Schaut dieses Video: Über Jonah Perettis SXSW-Keynote spricht die ganze US-Digital-Szene

Martin Gardt14.3.2019

„Internet am Scheideweg“: Wie der Buzzfeed-Gründer in der Plattform-Welt überleben will

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Jonah Peretti (Quelle: Flickr / nrkbeta)

Bei Buzzfeed und anderen digitalen Publishern zeigt die Formkurve derzeit nach unten. In den vergangenen Wochen und Monaten sorgten verschiedene Entlassungswellen in den USA für Aufsehen – und auch die deutsche Medienbranche steckt in Schwierigkeiten. Für viele hängt das Problem an fehlenden funktionierenden Geschäftsmodellen und einer Übermacht der Plattformen, die ihre Umsätze nicht teilen wollen. Buzzfeed-Gründer Jonah Peretti zeigt jetzt Auswege aus der Misere auf. 

„Wir sind gerade an einem Scheideweg und es geht jetzt darum, den Weg zu finden, um dem Internet zu seinem wahren Potenzial zu verhelfen“, sagt Jonah Peretti vor ein paar Tagen bei einem Vortrag auf der SXSW in Austin. „Die Medien stecken in einer schweren Krise.“ Er habe die Hoffnung aber noch nicht verloren, weil diese Krise gerade auf die Plattformen wie Facebook, Youtube & Co. übergegriffen habe. Denn die hätten jetzt mit Falschinformationen, Hass und Trollen zu kämpfen, was wiederum die Politik, inklusive Forderungen nach Regulierung, auf den Plan rufe. Am Beispiel von Buzzfeed zeigt Peretti, wie digitale Medienmacher jetzt doch noch die Umsatzkurve kriegen könnten. Wir zeichnen seine Lösungsvorschläge nach und zeigen das komplette Video:

Auch auf dem OMR Festival 2019 wird es um die Zukunft des digitalen Medien-Geschäfts gehen – in einem eigenen Publishing-Cluster auf der Big Picture Stage oder in einer Keynote von Matt Lieber, dem Gründer von Gimlet Media (Podcasts sind ja auch so ein Hoffnungsschimmer). Jetzt hier ein Ticket für das Festival sichern.

Umsatz auf den Plattformen

Wie Peretti ja schon bei seinem Auftritt beim OMR Festival 2014 erklärte, ist Buzzfeed mit der Idee gestartet, dass Medienmarken Content erstellen müssen, der dann auf Social Media verbreitet wird. Das Problem heute für Buzzfeed und andere Publisher: Die Plattformen liefern zwar Nutzer, aber die lassen sich nur unzureichend mit Werbung auf der eigenen Seite monetarisieren. Die Advertiser sprechen Nutzer direkt auf den Plattformen an und Budgets haben sich kontinuierlich zu Facebook & Co. verschoben. Die Hoffnung, die Publisher nun schon seit Jahren umtreibt: Eine größere Beteiligung an den Umsätzen, die die Plattformen mit ihrem Content machen – bisher sieht es hier aus Sicht vieler eher mau aus.

Peretti hat jetzt aber Hoffnung, dass die Plattformen ihre Content-Partner stärker beteiligen, weil sie so sehr mit Falschmeldungen zu tun haben und auf vertrauenswürdige Quellen zugehen müssen. Buzzfeed habe 2018 insgesamt 84 Millionen US-Dollar Umsatz mit der Monetarisierung auf Facebook, Amazon, Netflix und Google gemacht. Aus seiner Sicht sei es also ein valides Geschäftsmodell, Content für die Plattformen zu machen. Abhängig bleiben die Publisher damit allerdings weiterhin. Diese Abhängigkeit hat erst vor Kurzem zu Entlassungswellen und Gerüchten über Fusionen großer digitaler Medienmarken geführt.

Der Plattform-Umsatz von Buzzfeed in den vergangenen Jahren

E-Commerce als grundlegendes Element

„2018 und 2019 werden wir über 200 Millionen US-Dollar Umsatz aus Quellen erwirtschaften, die es 2017 noch gar nicht gab“, sagt Peretti in seinem aktuellen Vortrag. Und diese Quellen drehen sich vor allem um E-Commerce. Buzzfeed gilt hier schon seit Jahren als Vorreiter – vor allem beim Einsatz von Affiliate-Links. Peretti wirbt damit, dass Buzzfeed einer der Top-5 Traffic-Treiber für Amazon in den USA sei. Der Publisher hat schließlich auch ein eigenes Artikel-Format dafür geschaffen, bei dem im Listen-Stil zum Beispiel „35 coole Geschenke, die du dir selbst schenken solltest und niemand anderem“ gezeigt werden, die Nutzer dann auf Amazon direkt kaufen können. Klickt sich ein Leser von Buzzfeed zum Kauf, kassiert der Publisher eine Provision.

Peretti kündigt nun an, in solchen Artikeln ein neues Werbeformat einzuführen. Advertiser sollen eine Platzierung in solchen Listen für ihr Produkt kaufen können – Buzzfeed treibt dann direkten Traffic auf die Produktseite. Der Publisher wird dadurch immer stärker auch zu einem Shopping-Inspirationskanal und will das durch eigene Produktlinien untermauern. Unter verschiedenen Marken hat Buzzfeed Küchenprodukte, Geschirr oder eine Heimgärtner-Subscription-Box auf den Markt gebracht. Wie groß das E-Commerce-Geschäft für Buzzfeed bereits ist, zeigen neue Zahlen. Demnach habe das Unternehmen 2018 einen Außenumsatz von 250 Millionen US-Dollar mit Affiliate-Sales und Lizenzen erreicht.

Produkte Buzzfeed

Buzzfeed stellt mittlerweile auch eigene Produkte her

Neue Content-Formate

Perettis Zukunftsvision für digitale Publisher sieht also wie folgt aus: Die großen Plattformen zahlen einen fairen Anteil an die Medienunternehmen und diese arbeiten weiter daran, ihre Umsätze zu diversifizieren. Das führe zu einem hochwertigen Content-Business, das sich wirklich skalieren lasse. Damit kommt er direkt zu Content-Formaten, die Buzzfeed derzeit viele Besucher auf die Seite und die Accounts auf den Plattformen spülen. Eines der wohl herausstechendsten Beispiele ist ein Comic-Influencer: Cuppy. Der gemalte Cupcake hat auf Instagram über zwei Millionen Follower in unter einem Jahr gesammelt und kommt auf über 200.000 Likes und mehr als 1,6 Millionen Video-Views pro Beitrag. Cuppy gibt Beziehungs- und Lebenstipps und schickt die Nutzer des Öfteren auf Buzzfeeds Webseite.

Was den Content angeht, hat sich Buzzfeed also gar nicht so weit davon entfernt von dem, was Peretti schon 2014 auf der OMR-Bühne erzählt hat. Schon damals setzte der Publisher voll auf Inhalte, die Nutzer in deren Identität packt. Buzzfeed teilt seine Themen deshalb bis heute darin ein, was sie für den Leser bewirken können. Das baut das Unternehmen dann zum Beispiel zu einem „Queer Prom“, einem schwulen Abschlussball in Kooperation mit Samsung aus. Das Event-Geschäft hat der Publisher also auch entdeckt. 

BuzzfeedE-CommerceFacebookSocial MediaYoutube
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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