So sorgt die Glamour Shopping Week in sieben Tagen für Millionenumsätze

Martin Gardt30.3.2017

Wie Condé Nast das größte deutsche Fashion-Shopping-Event digitalisiert

Glamour Shopping Week
Glamour Shopping Week

Shopping Events wie Black Friday und Cyber Monday sorgen seit einigen Jahren auch in Deutschland für Mega-Reichweiten und Umsatzrekorde – die Glamour Shopping Week hat aber eine noch viel längere Erfolgsgeschichte vorzuweisen. Für den Verlag Condé Nast ist der Event absoluter Auflagenbringer, einzelne der insgesamt 147 Partner-Händler verzeichnen innerhalb von sieben Tagen Millionen-Umsätze. Eine App soll das Event nun digitaler machen – und verzeichnet erste, durchaus ansehnliche Erfolge.

Auch aus eigenem Interesse schauen wir immer wieder darauf, wie Publisher abseits von Display-Ads, Native Advertising und Content Recommendation Geld verdienen. Im ersten Teil unserer kleinen Artikelserie zu dem Thema nehmen wir die Glamour Shopping Week und die Commerce-Strategie der Glamour unter die Lupe.

Print profitiert, aber online wartet das Potenzial

Die Glamour Shopping Week geht 2017 in ihr zehntes Jahr – laut Verlag Condé Nast dank 147 Partner-Shops mit einem neuen Rekord. Das Prinzip der Shopping Week ist einfach: Fashion-, Beauty- und Lifestyle-Brands werden „Partner“, bezahlen den Verlag dafür, bei den Werbemaßnahmen rund um die Shopping Week aufzutauchen und gewähren Glamour-Leserinnen mit der Glamour Shopping Card – die in der Zeitschrift steckt oder in der App gekauft werden kann – exklusive Rabatte. Schnäppchenjäger können online oder in über 11.000 stationäre Läden von der Aktion profitieren.

Für Glamour ergeben sich gleich mehrere Vorteile durch die Aktion: Die Auflage explodiert zwei Mal im Jahr auf über 580.000 Exemplare (die typische verkaufte Auflage liegt bei knapp über 200.000). Außerdem werden die Print-Anzeigen direkt mit an die Partner verkauft. Eine ganze Seite kostet laut Listenpreis 33.600 Euro plus 1.200 Euro Teilnahmegebühr, eine halbe Seite schlägt mit 19.430 Euro und 600 Euro Teilnahmegebühr zu Buche. Doch das eigentliche Wachstumspotenzial liegt natürlich im digitalen Bereich. Die Glamour Shopping Week App kletterte bei der letzten Aktion im Herbst 2016 auf den zweiten Platz der iTunes-App-Charts in Deutschland – davon will der Publisher jetzt das ganze Jahr über profitieren.

Verkäufe über die App

Die App zur Glamour Shopping Week ging im Frühjahr 2016 an den Start. Nach Angaben des Verlags gab es während der letzten Shopping Week 29.000 In-App-Käufe, davon hätten 26.000 Nutzer den Vollpreis von 2,99 Euro für das ePaper des Magazins inklusive der Shopping Card bezahlt. Insgesamt hätte die Glamour Shopping Week App eine Millionen Visits und 5,6 Millionen Page Impressions im Monat rund um den Shopping-Week-Zeitraum verzeichnet. Die App dient während der Rabatt-Aktion als Shopfinder in den Städten, als Angebots-Finder für die Online-Shops und als Inspirations-Quelle für die Nutzer.

„Für ein Fazit ist es zu früh, aber mit der Nutzerentwicklung in der aktuellen Saison sind wir sehr zufrieden – bis jetzt sind knapp 20 Prozent der App-User neue Nutzer. Den Peak erreichen wir dann voraussichtlich mit dem Start der Glamour Shopping Week am 1. April. Vor allem die Samstage sind besonders wichtige Shopping-Tage, an denen wir in unseren Heat Maps sehen, dass die App sehr intensiv genutzt wird“, sagt Krischan Lehmann, Director Digital Condé Nast.

Monetarisierung durch Spezial-Platzierungen

Glamour Shopping Week App Newsfeed

Innerhalb einer Art Newsfeed können Partner ihre Angebote in der Glamour-App platzieren.

Aber nicht nur mit Digital-Verkäufen monetarisiert der Verlag die App- und Online-Reichweite. Brand-Partner der Shopping Week können mehrere gesonderte Platzierungen innerhalb der App kaufen. Da wären zum einen die „Upgraded Offers“, Hier können Partner in der App und auf der Webseite ihre Angebote mit Bildergalerien und Videos versehen. Das Angebot kostet 7.000 Euro plus 500 Euro Produktionskosten. Außerdem orientiert sich die Glamour bei der Auflistung der Schnäppchenangebote an Google und verkauft „Sponsored Listings“ – allerdings nicht auktionsbasiert sondern zum Festpreis. Wer im Shopfinder ganz oben auf der Liste der nächstliegenden Geschäfte auftauchen will, muss 8.000 Euro bezahlen, wer in der Online-Angebots-Ansicht auf Platz 1 will, zahlt 6.000 Euro. Da die Angebote nach Kategorien wie Fashion und Beauty aufgeteilt sind, gibt es mehrere Listen und potenzielle Verdienstmöglichkeiten – Händler, die in einer zweiten Kategorie oben landen wollen, zahlen 4.000 Euro.

Andere Angebote, die Glamour den Partnern macht, sind drei Push-Notifications für 10.000, die als eine Art Chat-Nachricht an die App-Nutzer gesendet werden und zwei Sponsored Posts auf der Glamour Shopping Week Facebook-Seite (42.000 Fans) für 3.600 Euro. Dazu kommen Banner-Platzierungen und eine Logo-Integration im Newsletter als Möglichkeiten für Brands, zusätzliche Aufmerksamkeit während der Shopping Week zu erzielen.

Condé Nast selbst bewirbt die Shopping Week auf allen Kanälen: Mit TV-Spots erreiche man 3,4 Millionen Zuschauer, hinzu kämen Aufsteller, Plakate und Deko in den 11.000 Stores in den Innenstädten. Seit 2016 feiert Glamour sogenannte Club Nights während der Shopping Week, „um das Markenerlebnis über das Thema Shopping hinaus zu intensivieren.“ Auf den Partys haben Brand-Partner die Möglichkeit, sich der Zielgruppe zu präsentieren.

Schnäppchen-Portale kapern die Shopping Week

Die große Aufmerksamkeit für die Rabatt-Aktion zieht vor allem Schnäppchenportale magisch an. Beim Marktführer Mydealz ist der Beitrag zur Shopping Week einer der beliebtesten des Monats. Hier wie auch auf Portalen wie Schnäppchenfuchs oder Rabatt-Meile sind alle Online-Rabatt-Codes der Shopping-Week-Partner bereits jetzt zu lesen. Damit bekommt jeder Nutzer online die Rabatte auch ohne eine Shopping Card aus der Glamour zu haben. Für die Portale sind diese Beiträge vor dem Start der Shopping Week absolute Klickbringer.

Wichtigste Wochen für Fashion-Brands?

„Genaue Zahlen können wir hier leider nicht nennen. So viel sei aber gesagt: Es ist die größte externe Rabattaktion im Fashionbereich, die mir bekannt ist und generiert bei uns über eine Million Euro Umsatz (vor Retouren)“, sagt About You-Geschäftsführer Tarek Müller zu Online Marketing Rockstars. Man dürfe den Effekt der Aktion aber auch nicht überbewerten, da der Umsatz durch die Shopping Week deutlich unter ein Prozent des Jahresumsatzes von About You ausmache.

Durch die hohe Rabattierung sei dieser außerdem nicht besonders margenstark. „Es geht uns eher um die Akquise von Neukunden, die dann durch Folgetransaktionen Marge generieren“, sagt Müller. Durch die Personalisierung beim Einkauf könne About You Neukunden auch nach einem Rabatt-Kauf relativ gut wieder aktivieren. „Ich würde aber vermuten, dass das für viele andere Player nicht der Fall ist, weil die Schnäppchenjäger dort tatsächlich nur einmal einkaufen und nie wieder“, sagt er.

„Wir haben jedes Mal mehrere Tausend Bestellungen durch die Glamour Shopping Week. Mehr als 80 Prozent dieser Bestellungen werden von Neukunden getätigt. Außerdem steigt die Anzahl der Bestellungen mit jeder neuen Shopping Week deutlich an“, sagt Lea Lange Founder & Managing Director von Junique zu Online Marketing Rockstars. Sie habe nicht den Eindruck, dass die Kunden nur einmal nach einem Schnäppchen suchen würden und dann nicht mehr wieder kommen. Deshalb sei Junique bereits zum fünften Mal dabei.

Commerce-Strategie für das ganze Jahr

Glamour Shopping Week App Messages

Über Nachrichten können Brands die Glamour-App-Nutzer auf Rabatt-Aktionen aufmerksam machen.

Die Glamour-App soll jetzt zur zentralen Content- und Commerce-Anlaufstelle für die Leser werden. „Auch zwischen den zweimal im Jahr stattfindenden Shopping-Weeks bietet die Glamour App im redaktionellen Bereich jeden Tag Inspirationen rund um Mode und Shopping, z.B. durch aktuelle Trend-Tipps. Da es unser Ziel ist, die Glamour-App schrittweise zu einem Shoppingbegleiter für das ganze Jahr zu machen, haben wir beim aktuellsten App-Update neben Design- & Usability-Optimierungen neue Features ergänzt, die das Engagement und die Loyalität der Nutzer kontinuierlich weiter ausbauen sollen“, sagt Digital-Chef Krischan Lehmann.

Zwischen den Shopping Weeks sollen die Nutzer mit Gewinnspielen, News-Beiträgen und Horoskopen aktiv gehalten werden. Die Inhalte kommen aus der Glamour-Onlineredaktion. Brand-Partner haben weiterhin die Möglichkeit, über die Nachrichten-Funktion innerhalb der App Nutzern Sonderangebote zu schicken. So verdient Glamour auch im restlichen Jahr an der Commerce-Aktion. Mit dem Ziel die Retention der App über das ganze Jahr hoch zu halten, hat sich Condé Nast ein schwer zu erreichendes Ziel gesetzt. Viele App-Entwickler scheitern am niedrigen regelmäßigen Engagement der Nutzer. Es ist auch fraglich, ob sich die Zielgruppe auf dem Smartphone mittlerweile nicht eher bei Influencern, Bloggern, Instagram und Pinterest inspirieren lässt.

Brigitte greift mit Shopping Days an

Die Erfolge rund um die Shopping Week haben natürlich auch andere Verlage mitbekommen. Gerade versucht sich Gruner + Jahr an einer Konkurrenzveranstaltung. Seit dem 17. März und noch bis zum 1. April – also dem Start der Shopping Week – veranstaltet Brigitte die Shopping Days. Auch hier kommt eine Shopping Card zum Einsatz, mit der Rabatte bei 30 Partnern zu haben sind. „Mit der Brigitte-Shopping-Card kommen wir dem Wunsch zahlreicher Anzeigenkunden nach einer messbaren PoS-Unterstützung mit unserer reichweitenstarken, generationsübergreifenden Medienmarke nach“, sagt Iliane Weiß, Publisher Women, People & Fashion bei Gruner + Jahr zu Online Marketing Rockstars.

Die App der Shopping Days ist ähnlich gestaltet wie die der Glamour, setzt sogar noch ein bisschen stärker auf Content-Angebote neben der Rabatt-Aktion. Offenbar plant auch die Brigitte-Redaktion, die Aktion zu nutzen, um langfristig Leser an die App zu binden. Wie Condé Nast betreibt auch G+J einen großen Marketing-Aufwand, um auf die Aktion hinzuweisen – vor allem durch TV-Werbung und Plakate an Geschäften der Shopping-Days-Partner. Schon vor Ende der ersten Ausgabe der Shopping Days plant der Verlag die nächste. Die soll im Herbst stattfinden, zufällig wieder genau vor der Glamour Shopping Week. „Wir sind der Meinung: Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt Weiß.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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