Wie Fielmann unter dem Radar ein Brillen-Abo mit Millionen-Umsatz aufgebaut hat

Martin Gardt24.11.2021

Im OMR Podcast spricht CEO Marc Fielmann über digitale Herausforderungen, Unverzichtbarkeit von Filialen und Wachstums-Visionen

Fielmann-CEO Marc Fielmann (Quelle: Fielmann AG – Frank Siemers)
Der junge Fielmann-CEO Marc Fielmann (Quelle: Fielmann AG – Frank Siemers)

„Brille: Fielmann“ klebt Euch sicher genauso im Kopf wie Millionen anderen Deutschen. Das Familienunternehmen verkauft in Deutschland mehr als jede zweite Brille und hat Filialen in den begehrtesten Lagen. Damit ist der junge CEO Marc Fielmann aber noch nicht zufrieden. Im OMR Podcast erzählt er, wie er bis 2025 jede vierte Brille in Europa verkaufen und 2,3 Milliarden Euro Außenumsatz machen will.

Im Alter von gerade einmal 30 Jahren übernimmt Marc Fielmann im November 2019 als alleiniger Vorstandsvorsitzender die Führung des Familienunternehmens von seinem Vater und Firmengründer Günther. „Der Druck war massiv. Aber irgendwann lernst du, damit zu arbeiten. Was hilft: Es muss erlaubt sein, Fehler zu machen. Wenn du davor Angst hast, macht dich das fertig“, sagt er im OMR Podcast zu Philipp Westermeyer. „Mein Vater lässt mich aber in Ruhe.“ Marc Fielmann kann sich also auf seine Projekte konzentrieren. Er muss das auf 900 Filialen überall in Europa aufgebaute Unternehmen in die digitale Zukunft führen. „Das Mammut-Projekt ist, unsere kundenzentrierte Philosophie auf eine Omnichannel-Experience zu übertragen“, erzählt Marc Fielmann. „Das größte Potenzial sehen wir darin, das Business zu digitalisieren und zu internationalisieren.“

Produktivität zu Ende gespielt

Dabei läuft es für Fielmann schon allein im stationären Handel nach einem harten Pandemiejahr 2020 mit zwölf Prozent weniger verkauften Brillen nicht schlecht. „Was wir, also mein Vater und seine Mitstreiter geknackt haben, ist das Thema Produktivität“, so der Fielmann-CEO. „Ein normales Brillengeschäft schafft so 300.000 Euro Jahresumsatz und verkauft vielleicht zwei bis drei Brillen pro Tag. Zum Vergleich: Eine normale Fielmann-Niederlassung verkauft 35 Brillen am Tag und macht 1,9 Millionen Euro Umsatz im Jahr.“ 2020 erzielte Fielmann in fünf Prozent aller Optikergeschäfte Deutschlands einen Absatzmarktanteil von 51 Prozent. Das Unternehmen habe den individuellen Beratungsprozess so optimiert, dass allein eine Filiale in Zürich 16 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaften kann. „Das müssen wir jetzt auch im Digitalen schaffen“, sagt Marc Fielmann.

Dabei wolle er die Kund:innen aber immer im Blick behalten. „Unsere wichtigste Kennzahl sind unsere aktiven Kunden. Das sind derzeit 27 Millionen und das wollen wir in den nächsten Jahren auf 35 Millionen steigern.“ Denn bestehende Kundschaft sei für Fielmann weiterhin der wichtigste Akquisitionskanal. Gleichzeitig liege die Retention bei über 90 Prozent. Deshalb mache sich der CEO wegen Wettbewerbern wie Mister Spex (hier im OMR Podcast) oder Warby Parker keine großen Sorgen.

Das Problem mit der Digitalisierung

Am Weg ins Online-Business führt aber auch für Fielmann kein Weg vorbei. Da warten aber große Herausforderungen: „Wir haben das Sonnenbrillen- und Kontaktlinsen-Geschäft komplett digitalisiert. Aber bei der Brille hast du das Problem, dass du nicht die gleiche Qualität wie im Geschäft hinbekommst“, so Marc Fielmann. „Das hat drei Gründe: die Anprobe, den Sehtest und die Brillenglas-Zentrierung.“ Am Ende gehe es also um verschiedene Messprozesse, die sich aus Sicht von Fielmann online noch nicht zufriedenstellend abbilden lassen. Um das zu ändern habe das Unternehmen bereits 15 Millionen Euro investiert und sich 24 Patente gesichert.

„Bis wir das lösen können, müssen wir die stationären und digitalen Touchpoints verknüpfen“, sagt er. „Eine Verbindung aus On- und Offline bietet aber den Mehrwert, mit dem ich gegen Amazon & Co. bestehen kann.“ Hinzu komme, dass die Brille ein sehr individuelles Produkt sei, das sich nicht wie Mode oder ähnliches verkaufen lasse (Sonnenbrillen ausgenommen): „Wir bieten nicht einfach ein Produkt an, das du nett visualisieren kannst. Wir verkaufen dem Kunden ein Glas – also ein Produkt, das in ein anderes eingesetzt wird.“ Für so individuelle Produkte gebe es derzeit noch keine Benchmark im Digitalbereich. Das sei am Ende auch für Fielmann ein Projekt für das nächste Jahrzehnt.

Brillen-Abo durch die „Hintertür“

Schon jetzt sieht Philipp Westermeyer im Gespräch aber eine andere Chance: ein Brillen-Abo-Business. Doch das hat Fielmann auch schon am Start – wenn auch etwas versteckt. „Wir betreiben die größte Brillenversicherung Europas“, erzählt Marc Fielmann. „Neun Millionen Menschen bekommen für zehn Euro im Jahr alle zwei Jahre eine neue Brille und sind gegen Beschädigungen an den Gläsern versichert.“ Als 2004 die Zuzahlungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Brillengläser wegfällt, habe Günther Fielmann nach einem Weg gesucht, sein Nulltarif-Versprechen zu halten.

Daraus ist die Versicherung entstanden, die ja irgendwie auch Brillenabo ist. „Mit den Zehn-Euro-Brillen verdienen wir nicht viel Geld. Aber wir verkürzen damit das Wiederkaufsintervall“, so der Fielmann-CEO. Und die Versicherungs-Idee hat Potenzial: Menschen die Mehrstärkengläser benötigen, zahlen 50 Euro und eine Ausweitung auf andere Produkte sei denkbar. „Wir könnten auch über ein Gesamtangebot bei Fielmann nachdenken – mit verschiedenen Beiträgen für verschiedene Warengruppen.“

Ihr wollt wissen, wie Fielmann im Smart-Glasses-Game mitspielt, wie sich die Corona-Krise auf das Geschäft auswirkt und wie die Internationalisierung läuft, dann hört in den aktuellen OMR Podcast rein.

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Die Themen des Podcasts mit Marc Fielmann im Überblick:

  • Einige Fielmann-Zahlen (ab 5:56)
  • Der vorgezeichnete Weg von Marc Fielmann ins Brillen-Business (ab 6:21)
  • Wie ist die familieninterne Übergabe der Geschäftsführung abgelaufen? (ab 9:00)
  • Seine ersten Jobs im Unternehmen (ab 12:30)
  • Wie hat er das Digital-Business von Fielmann verändert? (ab 16:03)
  • Sind Filialen der wichtigste Kanal für Kundenakquise? (ab 20:28)
  • Das Fielmann-Playbook für die Internationalisierung (ab 23:10)
  • Die Shop-Software von Fielmann (ab 24:43)
  • Wie bewertet Marc Fielmann den D2C-Player Warby Parker? (ab 25:49)
  • Fielmann hat nach wenigen Monaten seine Anteile am Datenbrillen-Startup Ubimax an Teamviewer verkauft – mit kräftigen Gewinnen. Was steckt dahinter? (ab 28:10)
  • Wie spielt Fielmann bei smarten Brillen mit? (ab 32:03)
  • Wer sind die großen Wettbewerber von Fielmann? (ab 36:26)
  • Über die Produkt-Philosophie von Fielmann (ab 37:19)
  • These: Der Markt für Brillen wächst, weil wir so viel auf Displays schauen und immer älter werden (ab 39:08)
  • Was sind digital derzeit die größten Herausforderungen? (ab 40:58)
  • Spürt Fielmann ein Sterben der Innenstädte? (ab 43:31)
  • Denkt Marc Fielmann über Retail Media nach? (ab 46:23)
  • Kämpft Fielmann mit Problemen in den Lieferketten? (ab 49:17)
  • Was waren die größten Venture-Investments von Fielmann? (ab 50:04)
  • Marc Fielmann ist im Alter von 30 Jahren CEO geworden. Was sind seine größten Learnings? (ab 52:23)
  • Wie investiert Fielmann seine Cash-Reserven? (ab 55:30)
  • Warum hat Marc Fielmann keine Social-Accounts? (ab 1:00:03)
  • Stimmt es, dass in einzelnen Filialen 16 Millionen Euro Umsatz im Jahr möglich sind? (ab 1:01:27)
  • Über die Customer-Lifetime-Value (CLV) bei Fielmann (ab 1:07:30)
  • Wie viel Zeit verbringt er damit, sich Kapitalmarkt-Zahlen anzuschauen? (ab 1:09:25)
  • Warum ist Augenlasern nie zum großen Brillen-Killer geworden? (1:11:40)
  • Gibt es Abo-Überlegungen bei Fielmann? (ab 1:14:09)
  • Ist es für Fielmann schwierig, neue Mitarbeitende zu finden? (ab 1:16:29)
  • Warum wird in Fielmann-Filialen noch gesiezt? (ab 1:21:15)
  • Wie wurde er auf er auf den Job als Fielmann-CEO vorbereitet? (ab 1:22:35)
  • Woran misst er den Erfolg von Fielmann in der Zukunft? (ab 1:26:00)
BrillenE-CommerceFielmannOMR Podcast
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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