Der alte Traum von der lukrativen Nischenseite

Martin Gardt26.8.2015
550_Money

Nischenseiten brachten vor ein paar Jahren oft einen netten Nebenverdienst. Aber kann man heute noch mit SEO, Affiliate und Adsense ordentlich Geld verdienen?

550_Money Vor sechs oder sieben Jahren zu den besten Zeiten des schnellen SEO-Affiliate-Adsense-Geldes, als jeder zweite Online Marketing-Macher eine eigene Seite hatte und über gutes Google Ranking plus Werbeeinbindung dazu verdiente, gab es viele Erfolgsgeschichten, in denen findige Online Marketing-Leute sich Urlaube oder sogar schöne Häuschen verdient haben. In den letzten Jahren hat sich die Welt für „Made for Adsense“ (MfA) Seiten oder andere SEO-Projekte spürbar verändert. Der Wettbewerb ist in vielen Bereichen härter geworden, Google-Optimierung folgt heute bekanntlich anderen Mustern und erfordert meist andere Tiefe. Dennoch waren wir angetan, als  wir über Peer Wandigers nischenseiten-guide.de gestolpert sind. Es gibt einfach viele witzige Projekt-Ideen selbst wenn es häufig um Kleingeld geht. Das Muster ist ja immer gleich: Idee, Recherche nach dem Suchvolumen, Blick auf die Konkurrenz und los. Wandiger hat spaßeshalber sogar eine Challenge ins Leben gerufen. Innerhalb von drei Monaten müssen die Teilnehmer eine Domain registrieren und die Seite aufbauen – wer am Ende das meiste Geld verdient hat, gewinnt. Die Ergebnisse zeigen, dass bei cleverer Vermarktung schon zum Start nette Nebenverdienste drin sind – selbst mit den verrücktesten Domains…

Peer Wandiger

Peer Wandiger

Der Blogger Sebastian Czypionka bringt Peer Wandiger 2012 auf die Idee zu einer Nischenseiten-Challenge: „Ich war auf der Suche nach einer Artikelserie oder etwas Ähnlichem, um Einblicke in die Umsetzung einer kleinen Website zu geben“, sagt Wandiger gegenüber Online Marketing Rockstars. „Wir haben dann die erste Challenge ins Leben gerufen, um transparent zu zeigen, wie wir Nischenwebsites umsetzen“. Er und Czypionka begleiten ihr Vorgehen öffentlich mit mehreren Artikeln. Czypionka ist in die Nischen-Welt übrigens mit seinem ersten Projekt „Disco Tanzen Lernen“ gestartet. Wandiger tritt mit poolheizung-solar.de gegen schnell-gesund-zunehmen.de (kein Witz) von Czypionka an. Nach drei Monaten hat er über 224 Euro verdient und viele Leser gewonnen. Aus zwei Teilnehmern werden 2015 dann 200 und damit steigt auch das Potenzial für kuriose Ideen. Beim Blick auf die Projekte wird klar, dass das meiste Geld von Adsense und vor allem Amazon Affiliate kommt. So auch bei Peer Wandiger, der mit seiner Seite luftentfeuchter-und-bautrockner.de angetreten war. Er landet mit einem Verdienst von etwa 36 Euro auf den hinteren Rängen. Das bestätigt wohl auch die Meinung des Nischenexperten, der selbst schreibt: „Grundsätzlich kann man von Nischenwebsites leben, aber nicht jeder schafft das.“

Kuriose Sieger verdienen gar nicht schlecht

Jetzt kommen wir aber zu den umsatzstärkeren Projekten. Auf Platz 1 landet poolsauger-test.de mit einem Gesamtumsatz von 388,46 Euro in den ersten drei Monaten. Gute Projekte bestehen natürlich über die Challenge hinaus weiter und dürften meistens wachsen. Auf den weiteren Plätzen folgen haengesessel-abc.de und hornhautentferner-test.de – alle mit Einnahmen von über 200 Euro in den ersten Monaten. Weitere Highlights der Redaktion sind der-richtige-kratzbaum.com (Einnahmen: 70 Euro), waschbeckenunterschrank24.com (35 Euro), ziehharmonika24.de (2,30 Euro) und papierschneidemaschine.info (22 Euro). Bei den Beträgen handelt es sich um Umsätze. Nach Abzug der Ausgaben, sieht es für manche Teilnehmer der Challenge düster aus: Die Seite esspressomaschinen-vergleich.net hat nach eigenen Angaben 6,38 Euro eingenommen und über 480 Euro ausgegeben. Hoffentlich kommt in den nächsten Wochen endlich Geld rein.

Die Sieger der Nischenseiten-Challenge 2015

Die Sieger der Nischenseiten-Challenge 2015

Doch was macht der Gewinner mit seinen Poolsaugern (Gewinn: 328,97 Euro) besser als der Espresso-Mann? Die Nische des Verlierers ist einfach schon besetzt. Selbst Chip.de widmet sich Espressomaschinen und landet bei Google vor der Nischenseite. Neben den schwierigen SEO-Voraussetzungen ist auch die Monetarisierung mit Affiliate hier nicht einfach. Amazon-Cookies haben eine relativ kurze Laufzeit von 24 Stunden und Espressomaschinen sind eine teure Anschaffung, die sich viele Kunden lieber länger überlegen. Zu vielen Verkäufen dürfte die Webseite während der Nischenseiten-Challenge nicht beigetragen haben. Ganz anders beim Gewinner. Die Seite poolsauger-test.de liegt bei der Google-Suche nach „Poolsauger“ und „Poolsauger Test“ auf Platz 1. Die Geräte kosten meist deutlich unter 100 Euro – perfekt für Amazon-Affiliate. Adsense scheint gar nicht eingebunden zu sein.

Die Zukunft der Nischenseiten

Nischenseiten-Experte Wandiger macht selbst kaum etwas in Richtung SEO und sieht für die Zukunft der Branche andere Schwerpunkte: „Viel wichtiger sind die Inhalte, die gerade in kleinen Nischen oft reichen, um weit nach vorn zu kommen. Und natürlich gibt es da auch in Zukunft weiter viel Potenzial, auch wenn sich Nischenseiten ebenfalls weiterentwickeln.“ Bei der Entwicklung einer Nischenseite habe SEO Grenzen, die mit Kreativität überwunden werden könnten. „Deshalb denke ich, dass man aktuellen SEO-Trends nicht hinterherlaufen sollte. Die kommen und gehen“, sagt Wandiger. Sein Lieblings-Projekt miniteich-ratgeber.de bei der diesjährigen Challenge zeigt wohl, wohin sich Nischenwebseiten entwickeln sollten, wenn sie Erfolg haben wollen. Dabei handele es sich schon kaum mehr um eine Nischenseite: „Da steckt viel Liebe drin, auch wenn ich manches anders gemacht hätte“, sagt er zu uns. Die Macher der Seite haben ein eigenes kleines Maskottchen (einen Frosch natürlich) entworfen und verkaufen T-Shirts und Tassen. Außerdem gibt es eine Geschenke-Tipps-Unterseite und viel Hintergrundwissen zum Thema.

Typische Nische: Der Miniteich Ratgeber

Typische Nische: Der Miniteich Ratgeber

SEO ist Grundlage aber nicht entscheidend, Amazon-Affiliate der große Geldbringer und Inhalte zählen. So könnte die Erfolgsgleichung von Nischenseiten lauten. Um wirklich viel Geld nebenher zu verdienen, solltet Ihr aber entweder ein paar Webseiten gleichzeitig betreiben (der Tipp von Peer Wandiger: nicht zu viele, lieber gut pflegen) oder es braucht eine Menge Glück und Zeit für das große Ding. Eine von Peer Wandigers Webseiten bringt ihm nach eigenen Angaben im Monat zwischen 500 und 700 Euro ein, fünf dieser Sorte bräuchte es also zum Leben. Er weist allerdings darauf hin, dass Einnahmen nicht planbar sind. An Nischen wird es aber nicht mangeln. Die Welt entwickelt sich weiter und letztlich ist jeder neue Trend, jede neue Produktinnovation potenziell eine neue Nische. Wir sind gespannt auf welche Seiten und cleveren Nischen es uns demnächst ungeahnt spült und drücken allen Nischen-Hustlern die Daumen.

MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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