Wie klassische Medien Reichweite billig bei Facebook einkaufen und an ihre Werbekunden teuer weiter verkaufen

(Illustration: Julia Hoße)

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(Illustration: Julia Hoße)

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Traffic zu Ramschpreisen bei Facebook einkaufen, diesen an die eigenen „starken Medienmarken“ weiterleiten und dort dann lukrativ an Markenwerber weiter zu verkaufen – diese Taktik fahren derzeit auch große Medienhäuser wie Bauer, Burda, Klambt und Pro-Sieben-Sat1. Wie Recherchen von Online Marketing Rockstars ergeben haben, kaufen die genannten Publisher von Facebook-Viralseiten Besucher für die Websites von Bunte, OK, In und Myvideo ein. Sobald die Nutzer auf den Seiten aufschlagen, sind die Werbekontakte mit ihnen plötzlich ein Vielfaches mehr wert.

Verlage und Medienhäuser werben gegenüber potenziellen Werbekunden gerne damit, dass ihre Marken sich positiv auf die Wahrnehmung der Werbung auswirkten. Mit diversen Studien haben die klassischen Medien in den vergangenen Jahren in ihrer Außenkommunikation die positiven Markeneffekte solcher „Qualitätsumfelder“ in den Vordergrund gestellt. Doch offenbar trauen diverse Medienhäuser intern ihren Marken offenbar zumindest im Internet nicht zu, eine solche Anziehungskraft auf die Nutzer auszuüben, dass diese deren Websites selbstständig besuchen. Stattdessen kaufen die Publisher für ihre eigenen Portale Reichweite auf Seiten ein, die innerhalb der Medienbranche das größte „Ramsch-Image“ haben: Viralseiten auf Facebook.

Laut unserer Recherche haben diverse Medienhäuser auf Seiten wie „Kann dieses Brezel mehr Fans haben als Tokio Hotel“ (572.000 Fans), „Wir wollen Guttenberg zurück“ (323.000 Fans), „Die 22 lustigsten SMS aller Zeiten“ (297.000 Fans), „Ich bin sexy – aber so was von“ (234.000 Fans) und „Die besten Streiche – Do it yourself“ (40.000 Fans) Kampagnen gebucht. So finden sich dort Posts, die auf Inhalte bei (Hubert Burda Media, vermarktet vom Telekom-Vermarkter Interactive Media), und (beide Klambt), und (Pro-Sieben-Sat1) sowie (ein Gesundheitsportal des Bauer Verlags) verweisen. Dass die Medienhäuser für das Posten der Beiträge und den Facebook Traffic gezahlt haben dürften, legt ein Blick auf die URLs der verlinkten Beiträge nahe, denn diese enthalten eine Kampagnen- und Tracking-ID. Betreiber der Viralseiten ist offenbar die FaceAdNet aus Mannheim. Das Unternehmen unterhielt bis vor Kurzem noch eine eigene Website, derzeit findet sich unter FaceAd.net nur ein Platzhalter. FaceAdNet betreibt außer den Facebook-Seiten mit DerLacher.de, Fussballemotionen.de und Stylevamp.de auch eigene Websites und vermarktet diese. Der Großteil der Beiträge der Facebook-Seiten, die das Unternehmen unterhält, verweist auf diese Seite – die Macher setzen auf Masse und posten mehrmals in der Stunde.

Die gekauften Beiträge der Medienhäuser sind wie die eigenen Posts auch im typischen Stil von Viralseiten gestaltet – inklusive „Clickbait“-Headlines und Bildern, deren Ausschnitt so gewählt ist, dass er mehr Fragen aufwirft als dass er den Beitrag illustriert. Die Klickzahlen dürften dementsprechend hoch sein.

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Roland Eisenbrand
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Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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