterest sich positionieren will – nämlich zwischen den Branchengiganten Facebook (Social, keine Produktsuche) und Google (Search, direkte, gezielte Produktsuche). Laut der Präsentation seien die Nutzer auf keiner anderen Plattform aufnahmefähiger, offen für Ideen und Inhalte von Marken und damit natürlich potenziell interessant für Advertiser.

Pinterest will sich zwischen Facebook (Social) und Google (Search) positionieren.

Pinterest Pitch Deck: Positionierung zwischen Social und Search (Quelle: digiday.com)

Pinterest sieht und bezeichnet sich selber nicht als soziales Netzwerk. Schon bei unserer New Platform Advertising Konferenz im letzten Jahr in Hamburg betonte Deutschland-Chef Jan Honsel: „Wir sind kein Social Network. Wir sind eine visuelle Suchmaschine.“ Im Pitch Deck wird diese Haltung vor allem durch die Folie mit dem Titel „No other platform has a more receptive audience“ (siehe oben) jetzt noch unterstrichen. 

Targeting-Möglichkeiten, die sich noch beweisen müssen

Ein weiterer Teil des Pitch Decks, der für alle Advertiser interessant sein dürfte, dreht sich um die verfügbaren Targeting-Kriterien, mit der Werbetreibende ihre Zielgruppe auf Pinterest ansprechen können sollen. Auf Basis der selber erstellten Pins eines Users, der besuchten Seiten und Kriterien wie Geschlecht, Hobbies und Lebensstatus können Werbeanzeigen gezielt ausgespielt werden. Auch Geo-Targeting, zum Beispiel nach Großstädten, kommt zum Einsatz. Auf jeden Fall eine interessante Auswahl, obwohl sich hier natürlich noch beweisen muss, ob sie mit der Daten- und Traffic-Qualität der Platzhirsche Facebook und Google konkurrieren kann.

Die Targeting-Kriterien aus dem Pitch Deck von Pinterest

Pinterest Pitch Deck: Targeting-Kriterien (Quelle: digiday.com)

Individuelle Werbeformate sollen Brands auf die Plattform ziehen

Um die Plattform für große Advertiser attraktiv zu machen, erstellt Pinterest besondere, individuelle Werbeformate. So wird „Royal Canin“, einem französischstämmigen, international agierenden Hersteller von Haustiernahrung, „Digital Couponing“ angeboten, das laut der Präsentation bisher noch nie zuvor im Zuge von Kampagnen anderer Advertiser eingesetzt worden ist. Innerhalb einer der neueren Werbeformen, den Cinematic Pins (Pins, die sich nur beim Scrollen des Users GIF-ähnlich bewegen, wurden im Mai 2015 eingeführt), können Links zu Coupons eingebaut werden – vorausgesetzt, der Kunde nutzt einen Drittanbieter für Coupons. In der Präsentation wird hier Ibotta als Beispiel genannt.

Mit diesem Pitch Deck geht Pinterest auf Advertiser-Jagd

Pinterest Pitch Deck: Digital Couponing (Quelle: digiday.com)

Pinterest-Nutzer lieben Hunde und Katzen. Aber reicht das?

Vor allem für den Adressaten dieses Pitch Decks, „Royal Canin“, dürften die tierischen Interessen von Pinterest-Nutzern von Vorteil bei der Performance von eventuellen Kampagnen sein. So sollen von ingesamt 100 Millionen Nutzern krasse 21,8 Millionen schon „Pet-Content“ gepinnt haben; es gebe 359 Millionen über Hunde und 320 Millionen Pins über Katzen. Außerdem seien Frauen ab 35 Jahren mit einem Mindesthaushaltseinkommen von 100.000 Dollar und einem Haustier mit einer um 36 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit auf Pinterest aktiv, als auf anderen sozialen Kanälen.

Laut aktuellem Pitch Deck von Pinterest ist Tier-Content ein relevanter Traffic-Bestandteil von Pinterest.

Pinterest Pitch Deck: Tier-Content (Quelle: digiday.com)

Die Nutzerzahlen scheinen also zu wachsen. Und nicht nur international, ebenfalls in Deutschland scheint Pinterest auch aus Publisher-Sicht zunehmend an Relevanz zu gewinnen. Für das Food-Portal eatsmarter.de aus Hamburg beispielsweise generiere das Netzwerk schon jetzt 20 Prozent vom Social Traffic, nur Facebook sei noch wichtiger. Auf internationaler Bühne hatte Buzzfeed schon Mitte 2014 verkündet, wie relevant Pinterest als Reichweiten-Quelle sei. Angedeutet hatte CEO Jonah Peretti das bereits einige Monate zuvor auf der Online Marketing Rockstars Konferenz in Hamburg.

Trotzdem muss die inzwischen sechs Jahre alte „visuelle Suchmaschine“ aufpassen, sich nicht zu viel Zeit mit der Entwicklung zur Werbeplattform zu lassen. Gegenüber Digiday hatten sich einige Agenturen dahingehend geäußert, dass genau diese Entwicklung und die erzielten Fortschritte etwas zu lange dauern würden. Andere Plattformen wie Snapchat stehen schließlich in den Startlöchern, Instagram bietet längst ein an Facebooks Targeting-Kriterien gekoppeltes Self-Booking-Tool an. Ob Pinterest es schafft, das definitiv vorhandene Potenzial als Werbeplattform richtig zu entfalten, bleibt abzuwarten, dürfte sich aber noch in diesem Jahr entscheiden. Anfang März wurde der eigene Ad Manager in den USA für kleine und mittlere Unternehmen geöffnet. Und auch in Deutschland scheint sich was zu tun. Ein Blick in unsere Accounts zeigt eine zumindest schon teilweise auf deutsch vorhandene Oberfläche des „Bulk-Editors“, dem Pendant zum Power Editor von Facebook. Bewerben lassen sich Pins hier aber noch nicht: „Promoted Pins is only available to U.S.-based businesses at this time.“  

Torben Lux
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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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