Otro is coming: Was hinter der Mega-Kampagne mit Messi, Neymar, Zidane & Co. steckt

Exklusiv: OMR hat die Hintergründe zum geheimnisvollen Startup

otro_zidane_messi_1190x650
Zinedine Zidane und Lionel Messi werben über ihre Social-Profile für Otro (Quelle: Otro auf Instagram)

Was ist Otro? Diese Frage stellen sich gerade Fußballfans auf der gesamten Welt, weil einige der größten Stars der Sportart seit wenigen Stunden alle gleichzeitig über ihre Social-Media-Profile für ein Unternehmen dieses Namens werben. Was genau sich hinter Otro verbirgt, soll jedoch erst am kommenden Montag enthüllt werden. OMR hat es bereits jetzt herausgefunden.

Neymar, Lionel Messi, David Beckham, James Rodriguez, Luis Suarez, Paulo Dybala, Zinedine Zidane, David Luiz, Isco, Gabriel Jesus, Jerome Boateng, Dele Alli, Romelu Lukaku, Benjamin Mendy, Lieke Martens, Eric Cantona, Toni Duggan – das ist die beeindruckende Liste aller Fußballer, die seit wenigen Stunden auf ihren Social-Media-Profilen für ein Unternehmen namens Otro werben (sortiert nach der Zahl der Instagram-Follower).

1.000 neue Follower in der Minute

Auf der Otro-Website werden die Nutzer mobile-freundlich im Hochformat begrüßt (Screenshot)

Auf den Plattformen, auf denen dies möglich ist, haben die Kicker im Post zudem die Website des Unternehmens verlinkt. Dort werden die Besucher mit dem Text „Sei der Erste, der Bescheid weiß – 3. Dezember 2018“ zum Hinterlassen ihrer E-Mail-Adresse aufgefordert. Weitere Informationen: Fehlanzeige. Auch Google-Suchen und ein Blick ins Domain-Register bringen nichts Weiteres zu Tage. Offensichtlich gibt sich hier jemand Mühe, bis zum offiziellen Launch nichts an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, um die Spannung und damit auch die Bereitschaft der Nutzer, ihre E-Mail-Adresse einzutragen, zu steigern.

Die aktuelle Nutzergewinnungskampagne dürfte außerordentlich viel Geld gekostet haben– generiert aber auch eine enorme Aufmerksamkeit. Rechnet man alleine die aktuellen Zahlen der Instagram-Follower aller beteiligten Fußballstars zusammen, kommt man auf eine Brutto-Reichweite von 442,5 Millionen. Das Instagram-Profil von Otro selbst gewinnt dementsprechend aktuell quasi im Minutentakt jeweils 1.000 Follower hinzu. Aktuell liegt die Zahl der Follower bereits bei 133.000 (Stand 17 Uhr).

Mit der Crème de la Crèma der Fußballwelt innerhalb kürzester Zeit von Null auf über 100.000 Follower: das Instagram-Profil von Otro.

Europäisches Markenregister liefert ersten Anhaltspunkt

In Deutschland wurde laut Google Trends heute zeitweise häufiger nach „Otro“ als nach dem Streaming-Portal DAZN gesucht. Unter dem Hashtag #OTROisComing fragen sich bei Twitter Tausende Nutzer, was sich hinter dem geheimnisvollen Projekt verbirgt.

trends.embed.renderExploreWidget(„TIMESERIES“, {„comparisonItem“:[{„keyword“:“otro“,“geo“:“DE“,“time“:“2018-11-30T12 2018-11-30T16″},{„keyword“:“dazn“,“geo“:“DE“,“time“:“2018-11-30T12 2018-11-30T16″}],“category“:0,“property“:““}, {„exploreQuery“:“date=now%204-H&geo=DE&q=otro,dazn“,“guestPath“:“https://trends.google.de:443/trends/embed/“}); 

Aber was genau ist Otro nun wirklich? Wir glauben, es herausgefunden zu haben. Durchsucht man das übergreifende Markenregister der Europäischen Union, stößt man dort auf den Eintrag eines Unternehmens namens Otro Club Limited, der die Marke „Otro“ erst in diesem Jahr für mehrere so genannter Nizzaklassen registriert hat, u.a. für „Mobile Apps / Software“, „Entertainment Services“, „Digital Fan Club Services“ und „Online Social Networking Services“.

Des Rätsels Lösung: Eine Content-Abo-Plattform?

Das britische Unternehmensregister hält weitere Informationen über die Otro Club Limited bereit, u.a. dass das Unternehmen noch bis September den Namen Our Star Club Limited trug. Auf der Business-Plattform LinkedIn sind mehrere Mitarbeiter von Our Star Club Ltd. registriert – vermutlich aus Geheimhaltungsgründen noch unter dem alten Namen. Zudem finden sich auf Linkedin aktuelle und ältere Stellenausschreibungen, aus denen sich ablesen lässt, was die Nutzer zum Otro-Launch am Montag erwarten könnte: Offenbar wird Otro eine Content-Plattform auf Abo-Basis sein. Denn in einer aktuellen Stellenausschreibung für einen „CRM Retention Manager“ heißt es:

„[…] Working in the Membership Marketing team you will be responsible for delivering on-boarding, in-life and retention programmes delivering true customer and commercial value through member engagement and subscriptions. Key purpose: drive the delivery of a best in class CRM strategy for this brand-new global content subscription platform.“

 

Das europäische Pendant von Uninterrupted?

Darauf, welcher Content die Fußballfans auf Otro erwarten wird, lassen sich Hinweise auf dem Linkedin-Profil von Dan Gaunt, Chief Commercial Officer von Our Star Club Limited, finden:

Working with and on behalf of a collective of the world’s top footballers to launch a cutting-edge OTT digital product focussed on athlete led, premium, lifestyle content that brings fans closer to their footballing heroes than ever before. Launching globally to millions of fans before the end of 2018.

 

Möglicherweise wird Otro also ein ähnliche Plattform werden wie Uninterrupted (hier im OMR-Porträt): Auf der US-Plattform kommen Sportler selbst „ungeschnitten“ zu Wort, in Videos, Dokumentationen und Podcasts. Gegründet worden ist sie von LeBron James , dem derzeit wohl bekanntesten Basketballer der Welt. Zu den Investoren gehört der Mediengigant Time Warner.

Monatlicher Einstiegspreis von 4,50 Euro?

Offenbar will Otro ebenfalls in starkem Maße auf Bewegtbild setzen. Darauf lassen sich Hinweise in den Metadaten einzelner Seiten auf Otros Website finden. Wer über Google nach „site:otro.com“ sucht, dem werden alle Seiten angezeigt, die Google von dieser Domain indexiert hat. Bei einigen der Suchresultate heißt es in den Metadaten (grob übersetzt): „Unbegrenzter Zugriff für £3.99 im Monat. Exklusive tägliche Videos und zehn TV-Folgen in Erstaustrahlung. Live-Fragestunden mit Spielern…“

Ein Ergebnis eine Suche mit Google innerhalb der Domain Otro.com (bearbeiteter Screenshot)

Launch in 26 Ländern gleichzeitig

Welches Ausmaß das ganze Projekt hat, lässt sich dem Text einer nicht mehr aktuellen Stellenausschreibung für einen „Senior Spotchecker“ entnehmen:

„We are a pre-launch exciting new digital business at the intersection of sport and entertainment.  Launching in 26 countries in 10 languages with a team of over 60 employees across tech, marketing, content, operations, commercial partnerships, HR and finance, we are keen to hire sports enthusiasts with strong language skills who can work in a start-up environment.“

 

Ehemaliger hochrangiger Nike-Manager gehört zu den Gründern

Wer könnte die Mittel haben, ein Unternehmen dieser Größe aus dem Nichts heraus in den Markt zu führen – und solche prominente Werbe-Testimonials dafür zu gewinnen? Im „Incorporation“-Dokument von Otro aus dem September 2016 im britischen Unternehmensregister werden drei Gründungsgesellschafter aufgeführt. Mehrheitseigner ist die luxemburgische Gesellschaft SRG Holdings S.a.r.l., die laut luxemburgischen Handelsregister im Besitz von Jonathan Nye ist.

Nye war von 2003 bis 2009 EMEA-Marketingchef von Nike. Danach hat er offenbar die „Sports Rights Group“ gegründet und mit dieser Sportrechte vermarktet. Auf seinem Linkedin-Profil schreibt Nye über diese Tätigkeit von „Verbindungen zu allen Sportvereinen, Nationalteams und Verbänden in den Schlüsselsportarten weltweit“. Heute agiert der Sport-Vermarktungs-Experte zum einen als CEO von SRG Capital, einem weiteren Dienstleister im Bereich Sportvermarktung und Licensing, sowie als „Managing Director“ von 23 Capital, einer Investment-Firma im Sportbereich.

Enge Freunde der Beckhams sind mit an Bord

Ebenfalls Gründungsgesellschafter ist Simon Oliveira, der von 2004 bis 2013 als Vizevorstand für 19 Entertainment tätig war, der Firma des britischen Entertainment-Magnaten Simon Fuller (ehemaliger Manager der Spice Girls, später Agent von vielen Musik und Sport-Stars und Erfinder des „Idol-Franchises„). Oliveira soll in seiner Zeit bei 19 Entertainment eng mit den Beckhams, Lewis Hamilton und Tennisspieler Andy Murray zusammengearbeitet haben. Mittlerweile ist Oliveira Managing Director von Doyen Global, einer Private-Investment-Firma im Bereich Sport und Entertainment, die seit Januar beispielsweise den FC Chelsea in Sachen Partnerschaften vertritt.

Weiterer Gründungsgesellschafter von Otro ist Spielerberater David Gardner. Gardner soll laut einem Bericht der „Sun“ gemeinsam mit David Beckham in der Jugendmannschaft von Manchester United gespielt haben und seitdem mit dem Fußballstar eng befreundet sein. Da Gardners Fußballkarriere weniger erfolgreich verlief, gründete er später mit dem Sohn von Alex Ferguson eine Spieler-Agentur („Elite Sports“). Heute agiert er offenbar als selbstständiger Spielerberater. Gardner ist mit der US-Schauspielerin Liv Tyler verheiratet.

Monetarisierung mittels Abonnements

Auf einer späteren Gesellschafterliste von Otro aus dem Februar dieses Jahres ist Gardner nicht mehr aufgeführt. Dafür sind andere, weitere Gesellschafter hinzu gekommen: Jeremy Dale, laut seinem Linkedin-Profil CEO von Our Star Club und zuvor in führender Position im Marketing von Microsoft und Motorola tätig, sowie Stephen Duval, Mitgründer von 23 Capital.

Eine Gesellschafterliste von Otro aus dem vergangenen Februar (Quelle: companieshouse.gov.uk

Eine Minderheitsbeteiligung an Otro hält seit dem Februar auch das Unternehmen Pivot Sport, hinter dem offenbar Investoren aus Katar stehen. Auf der Website von Pivot Sport findet sich ebenfalls eine Case Study zu einem namentlich nicht genannten Klienten. Darin geht es um das Monetarisierungspotenzial einer „mit Social Media verlinkten Plattform, die auf dem exklusiven Zugang zu den globalen Top-Athleten basiert“. Die Monetarisierung solle mittels Social Media und Abonnements erfolgen. Pivot habe das Monetarisierungspotenzial quantifizieren können, wodurch die unbenannte Firma die finanziellen Mittel habe einsammeln können, die für den Launch der Plattform notwendig gewesen seien.

Eine Case Study auf der Website des Otro-Gesellschafters Pivot Sport (Screenshot)

Kann Otro ohne Übertragungsrechte eine Nische finden?

Ist der in der Case Study genannte Kunde Otro? Und wird das Unternehmen mit der am Montag startenden Plattform durch exklusiven Content der beteiligten Athleten zahlende Abonnenten gewinnen können? So gut die Verbindungen der Macher von Otro auch sein mögen: Mit Content abseits von Spielübertragungen und Wettkämpfen Nutzer zum Bezahlen zu überzeugen, dürfte nicht einfach sein. Die Verbraucher sind es gewohnt, über die großen Social-Plattformen (allen voran Instagram) Content ihrer Sportstars und Einblicke hinter die Kulissen ihrer Lieblingsvereine umsonst zu bekommen. Konkurrenzangebote wie Dugout (an der Plattform sind große Fußballvereine beteiligt, hier ein ausführliches OMR-Porträt) konnten bisher nicht Fuß fassen.

Die Entwicklung des Traffics von Dugout.com nach Schätzung von Similarweb

Die letzte große Plattform, die im Sportbereich eine relevante Größe aufbauen konnte, ist Dazn, finanziert vom US-russischen Milliardär Leonard Blavatnik. Nach Similarweb-Schätzung verzeichnete Dazn.com zuletzt 20 Millionen Visits im Monat. Noch nicht mit eingerechnet sind hier Nutzer der App. Dazn ist jedoch im Besitz diverser Übertragungsrechte. Es wäre überaus erstaunlich, wenn Otro sich relevante Sportübertragungsrechte an der Öffentlichkeit vorbei gesichert haben sollte. Spätestens am Montag werden die vorregistrierten Otro-Nutzer wohl ein wenig mehr erfahren.

Update, 2. Dezember:

Wir haben nach dem Hinweis eines Lesers den Artikel um einige Informationen ergänzt.

Update, 6. Dezember:

Mittlerweile ist Otro gelauncht und die OMR Recherche hat sich bestätigt. Auf der eigenen Website bezeichnet sich 23 Capital als Gründer von Otro. Einem unbestätigten Bericht der britischen Wirtschaftszeitung City AM zufolge soll 23 Capital 50 Millionen britische Pfund (aktuell rund 56 Millionen Euro) in Otro investiert haben.

 

 

 

SportvermarktungSubscription
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

Alle Artikel von Roland Eisenbrand

Ähnliche Artikel

Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!
Zeig mir ein Beispiel