„Super Streusel“: Zwei Schwestern bauen ein Business aus kreativen Streusel-Mischungen

Martin Gardt4.12.2020

Daniela Sichting und Katharina Decker haben in nur zwei Jahren eine riesige Community rund um essbare Verzierung aufgebaut

Die Gründerinnen von Super Streusel
Die Super-Streusel-Gründerinnen Daniela Sichting (l.) und Katharina Decker

Es ist mal wieder Zeit für das alljährliche Plätzchenbacken. Neben Butter, Mehl und Hitze sind dabei bunte Streusel die wichtigste Zutat, damit die ausgestochenen Kunstwerke auch „nach etwas aussehen“. Weil sie die Supermarkt-Auswahl an bunter Verzierung zu langweilig fanden, haben die Schwestern Daniela Sichting und Katharina Decker „Super Streusel“ gegründet. Sie verkaufen höherpreisige Streusel-Mixe im eigenen Online-Shop. Uns haben sie erzählt, was ihre Produkte so anders macht, wie sie sich in kurzer Zeit 60.000 Instagram-Follower aufgebaut haben und wie viele Streusel-Pakete in der Weihnachtszeit an die Kunden rausgehen.

„Wir kommen aus dem Rheinland und sind in der Konditorei unserer Eltern groß geworden“, erzählt Daniela Sichting im Gespräch mit OMR. Nach einer Zeit in der Medienbranche hatte sie in einem freien Moment vor acht Jahren Cake-Pops (Küchlein am Stil) gebacken. Nach positivem Feedback von Freunden und Familie startet sie mit ihrer Schwester Katharina Decker „guter Kuchen“ – ein Online-Shop für Cake Pops, der sich in erster Linie an eine B2B-Zielgruppe wendet, vor allem Firmen, die Events veranstalten oder auf Messen ausstellen. Damit die Produkte gut aussehen, braucht es die richtige Verzierung. „Wir haben gedacht: In Deutschland sehen Streusel immer langweilig aus. Warum gibt es hier keine coole Deko?“, so Dani Sichting. „2018 haben wir drei Tonnen Streusel bestellt und uns unsere eigenen Mixe ausgedacht.“

Selbst mixen, verpacken, verschicken

So startet die Geschichte von Super Streusel vor zwei Jahren. In kurzer Zeit haben die beiden es geschafft, sich mit ihren hochwertigen und höherpreisigen Streusel-Mischungen am Markt zu etablieren. Pro Monat verschicken sie durchschnittlich 3.000 Pakete an ihre Kunden. In der Weihnachtszeit zieht das Geschäft nochmal an. In der vergangenen Woche seien zwischen 300 und 600 verschickte Pakete am Tag die Regel gewesen. Dabei sind die Streusel-Mixe wie angedeutet teurer als klassische Zuckerkugeln aus dem Supermarkt. 90 Gramm der Weihnachtsmischung „HoHoHo“ kosten 6,77 Euro, 180 Gramm gibt’s für 10,70 Euro. Selbst wenn man von einem extrem kleinen Warenkorb von unter sieben Euro und 300 verschickten Paketen ausgeht, wäre aktuell ein Monatsumsatz von über 60.000 Euro für Super Streusel drin. Die reale Zahl dürfte in der Weihnachtszeit deutlich darüber liegen. Genaue Umsatzzahlen wollen die Gründerinnen nicht kommunizieren.

Streusel-Mix "ZipfelZapfel" von Super Streusel

Ein aktueller Weihnachts-Streusel-Mix von Super Streusel. Der Name: „ZipfelZapfel“

„Konfettiparade ist unser großer Renner. Das ist auch der Mix, mit dem wir angefangen haben. Zu unserem zweiten Geburtstag war der zum ersten Mal reduziert und sofort ausverkauft“, erzählt Daniela Sichting. „Streusel gibt es schon immer. Aber wir werten sie mit ganz viel Spaß, Qualität und Glücksgefühl auf.“ Jede Bestellung komme in pinker Verpackung und Extras wie einem Ausmalbild für den Nachwuchs. Und es stecke viel Handarbeit in den Mischungen. „Wir produzieren die Streusel-Mixe selbst in unserer neuen Location, verpacken und versenden auch selbst. Allein die ‚Konfettiparade‘ [ein Streusel-Mix, Anm. d. Red.] hat zum Beispiel über 20 verschiedene Streusel-Zutaten“, erklärt Katharina Decker. „Wir versuchen uns als Premiummarke zu positionieren. Nicht jeder darf Super Streusel verkaufen.“

Erlebnis im eigenen Online-Shop bieten

Um die Premium-Erfahrung der Kundschaft selbst in der Hand zu haben, setzen die beiden Gründerinnen vor allem auf den eigenen Online-Shop als Verkaufskanal. 80 Prozent aller Verkäufe wickle Super Streusel hier ab. Zusätzlich finde man die Produkte deutschlandweit in etwa 200 kleineren Geschäften und zum Teil jetzt bei Edeka und Budnikowsky (eine vor allem in Norddeutschland agierende Drogeriekette). „Weil wir vorrangig über den eigenen Online-Shop verkaufen, wissen wir viel über unsere Kundinnen und die ganz viel über uns“, sagt Daniela Sichting. Dieses tiefere Verständnis sei der große Vorteil gegenüber Supermarkt-Wettbewerbern.

Super Streusel Online-Shop

Verschiedene Streusel-Mixe im Online-Shop von Super Streusel

Einer Plattform kann sich aber auch Super Streusel nicht verschließen. „Bei Amazon verkaufen wir seit einem Jahr. Das steuern wir ganz bewusst und listen nur einen Bruchteil unserer Produkte“, so Sichting. So tauche das Unternehmen bei der Streusel-Suche zwar auf, das ganze Erlebnis gebe es digital dann aber doch nur im eigenen Shop. Aktuell fahren die Gründerinnen auch eine Aktion bei Westwing. Und in einer H&M-Home-Filiale in der Hamburger Innenstadt betreiben sie in der Weihnachtszeit eigenen eigenen Pop-Up-Store. Offensichtlich zielen Sichting und Decker auf Abstrahleffekte auf ihre „Super Streusel“-Marke ab, indem sie die Produkte in einem lifestyligen Wohn-Accessoires-Umfeld platzieren.

Mit viel Intuition zu 60.000 Insta-Abos

Aber woher kommen all die Super-Streusel-Kundinnen (zu 99 Prozent kaufen Frauen im Shop ein)? Das wichtigste Vehikel für das Unternehmen ist Instagram. Hier haben die Gründerinnen in zwei Jahren knapp 60.000 Abonnenten gewonnen. Allein seit Juli 2020 hat der Kanal laut dem Analyse-Tool Infludata seine Follower-Zahl verdoppelt. „Für Super Streusel haben wir direkt bei der Gründung einen Instagram-Kanal gestartet. So richtig Energie haben wir dann ab Mitte 2019 in die Stories reingesteckt, nachdem wir im Sat.1-Frühstücksfernsehen waren. Seitdem nehmen wir die Follower in unseren Stories mit auf unserem Weg“, erzählt Daniela Sichting. „Die Strategie bei Instagram ist, dass es keine geplante Strategie gibt. Wir planen nicht jede Story im Voraus oder machen einen Drehplan. Wir nehmen die Leute mit, erzählen was wir gerade machen und sind, wie wir sind.“

Eine gewisse Strategie ist mit dem Blick auf die Posts des Super-Streusel-Kanals dann aber doch zu erkennen. „Unsere Instagram-Seite präsentiert nicht die Produkte und schreit ‚Kauf das!‘. Wir machen einfach unser Ding und zeigen, wie zwei Schwestern von Null ein Business aufziehen“. so Sichting. So sind meist Kuchen abgebildet, die mit Super Streuseln verziert sind. Das eigentliche Produkt, also Streusel in Döschen, wird nur sehr selten gezeigt. Und trotzdem landet ein Großteil der Kundinnen von Instagram aus im Super-Streusel-Shop. „Wir geben kein Geld bei Instagram aus und sind auch in Sachen SEO super aufgestellt. Unser Marketing-Budget steckt in SEA, damit wir in der Suche auch Wettbewerbern zuvorkommen können“, erklärt Katharina Decker. 

Influencer und Gründerinnen als Ideengeber für die Community

„Wir vergleichen uns nicht mit Dr. Oetker & Co., das sind tolle, traditionelle Marken, die finden im Supermarkt statt. Unsere Zielgruppe ist internetaffin, online und sucht nach Neuem“, sagt Gründerin Sichting. Ihre Schwester fügt hinzu: „Es gibt drei Zielgruppen für uns: Hobbybäcker, die ganz viel backen. Ausprobierer, die nicht oft backen, aber was Cooles machen wollen. Und Menschen, die Plätzchen backen müssen und sie trotzdem schön, schnell und einfach hinbekommen wollen.“

Um all diese potenziellen Kundinnen abzuholen, sehe sich das Super-Streusel-Team vor allem als Helfer. „Wir zeigen den Leuten, wie sie einfach backen und verzieren können. Wir sind Ideenproduzent“, sagt Daniela Sichting. Das machen die Schwestern auf der einen Seite mit Torten- und Keks-Vorschlägen auf Instagram. Als Grundlage vieler Rezept-Posts auf der Plattform dient auch eine eigene Rezepte-Kategorie im Online-Shop.

Back-Challenges für die Community der „Super Streusler“

In der Corona-Zeit habe diese Inspirations-Strategie besonders gut funktioniert. Die Idee: Eine Back-Challenge, bei der die Community mitmachen soll. Im April 2020 beginnt Co-Gründerin Katharina Decker zum Beispiel damit (mit Streuseln verzierte) Eclaires zu backen und fordert die Community auf, diese nachzubacken. Jetzt laufe die Back-Challenge 2.0, die komplett durch besonders treue (von den Gründerinnen „Super Streusler“ genannte) Fans durchgeführt wird. Jede Woche übernehme ein Community-Mitglied eine Backaufgabe – dann backen die Instagram-Abonnenten nach. So stellen die Gründerinnen immer wieder Interaktionen zwischen der Marke und ihren Fans her.

Aber egal, wie eng die Schwestern selbst als „Mini Personal Brands“ an ihrer Community auf Instagram auch sein mögen: Ein wichtiger Faktor für das Wachstum auf der Plattform sind auch Influencer. „Wir haben ein paar Blogger, mit denen wir eine Streusel-Liebe teilen. Authentizität ist das Entscheidende“, so Daniela Sichting. „Instagram ist für uns auch ein Hobby. Wir sind Leuten gefolgt, die wir selber gut finden. Die haben wir nett angeschrieben und gefragt, ob sie mit uns zusammen die Welt ein bisschen bunter machen wollen.“

Das Sortiment soll um neue Produktkategorien erweitert werden

Viele Kooperationen mit kleineren Instagrammerinnen laufe daher auch einfach ohne Bezahlung. Den größten Push habe aber eine größere deutsche Influencerin gegeben: Marry Kotter. Die vor allem für ihre Back-Kreationen bekannte Bloggerin (145.000 Abonnenten auf Instagram) verziert ihre Werke ausschließlich mit Super Streuseln. „Zu Marry Kotter haben wir eine tolle Beziehung. Mit ihr sind wir groß geworden und durften dieses Jahr sogar ein Teil ihrer Überraschungsparty zum Geburtstag sein. Eine megagroße Ehre für uns“, erzählt Katharina Decker.

Weil es im Streusel-Business so gut läuft, haben die beiden Gründerinnen bereits eine weitere Produktkategorie aufgenommen. Hinter den sogenannten „SuperDrips“ verbirgt sich eine Zuckermasse, die in Flaschen geliefert wird. Nach kurzem Aufwärmen kann die Masse zum Verzieren auf Torten und anderes Gebäck getropft werden. Damit soll aber noch nicht das Ende der Produktpalette erreicht sein. Demnächst komme die nächste Idee auf den Markt – und die Streusel-Schwestern rechnen schon jetzt mit Begeisterung in der Community. „Unsere Super Streusler sind immer voll on Fire, wenn wir was Neues rausbringen“, sagt Katharina Decker.

Nicht nur an Weihnachten soll gestreuselt werden

Aber auch das Streusel-Business soll weiter wachsen. Schon zum Start vor zwei Jahren hatte Daniela Sichting große Ziele: „In fünf Jahren soll jedes zweite Weihnachtsplätzchen mit Super Streusel verziert sein.“ Damit das klappt, muss die Marke aber das gesamte Jahr in den Köpfen der Menschen stecken. Das klappe auch jetzt schon durch die immer neue Einführung neuer Streusel-Mixe. „Weihnachten ist natürlich eine Hochzeit, weil jeder Plätzchen backt. Aber du kannst dir deine Peaks auch selber machen, wenn du Ideen hast“, so Co-Gründerin Decker. Zu jedem Ostern, Karneval, Halloween werde es komplett neue Streusel-Mixe geben, sodass der Will-Haben-Faktor bei den Kundinnen nicht abebbt. Die Valentinstags-Streusel sollten also schon in Planung sein.

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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