FloSports: Wie zwei Brüder mit Livestreams von Nischensportarten ein Digital-Imperium aufbauen

Martin Gardt12.10.2017

Mit dieser cleveren Strategie wollen Martin und Mark Floreani mit "FloSports" ESPN Paroli bieten

FloSports-Gründer
Die FloSports-Gründer Martin und Mark Floreani (v.l)
30.000 neue Subscriber pro Monat für ihre Nischensportkanäle, insgesamt acht Millionen Nutzer pro Monat: So sehen die beeindruckenden Zahlen von Flosports aus. Mit Livestreams von Sportarten wie Ringen, Laufen oder Gewichtheben greifen die Floreani-Brüder ESPN & Co. in den USA an. OMR zeigt, mit welchen Kniffen die beiden aus einem Startbudget von 10.000 US-Dollar ein Millionenunternehmen aufgebaut haben und erklärt, was der deutsche Markt von ihnen lernen kann.

2006 starten Martin und Mark Floreani ihr Unternehmen FloSports mit 10.000 US-Dollar Kapital. Davon kaufen sie einen weißen Van, mit dem sie in den nächsten zwei Jahren fast 65.000 Kilometer quer durch die USA fahren, um verschiedenste Nischensport-Events zu filmen. Der erste größere Erfolg lässt bis 2007 auf sich warten: Ein wackliges Video vom US-Halbmarathon-Rekord von Ryan Hall geht viral und die Brüder müssen zusätzliche Server kaufen, um dem Ansturm gerecht zu werden.

30.000 neue Subscriber pro Monat

Seitdem hat sich viel getan. Im FloSports-Büro in Austin sitzen mittlerweile 256 Mitarbeiter, die insgesamt 25 Sportkanäle bespielen. Die heißen dann FloTrack (Laufen), FloWrestling (Ringen), FloCheer (Cheerleading) oder FloElite (Gewichtheben). Auf dem jeweiligen Channel gibt es kostenlos aktuelle News rund um die Sportart und zusätzlich die Möglichkeit, Livestreams von Events abzurufen – jeweils hinter einer Paywall. Eine sogenannte „FloPro Subscription“ mit Zugang zu allen Live-Übetragungen kostet 150 US-Dollar pro Jahr oder 30 US-Dollar pro Monat. Laut eigener Aussage habe das Team die Zahl der Subscriber innerhalb des letzten Jahres verdoppelt. 30.000 zahlende Nutzer kämen pro Monat dazu. Im Mai 2017 habe die Abonnentenzahl bei 150.000 gelegen.

BDMI (VC-Firma von Bertelsmann), Discovery (Besitzer von Eurosport), WWE (das Medienunternehmen mit der populären Wrestling-Show und weitere Investoren haben über 32 Millionen US-Dollar in FloSports investiert. „Wir wollen uns hoch beißen zu immer größeren Events“, sagen die Brüder zum Inc. Magazine. Insgesamt übertrage das Team in 2017 1.000 Live-Veranstaltungen auf den 25 Kanälen, hinzu kommen 84 Dokumentationen über verschiedene Sportler aus der Nische.

Erst Werbung, dann Subscription, dann wieder Werbung?

Zum Start hatte FloSports bei der Monetarisierung vor allem auf Ads rund um die Videos auf der Seite gesetzt. „Das führte dazu, dass wir ein kleines Business blieben“, sagt Martin Floreani zu Inc. Bis 2012, sechs Jahre nach der Gründung habe das Unternehmen kaum mehr als eine Million US-Dollar Jahresumsatz gemacht. Deshalb wagten sie nach und nach den Schritt hin zum Subscription-Angebot: „Damals hat online noch niemand Subscriptions angeboten, das wurde auch intern abgetan“, so Floreani. Aber schon Mitte 2012 sorgen die zahlenden Nutzer für 20 Prozent des Gesamtumsatzes – wenn der auch noch vergleichsweise niedrig ausfiel.

In den folgenden zwei Jahren habe sich der Umsatz jeweils verdoppelt. Seit Mitte 2014 – mit der ersten 8-Millionen-Investition im Rücken – baut FloSports seine Kanalangebot aggressiv aus. Aus drei werden 25. Heute mache das Unternehmen laut den Gründern siebenstellige Umsätze und verdoppele jedes Jahr die Einnahmen durch das Abo-Modell.

Komplementär dazu soll jetzt aber auch das Werbebusiness wieder kräftig gepusht werden. 80 Prozent der Inhalte (vor allem News) seien auf den jeweiligen Nischensport-Seiten frei abrufbar. Die acht Millionen Nutzer, die jeden Monat diese Seiten ohne Abo aufrufen, sollen in Zukunft wieder verstärkt über Ads monetarisiert werden. Erste große Partner seien Quicken Loans (Hypothekenfinanzierer), Asics und T-Mobile. Eine Strategie sind dabei Video-Sponsorings. Im Interview-Format „T-Mobile Game Changers“ stellt FloSports entscheidende Persönlichkeiten aus den jeweiligen Sportarten vor.

Die Nischenfans über Facebook bedienen

Durch die Bündelung der 25 Kanäle entstehe auch aus Nischensportarten eine vernünftige Reichweite, auch wenn jeder Kanal für sich dann durchschnittlich auf knapp über 320.000 Besucher im Monat kommt. Für einen Schub habe in letzter Zeit die Videostrategie auf Facebook gesorgt. Insgesamt veröffentliche FloSports 400 Videos pro Monat auf der Plattform – von Trailern für Dokumentationen, über Highlights bis hin zu Ankündigungen für die anstehenden Live-Events.

FloSports Wrestling Traffic

Traffic-Entwicklung von FloWrestling. Der FloSports-Kanal kommt auf über 500.000 Visits im Monat (Quelle: SimilarWeb)

Viele der Inhalte pusht das Unternehmen mit bezahlten Facebook-Anzeigen und erreiche so 20 Millionen Views pro Monat auf der Plattform. Das habe wiederum zu einer Steigerung der Abonnenten-Zahlen um 22 Prozent innerhalb von drei Monaten geführt. „Eigentlich denken alle, dass die Leute sich ihre Inhalte bei Facebook holen und dann wenig Interesse haben, auf die Publisher-Seite zu gehen. Bei uns ist genau das Gegenteil passiert. Wir erreichen dort mehr Menschen, die an unseren Sportarten Interesse haben und dann von Facebook direkt auf unsere Seite kommen“, sagt Nick Schenk, Senior Vice President of Customer Acquisition bei FloSports zu Digiday.

Der Angriff von unten

Auf dem umkämpften Sportrechte-Markt ist das Modell von FloSports womöglich die einzige Möglichkeit für Startups hier einzusteigen. Die großen Rechtepakete werden – ob nun in den USA oder Europa – über Jahre für viele Millionen an den Höchstbietenden vergeben. In Deutschland kann ein neuer Player wie DAZN das Spiel nur mitspielen, weil ein Milliardär dahinter steht. Der erste Weg musste also in die Nische führen, in der es zwar wenige, dafür aber oft extrem treue Zuschauer gibt. Auch Philipp Westermeyer hatte mit Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste im OMR Podcast ja schonmal laut überlegt, mal um die Hockey-Europameisterschaft mitzubieten.

„ESPN steckt in einem Innovations-Dilemma“, sagt Martin Floreani zu TheStreet. Je schneller sie ihr Online-Abo-Geschäft aufbauen, desto schneller kannibalisieren sie ihr eigenes TV-Business.“ Die Lücke, die durch abwartende große Player in Sachen Online-Livestreaming entstanden ist, will Floreani so gut es geht nutzen: „Die Distribution von Sport-Inhalten wird immer globaler und neue Sportwettbewerbe entstehen. Das ist unser Markt.“

Innerhalb von zehn Jahren wolle er das Unternehmen aber so groß machen, dass über Spiele der Profiligen NFL, NHL oder NBA nachgedacht werden könne: „Wenn wir Live-Events besser als alle anderen begleiten, können wir auch ein NFL-Spiel übertragen.“ Schon jetzt ist das Team teilweise mit 17 Mann bei Wettkämpfen im Ringen vor Ort.

Der Sport-Markt verändert sich

Wie sich an DAZN zeigt, gibt es derzeit einen großen Shift im Sport-Business. Experten gehen davon aus, dass Internet-Konzerne wie Amazon, Facebook und Google in den nächsten Jahren um große Sportrechtepakete mitbieten werden. In dieser Saison zeigt Amazon schon jede Woche das Donnerstagabend-Spiel der NFL und zahlt dafür 50 Millionen US-Dollar für ein Jahr. DAZN liefert den arrivierten Playern in Deutschland jetzt schon einen Vorgeschmack darauf, was noch kommen mag. Das Unternehmen hat sich Teile der Champions-League-Rechte und die kompletten Europa-League-Rechte ab 2018 gesichert. Im Free TV wird es beide Wettbewerbe dann nicht mehr geben.

Aber auch in Deutschland warten viele Nischensportarten noch auf Partner, die für eine größere Reichweite sorgen. In den USA hat sich FloSports für einige Sportarten offenbar schon ausgezahlt: „Flosports hat verstanden, dass wir unsere Umsätze erhöhen aber vor allem die Relevanz des Ringens stärken wollen. Der Sport bekommt auf der Plattform mehr Aufmerksamkeit als jemals zuvor“, sagt Rich Bender, President von USA Wrestling.

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Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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