Musik-Macher Xatar über die Macht von Memes, das Köfte-Business und Startup-Beteiligungen

Torben Lux28.2.2021

Im OMR Podcast gewährt der "Jeff Bezos des Deutschraps" tiefe Einblicke in die boomende Welt von "Alles oder Nix Records"

Giwar Hajabi Xatar OMR Podcast
Rapper und Unternehmer Giwar Hajabi alias Xatar (Foto: OMR / Rikkert Aussems).

Spätestens als im vergangenen Jahr ein altes Interview von Xatar viral geht, wird klar, wie sehr der Rapper und Label-Manager das Spiel um Aufmerksamkeit innerhalb der Plattform-Ökonomie beherrscht. Aus dem „Köftespieß-Meme“ wird erst ein einzelnes Lokal, dann ein Franchise und in wenigen Tagen sollen verschiedene Tiefkühl-Produkte im Einzelhandel erhältlich sein. Die Nachricht, dass Star-Regisseur Fatih Akin das ereignisreiche Leben von Giwar Hajabi verfilmen wird, ist der vorläufige Höhepunkt einer auch an Tiefpunkten nicht armen, einmaligen Karriere. Im Podcast erzählt Xatar, wie wichtig Memes und Tiktok für sein Business sind, wie er mit seiner neuen Company G-Ventures in Unternehmen investiert und wie er Künstler gezielt zu Unternehmern aufbaut.

Ob Giwar Hajabi damit gerechnet hat, dass das einzige Videointerview aus seiner Zeit im Gefängnis Jahre später viral gehen sollte? Vermutlich nicht. Wie auch. Denn es sind vor allem die Corona-Pandemie und während Lockdowns geschlossene Lokale, die seinen Aussagen eine Aktualität verpassen, die offenbar den Zeitgeist perfekt treffen. Was das allererste sei, was er in Freiheit machen würde? „Ich glaube ich geb mir einen schönen Kebab, einen schönen Köftespieß“, sagt Xatar damals. „Mit gar kein Reden auch und so. Haval, gib mir einfach nur einen Köftespieß.“ 

Diesen Wunsch, einfach rauszugehen und in einem Lokal das Lieblingsgericht essen zu können, kann seit nunmehr einem Jahr wohl jeder nachvollziehen. Der kurze Clip geht viral. Und Xatar weiß dieses Momentum für sich zu nutzen. „Marketing-Jiu-Jitsu“ nennt er das. „Ich versuche mit dem, was ich kriege, etwas zu bauen. Das sollten die Menschen langsam mitbekommen haben“, sagt er im Gespräch mit Philipp Westermeyer. „Sei es meine Story, ein Meme oder was auch immer. Das ist unsere Kampfkunst.“ Und diese Kampfkunst ist derzeit ziemlich erfolgreich. Verschiedene Köfte-Tiefkühlprodukte sollen noch im März bundesweit im Einzelhandel erhältlich sein, am Ayran wird bereits gearbeitet und der Haval Grill in Bonn wird zum Franchise-Erfolg. „Bei der Franchise-Kette reden wir gerade von 40 Filialen dieses Jahr in Deutschland. In Dubai, in Island“, so Xatar. „Wir haben ein Organigramm von all unseren Firmen. Aber alleine das Organigramm von Haval Grill ist jetzt schon größer, als der Rest.“

„Alles oder Nix“: Label-Name und Marketing-Strategie

Im Vergleich zu anderen Künstlern aus der Kategorie Straßen- und Gangster-Rap erzielt Xatar zwar niedrigere Streamingzahlen. Aber er ist eben nicht nur Rapper und Musiker, sondern auch Verleger, Unternehmer, Label-Manager – und laut hiphop.de zum zweiten Mal in Folge „Macher des Jahres“. Alle seine Aktivitäten will er jetzt unter dem Dach vom erst kürzlich gestarteten Label „Goldmann Music“ bündeln – vom siebenstöckigen Goldmann Tower in Köln aus. „Goldmann Music ist der Zusammenschluss von allem. Und gründet auch international Labels und signt internationale Künstler“, sagt Xatar. Der Anspruch sei dabei immer, Künstler auf ein neues Level zu bringen und sie selber auch zu Unternehmern zu machen. 

Dabei habe sich die Arbeit und Relevanz von Labels in den vergangenen Jahren stark verändert. „Eigentlich braucht ein Künstler gar kein Label mehr. Der kann alles selber machen“, sagt Xatar. Deshalb müssten er und sein Team jeden Tag klar machen, weshalb das Label noch eine Berechtigung hat. „Ein Haupt-Asset davon, was kaum ein Label so macht: Wir arbeiten bis zu einem Punkt mit bestimmter Reichweite und einem bestimmten Standing. Und dann versuchen wir Dich zu einem Unternehmer zu machen und Brands zu bauen, die Dir gehören. Und wir arbeiten im Hintergrund und Du musst nur Welle machen.“

Jobbeschreibung: Meme-Manager

Giwar „Xatar“ Hajabi (Foto: OMR / Rikkert Aussems).

Diese an sich und seine Labels selbst gestellten Ansprüche sind personalintensiv. „Vor einem Jahr waren wir noch vier, jetzt sind wir 30“, erzählt Xatar im OMR Podcast. „Das ist für Indie-Record-Label-Verhältnisse sehr viel. Und wöchentlich stellen wir gefühlt zwei neue Mitarbeiter ein.“ Und weil er längst verstanden hat, was für ein starker Aufmerksamkeits-Hebel Memes sein können, will er auch das selber gezielt steuern. „Es gibt Memes, die von uns Undercover gemacht und auf Tiktok gespielt wurden. Von Künstlern, die da gar keine Reichweite haben. Die sind durch die Decke gegangen und haben dafür gesorgt, dass eine Single von denen super gestreamt wurde und auch Gold gegangen ist“, sagt er. „Sowas funktioniert super. Und wir haben auch jemanden bei uns, der für Memes verantwortlich ist. Der sitzt da und baut Memes.“ Wenn eins von einhundert funktioniert und wirklich viral geht, sei das eine super gute Quote.

Im Plattform-Mix sei Tiktok zwar sehr interessant, aber immer noch am Anfang. „Bis jetzt hat sich das noch nicht wirklich als Plattform für ernstzunehmenden Rap durchgesetzt“, sagt Xatar. Da haben die klassischen Plattformen, Youtube und Instagram, noch die Nase vorn. Auf in Summe zehn Millionen Abonnenten kämen die Label-Künstler, die bekanntesten dürften hierzulande SSIO, Eno, Mero und Schwesta Ewa sein. Auf Instagram seien es fast 25 Millionen. „Das wächst stetig, weil wir auch in Brasilien signen“, so Xatar. Den größten Einfluss auf die gesamte Branche hätte aber eine andere Plattform: „Spotify ist für Rap das größte Blessing, was es je gab in der Geschichte. Das hat dafür gesorgt, dass Rap das größte Genre ist.“

G-Ventures statt G-Unit

Für eines der neuesten Projekte von Xatar wäre G-Unit (Hip-Hop-Gruppe von 50 Cent) zwar ein recht passender Name gewesen; und auch Xatar gefällt der Versprecher von Philipp Westermeyer. „So gut!“, lacht er. Korrekt heiße es aber G-Ventures. „Wir arbeiten wie eine Venture-Capital-Firma. Das Kapital, was wir geben, ist aber Reichweite. Und virale Gags“, so Xatar. „Wir gehen mit bestimmten Prozenten in Startups rein und machen das Ding bekannt. Das haben wir gerade angefangen, das funktioniert ziemlich gut.“

Ein wichtiges Element dieser Strategie, junge Marken bekannt zu machen, dürften auch Videoplacements sein. „Ich weiß gar nicht, ob irgendjemand so viele Video-Placements macht, wie wir“, sagt Xatar. Insgesamt sei die Akzeptanz von Kooperationen bei Fans und auch Künstlern in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. „Das alte Denken ist: Das ist nicht cool und künstlerisch. Aber das neue Denken ist: Das juckt keinen mehr.“ So tauchen im neuesten Video, der Single „Hrrr“ des gleichnamigen aktuellen Albums, gleich mehrere Marken auf: ein Energy-Drink und das aktuell stark expandierende Franchise „Royal Donuts“. „Hrrr“ ist übrigens auch wieder eine Art Meme. Ursprünglich hin und wieder nur als Adlib, also wiederkehrendes Geräusch in Tracks, genutzt, entwickelte sich der Geldzählmaschinen-Sound in den vergangenen Jahren zu sowas wie einem Corporate Sound von Xatar.

Und auch abseits von Placements hätte die Zusammenarbeit mit Marken in den vergangenen Monaten einen Höchststand erreicht; Sponsorings nehmen immer weiter zu. „Teilweise ist der Posten bei einigen Künstlern schon größer, als die Einnahmen durch Musik“ sagt Xatar. „Wir bauen gerade an sehr vielen Produkten. Und arbeiten dafür mit vielen großen, teilweise auch sehr konservativen Playern aus Deutschland zusammen.“ Trotzdem sei die Musik immer noch das wichtigste Element. „Unser Kerngeschäft ist und bleibt die Musik. Alles, was passiert, ist nur connected zu der Musik. Und ohne die läuft gar nichts“, so Xatar.

Im OMR Podcast erzählt Xatar Philipp Westermeyer außerdem, wie er über Clubhouse zuletzt acht neue Künstler unter Vertrag genommen hat, er nennt Details zum Film von Fatih Akin, kündigt eine eigene Grill-Linie an – und verrät, weshalb das aktuelle Album „Hrrr“ nicht in den Albumcharts auftaucht.

Unsere Podcast-Partner im Überblick:

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Alle Themen des Podcasts mit Giwar „Xatar“ Hajabi im Überblick:

  • So beschreibt sich Xatar selber (ab 05:30)
  • Diese Pläne hat er mit seinem neuen Label „Goldmann Music“ (ab 06:30)
  • Wie ein altes Video-Interview aus seiner Zeit im Gefängnis zum Meme und Grundstein für ein Köftespieß-Franchise wurde (ab 07:45)
  • Wie sich seine Gefängnisaufenthalte im Irak und in Deutschland unterschieden haben (ab 05:50)
  • Xatar über sein Elternhaus, das Aufwachsen in Bonn und sein Verhältnis zu Geld (ab 10:05)
  • In seiner Schulzeit hat er vor allem Ausgrenzung erfahren. Ist er deshalb heute Künstler? (ab 12:10)
  • Wie eine Schiesserei auf einem Konzert für die Teilnahme an einem RTL2-Format gesorgt hat, die Xatar heute eher peinlich ist (ab 14:35)
  • Xatar darf nie wieder in die USA einreisen. Schuld: Eine Party in der Playboy Mansion, ein Gefängnisaufenthalt und die Flucht nach Mexiko (ab 17:00)
  • Welche Rolle spielt der Xatars Vergangenheit für seine Karriere? Und was ist für ihn echter Deutsch-Rap? (ab 20:15)
  • Viralität spielt für Xatars Entscheidungen heute eine zentrale Rolle. Aber wie nachhaltig ist so erzielter Erfolg? (ab 23:30)
  • Die vor fünf Jahren von Xatar gelaunchte Sisha-Tabak-Marke ist gefloppt. Weshalb? Und was hat er daraus gelernt? (ab 27:30)
  • Wie Xatar Künstler zu eigenen Brands und Unternehmern aufbaut (ab 28:30)
  • So relevant sind Video-Placements für Xatar (ab 30:15)
  • Welche verschiedenen Erlösströme haben Xatar und seine Labels? (ab 33:05)
  • So funktioniert die Beteiligungsstrategie von G-Ventures (ab 34:00)
  • Wie viele Menschen arbeiten bei Xatars Labels? Immerhin hat er den kompletten siebenstöckigen „Goldmann Tower“ in Köln gemietet. (ab 35:20)
  • Rückt bei all den Aktivitäten die Musik irgendwann in den Hintergrund? (ab 37:20)
  • Smoothies mit Köftespieß-Aufschrift? Über den „Beef“ mit True Fruits (ab 38:50)
  • Welche Rolle spielt Humor für die Marke Xatar? Und wie gezielt nutzt er die Potenziale von Memes wirklich? (ab 40:00)
  • Welche Plattformen sind für Xatar und seine Labels am wichtigsten? (ab 43:05)
  • Glaubt Xatar an einen langfristigen Erfolg von Clubhouse? (ab 45:00)
  • Über die Relevanz von Spotify und die Macht von Playlists (ab 47:10)
  • Deshalb hat Xatar sein aktuelles Album „Hrrr“ genannt. Weshalb taucht es aber nicht in den Album-Charts auf? (ab 50:15)
  • Kann sich Xatar vorstellen, Investoren an Bord zu holen? (ab 54:30)
  • Diese Palette an Tiefkühl-Produkten soll ab Mitte März im Einzelhandel verkauft werden (ab 57:00)
  • Xatar hat eine abgeschlossene Ausbildung zum IT-Assistenten (ab 59:40)
  • So kam es dazu, dass Fatih Akin Xatars Leben verfilmen wird (ab 01:04:30)
  • Ist Xatar politisch? (ab 01:10:40)
  • Wo sieht sich Xatar in fünf bis zehn Jahren? (ab 01:14:05)
  • Welche Pläne hat Xatar noch mit seinem eigenen Podcast, dem „Pobidcast“? (ab 01:18:10)

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Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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