Warum nutzt keiner diesen einfachen Trick für mehr Umsatz im E-Commerce? (UPDATE)

Torben Lux18.8.2014
(Foto: Christophe Verdier / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0)

Mit dieser simplen Methode werden Kaufabbrecher konvertiert – in USA fast schon Standard, hier nutzt es nur Adidas

(Foto: Christophe Verdier / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0)

(Foto: Christophe Verdier / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0)

Der Warenkorb ist voll, doch der Bestellvorgang wird abgebrochen. Was Online-Händler im ersten Moment zur Verzweiflung bringt, kann gleichzeitig eine große Chance sein, Kunden zu binden und verloren geglaubte Umsätze doch noch zu generieren. Immer mehr amerikanische Shops nutzen dazu gezielte Rabatt-Mails, die den User zum Kauf bewegen sollen. Und in Deutschland? Wir haben sechs große Seiten getestet. Bevor wir den Warenkorb beim jeweiligen Shop mit Artikeln gefüllt haben, mussten wir natürlich eine gültige E-Mail-Adresse hinterlegen, um eventuelle Rabatt-Mails auch erhalten zu können. Schon hier fielen die ersten Unterschiede auf: Während bei einigen Shops eine ausführliche Account-Registrierung inklusive Adresse notwendig war, reichte es manchmal auch aus, lediglich eine E-Mail-Adresse anzugeben und diese zu bestätigen.

Zalando

Nach dem Bestücken des Zalando-Warenkorbs passierte im E-Mail-Postfach erst einmal gar nichts. Auf Basis der letzten Bestellung werden zwar immer wieder dazu passende Waren angeboten und es gäbe einen 5-€-Gutschein für ein Newsletter-Abo, gezielte Mails zum noch vollen Warenkorb gab es aber nicht. Da Zalando aber sicher über ein sehr smartes Marketing-Team verfügt, vermuten wir, dass der Ansatz schon getestet wurde. Eine Wiederansprache via Re-Targeting reicht möglicherweise aus. Uns hat es zumindest überrascht.

Zalando

H&M

Die Anmeldung beim Online-Shop von H&M ging schnell und erforderte lediglich die Angabe einer E-Mail-Adresse und eines Passworts. Bis auf eine Begrüßungsmail haben wir aber, trotz gefülltem Warenkorb, keine Nachrichten mehr erhalten.

Otto

Auch beim Online-Shop des Hamburger Otto-Konzerns warteten wir vergeblich auf einen speziellen Rabatt für Artikel in unserem Warenkorb. Immerhin gab es hier aber mit der Begrüßungsmail einen Sparvorteil von fünf Prozent auf den ersten Einkauf.

OTTO

Fahrrad.de

Um nicht nur die Fashion-Branche in unserem kleinen Test abzudecken, versuchten wir unser Glück ebenfalls bei fahrrad.de. Hier erforderte die Anmeldung direkt die Eingabe einer Adresse und dauerte damit etwas länger. Einen nachträglichen Rabatt auf Artikel im Warenkorb gab es nicht. Dafür wurde uns nach der gleichzeitigen Anmeldung für den Newsletter ein Gutscheincode über zehn Euro zugeschickt.

Nike

Neben einer einfachen Begrüßungsmail ist der Online-Shop von Nike der erste in unserem Test, der uns per Mail auf unseren noch vollen Warenkorb aufmerksam gemacht hat. Einen Rabatt bekamen wir auf die Artikel nach über einer Woche aber ebenfalls nicht.

NIKE

Adidas

Der direkte Konkurrent aus Herzogenaurach in Deutschland betreibt von den sechs von uns getesteten Online-Shops das aggressivste E-Mail-Marketing. Direkt nach der Registrierung trudelte ein 14 Tage gültiger Rabattcode von 15 Prozent auf den nächsten Einkauf bei Adidas ein. Noch am selben Tag wurden wir per Mail daran erinnert, dass sich noch Artikel in unserem Warenkorb befinden. Einen Tag später folgte die nächste Mail, die neben einer erneuten Erinnerung zusätzlich eine kostenlose Rücknahme der Artikel versprach. Und genau eine Woche nach dem abgebrochenem Einkauf erhielten wir schließlich die dritte Erinnerungs-Mail, mit der uns für den Kauf der Artikel zehn Prozent Rabatt auf den nächsten Einkauf angeboten wurden.

Adidas

Sind E-Mail-Rabatte in Amerika beliebter?

Die Methode, Nutzern mit vollen aber nicht gekauften Warenkörben Rabatte per E-Mail anzubieten ist nicht gänzlich neu. Das Blog Rather-Be-Shopping.com listet in einem Artikel insgesamt 17 amerikanische Online-Shops auf, die teilweise hohe Rabatte von bis zu 30 Prozent auf volle Warenkörbe geben. Darunter befinden sich unter anderem auch hierzulande sehr prominenten Marken wie Toys R Us und Levi’s.

Der kleine Test zeigt deutlich: Es kann sich für den Nutzer richtig lohnen, einen Bestellvorgang nicht sofort abzuschließen und auf nachträgliche Rabatte zu warten. Zwar steckt diese Art des Retargetings in Deutschland scheinbar noch in den Kinderschuhen, Adidas und die Beispiele aus Amerika sollten für Online-Shop-Betreiber aber Motivation genug sein, es ebenfalls einmal auszuprobieren. Unbedingt bedacht werden sollte dabei allerdings ein Rabatt-Limit pro Account, welches ein gezieltes Ausnutzen aus User-Sicht ausschließt.

Was haltet ihr von solchen Rabatt-Mails? Kennt ihr noch weitere Beispiele?

Update 1 (20. August, 18:30 Uhr)

Uns haben einige Kommentare erreicht, die auf die rechtlichen Rahmenbedingungen für Rabatt-Mails hinweisen. In der Tat hatten wir diese im Artikel nicht berücksichtigt. Um das durch verschiedenste Gerichtsurteile doch sehr komplexe Thema kurz zusammenzufassen: Ohne ein Double-Opt-In können werbliche E-Mails gegen das Gesetzt gegen unlauteren Wettbewerb nach §7 verstoßen. Eine Person muss also nach Eingabe der E-Mail-Adresse eine gesonderte E-Mail mit einem Link erhalten, um den Vorgang zu bestätigen. Diese dürfen keine Werbebotschaften beinhalten – das würde theoretisch sonst auch schon unter unzumutbare Belästigung fallen.

Dass die Rechtsprechung an dieser Stelle in Teilen vielleicht nicht ganz eindeutig ist oder aber von Online-Shops nicht richtig umgesetzt wird, deuten auch unsere Beispiele an. So haben wir nach der Registrierung bei Otto zwar die geforderte Bestätigungsmail erhalten, diese enthielt allerdings bereits eine Auflistung der Shop-Kategorien (inklusive Sale), verlinkten auf die Seite und waren damit bereits werblich. Bei Nike und Adidas gab es nach der E-Mail-Anmeldung sogar direkt Werbemails, ohne dass ein Bestätigungslink verschickt wurde.

Update 2 (20. August, 19:00 Uhr) Thomas Schwenke von der Rechtsanwaltskanzlei Schwenke hat das Thema noch einmal aus der rechtlichen Perspektive zusammengefasst.

Torben Lux
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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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