Diese Deep-Tech-Unternehmerin will die Sonne auf die Erde holen

Heike Freund war McKinsey-Partnerin und tauschte gegen einen Job beim Kernfusions-Startup Marvel Fusion

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Heike Freund ist COO des Münchner Deep-Tech-Startups, das Kernfusion innerhalb der kommenden zehn Jahre kommerzialisieren will

Die Sonne in der Flasche auf die Erde holen – mit diesem poetischen Bild umschreibt Heike Freund im OMR Podcast, woran sie arbeitet. Marvel Fusion, dessen operatives Geschäft sie verantwortet, gehört zu einer Handvoll Deep-Tech-Startups, die Kernfusion kommerzialisieren wollen. In zehn Jahren soll das erste Kraftwerk der Münchner stehen. Ein überaus ambitioniertes Ziel. Aktuell funktioniert der technologische Ansatz, auf den Marvel Fusion setzt, nur im Labor. Im OMR Podcast erklärt Heike Freund, wie das Startup die Laser-Fusion zur Marktreife bringen will, warum der Industriestandort Deutschland ohne Energie aus Kernfusion keine Zukunft hat und wieso sie dieser Mission ihre steile Karriere in der Beratungsbranche geopfert hat.  

„Wind, Wasser, Solar werden leider in Summe nicht den Strombedarf der Erde decken“, sagt Heike Freund im OMR Podcast. Denn der globale Energiebedarf werde sich bis zum Jahr 2050 mindestens verdoppeln oder gar vervierfachen. Darum brauche es eine CO2-neutrale Technologie, die in der Lage sei, den wachsenden Bedarf zu decken, so die COO von Marvel Fusion. 

Erfolge in den USA locken Wagniskapitalgeber an

Eine ganze Reihe von Startups wettet bei der Suche nach einer Lösung für den drohenden Ernegienotstand auf das Thema Kernfusion. Dabei werden zwei Atomkerne durch Magnetfelder oder Laserlicht dazu gebracht zu verschmelzen, wodurch es zur Abgabe von Energie kommt. Anders als bei Atomkraftwerken entstehen dabei deutlich weniger radioaktive Stoffe. Auf der Sonne funktioniert dieses Prinzip seit mehr als 4,5 Milliarden Jahren. Es auf der Erde nachzubilden, ist allerdings alles andere als leicht.

Jüngste Forschungserfolge in den USA, bei denen ein Laser-Reaktor mehr Energie abgegeben hat, als zuvor zugeführt wurde, haben die Branche allerdings beflügelt. Das Thema Kernfusion ist nun für Wagniskapitalgeber interessant. Davon profitiert auch Marvel Fusion. Mit bislang 60 Millionen Euro Funding und staatlichen Support durch die Agentur für Sprunginnovationen seien die Münchner der aktuell am besten finanzierte Player in Europa, so Freund. Jedoch werde in den USA und auch China weit mehr Geld in die neue Technologie gesteckt. 

Kernfusion ist kein Winner-takes-all-Markt

Dass einer der Mitbewerber schneller das Ziel eines stabil funktionierenden Reaktors erreicht, sei also durchaus möglich, bestätigt Heike Freund. Allerdings sei das Thema Kernfusion kein Winner-takes-all-Markt. Dafür sei der durch die Energiewende erzeugte Bedarf an sauberem Strom, der zuverlässig zur Verfügung steht, zu hoch.  

Wolle man das Ziel einer vollständigen Dekarboniserung der Industrie erreichen, erfordere dies ungeheure Energiemengen, so Freund im Podcast. Sie macht das an einer Studie deutlich, die vorrechnet, dass die Energiewende allein in der deutschen Chemieindustrie mehr Strom benötigt, als aktuell überhaupt durch die Erneuerbaren erzeugt wird. 

IT-Gründer*innen als Deep-Tech-Investoren

Zudem, betont Freund, könne eine potenziell extrem ergiebige Energiequelle wie die Kernfusion dabei helfen, wichtige Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel zu ergreifen. Etwa die sehr energieaufwendige aber effektive CO2-Abscheidung und -Speicherung im großen Stil ermöglichen.

Weitere Themen des Gesprächs von Philipp Westermeyer mit Heike Freund: Wie eine Radtour sie dazu brachte, ihre Risikoaversion zu überwinden und ihre Rolle als Partnerin bei McKinsey aufzugeben, um als COO bei einem Startup anzuheuern, das an einer hochspekulativen Technologie arbeitet. Weshalb erfolgreiche IT-Gründer*innen eher in Deep-Tech investieren. Und natürlich die Auflösung, was es mit dem Namen Marvel Fusion auf sich hat. 

Die Themen des Podcasts mit Heike Freund im Überblick:

  • (00:03:14) wissenschaftliche Fortschritte im Bereich Kernfusion
  • (00:06:18) ihre Rolle bei Marvel Fusion und das Founder-Team
  • (00:07:39) Funktionsweise und Leistungsfähigkeit von Fusionsreaktoren
  • (00:08:21) der Zeitplan und das Businessmodell von Marvel Fusion
  • (00:10:15) Relevanz von Kernfusion neben Solar- und Windenergie
  • (00:12:35) weitere Anwendungsfelder der Laser von Marvel Fusion
  • (00:13:31) Bewertung, Investoren und Funding
  • (00:18:56) ihren Weg von McKinsey zum Kernfusions-Startup
  • (00:29:12) aktuelle Zahl der Mitbewerber von Marvel Fusion
  • (00:30:53) Bedarf an Gründer*innen im Deep-Tech-Sektor
  • (00:35:01) ihre Perspektive auf Atomausstieg und Klimawandel
  • (00:42:51) den Hintergrund des Namens des Startups
  • (00:44:12) Deep-Tech-Finanzierung in Deutschland
  • (00:45:06) Wettrennen mit China und den USA
  • (00:50:21) Startup- und Tech-Gründer als potenzielle Investoren

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Christian Cohrs
Autor*In
Christian Cohrs

Editor & Content Strategist bei OMR und Host des FUTURE MOVES-Podcasts. Zuvor war er Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins Business Punk in Berlin, Co-Autor des Sachbuchs "Generation Selfie".

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