Wie die Spread Group mit On-Demand-Merchandise ihren Umsatz boostert

Florian Rinke17.3.2023

T-Shirts, Pullover oder Kissen mit beliebten Film-Logos und Co. gibt es schon lange. Doch das Geschäft verändert sich

Von "Zurück in die Zukunft" über die "Minions" bis zu "The Big Lebowski" reicht das Portfolio der Spread Group inzwischen. Fotos: Spread Group
Von "Zurück in die Zukunft" über die "Minions" bis zu "The Big Lebowski" reicht das Portfolio der Spread Group inzwischen. Fotos: Spread Group

Merchandising-Artikel hat Walt Disney bereits vor 100 Jahren erfunden. Bis heute spielen sie beim Aufbau von Marken eine wichtige Rolle. Die Spread Group aus Leipzig setzt immer stärker auf diesen Trend. Denn die Technik ermöglicht immer individuellere Angebote und On-Demand-Produktionen. Ein Hidden Champion aus Niedersachsen ist den Leipzigern beim Merchandise-Vertrieb allerdings noch weit voraus.

Uli Hoeneß erkennt die Chance früh. Mit gerade mal 27 Jahren übernimmt er Ende der 1970er Jahre den Posten des Managers beim FC Bayern. Der Verein ist damals fast vollständig abhängig von den Zuschauer-Einnahmen. Das will Hoeneß ändern. Bei Reisen in die USA hatte er gesehen, wie Football-Clubs dort ganze Geschäfte mit Fan-Artikeln betreiben, die von einer sehr heterogenen Kundschaft besucht wurden. „Und wir hatten damals eine Poststelle, wo wir Wimpel und Postkarten verkauft haben“, hat er rückblickend mal erzählt. Hoeneß übernimmt das Konzept für den Fußball-Club – und etabliert damit Fußball-Merchandising in Deutschland. Inzwischen macht der FC Bayern allein durch Merchandising jährlich einen Umsatz von mehr als 90 Millionen Euro.

Das Geschäft mit Merchandising-Produkten ist ein weltweiter Milliarden-Markt. Und dank Technologie wird es immer leichter, in diesem Geschäft mitzumischen. Denn immer mehr Unternehmen wie beispielsweise die Spread Group aus Leipzig bieten so genannte On-Demand-Lösungen an, bei denen nicht mehr große Stückzahlen Ware im Voraus produziert werden müssen. Stattdessen können Merchandising-Produkte immer individualisierter gestaltet werden. „Die Gesellschaft wird immer schnelllebiger und der Drang nach Individualisierung ist groß“, sagt Sven Burscher, Head of Licensing der Spread Group. Er glaubt: „Bei den Merchandise-Partnern wird der Anteil im Print-on-Demand-Bereich deutlich zunehmen.“

Walt Disney hat die Fanartikel erfunden

Erfunden wurden Fanartikel angeblich von Walt Disney, dessen Konzern heute der größte Lizenzgeber für Merchandising-Produkte der Welt ist. Allein 2020 soll der US-Konzern mehr als 55 Milliarden US-Dollar mit Produkten umgesetzt worden sein, für die Anbieter eine Lizenz von Disney hatten. Allein der Spielzeug-Hersteller Lego vertreibt diverse Lizenz-Produkte aus dem Disney-Universum, vom Cinderella-Schloss bis zum Millennium Falcon aus Star Wars (mit immerhin 7541 Teilen für mehr als 800 Euro). Begonnen hat alles allerdings bereits in den 1920er Jahren, als zunächst ein Knopf mit einer Disney-Figur versehen wurde. Wenig später wurde Walt Disney dann von einem Geschäftsmann gefragt, ob er für 300 Dollar Schreibtafeln mit Micky Mouse vertreiben dürfte. Disney willigte ein.

Heute gibt es im Medienbereich nicht nur von Disney Merchandise-Artikel, auch andere Produzenten wie Netflix oder Universal nutzen die Strahlkraft ihrer Marken, um mit Fanartikeln zusätzliche Umsätze zu machen – oder durch Merchandise das eigene Markenportfolio noch bekannter. Die Warner Music Group hat beim Merchandising-Spezialisten EMP aus dem niedersächsischen Lingen sogar gleich die Mehrheit übernommen. Das Unternehmen war Mitte der 1980er Jahre mit Rock- und Metall-Merchandise gestartet. Heute macht es mit Musik-, Film- und sonstigen Fanartikeln mehr als 280 Millionen Euro Umsatz. Der Gewinn liegt dabei bei knapp 18,6 Millionen Euro.

Die Spread Group setzt auf Lizenz-Produkte wie Knight Rider

Die Entwicklung von EMP dürfte man auch bei der Spread Group verfolgt haben. Denn auch die Leipziger haben große Ambitionen, mit Merchandising-Produkten weiter und schneller zu wachsen. Dazu wurde nun auch die Partnerschaft mit dem Filmstudio Universal weiter ausgebaut, um auch Merchandising zu Film- und Serien-Klassikern wie Knight Rider, Jurassic Park oder Fast & Furious anbieten zu können. Kund*innen können nun Kleidung und Accessoires mit Motiven bedrucken lassen und diese beispielsweise durch unterschiedliche Farben individualisieren.

„Licensing ist ein stark wachsender Bereich und eine wertvolle Ergänzung zu unserem Kerngeschäft“, sagt Sven Burscher. Man werde die Prognosen für dieses Jahr wahrscheinlich übertreffen. Zuletzt hatte das Unternehmen nicht nur mit Universal, sondern auch mit dem Streamingdienst Netflix und mit Youtube Partnerschaften vereinbart. Daher lässt sich inzwischen auch zu Netflix-Serienhits wie Stranger Things individualisierteres Merchandise bei Spreadshirt erwerben. Creator können dabei über die Spread Group-Marke Spreadshop auch eigene Shop-Systeme aufbauen und dort Merchandise für ihre Follower und Fans anbieten.

Allein zu The Big Lebowski gibt es Tassen, T-Shirts und verschiedene Schürzen

„Wenn die Kollektion richtig eingesetzt wird und individuell gestaltet werden kann, ist es auch heute noch einer der wichtigsten Faktoren, um Serien- und Filmerfolge auch langfristig monetarisieren zu können. Beispiele wie Squid Game oder Stranger Things zeigen das Potenzial, wenn cineastische Produkte eigene Marken werden“, sagt Sven Burscher (wie Netflix Marken aufbaut haben wir hier beschrieben). Der klassische Einzelhandel ist laut Burscher aufgrund der hohen Vorlaufzeiten zurückhaltender geworden ist bei Lizenz-Produkten. Ein Grund: Speziell in der Corona-Pandemie wurden immer wieder Film-Starts verschoben. Die Spread Group will hingegen das Geschäft weiter ausbauen, mit speziellem Fokus auf On-Demand-Produkte, die große Handelsketten so natürlich nicht anbieten können.

Wichtig ist dafür aber auch, die richtigen Marken im Portfolio zu haben. Einerseits werden die Produkte erst auf Bestellung produziert, wodurch Anbieter wie Spreadshirt mit deutlich weniger Kapitaleinsatz große Mengen an verschiedenen Designs und Kombinationen anbieten können. Andererseits hilft das nichts, wenn sich niemand für die Filme und Co. interessiert. Die Spread Group setzt daher auf eine Mischung aus Hits aus den 1980er Jahren und aktuellen Titeln bzw. Film-Reihen. Allein zum Film The Big Lebowski gibt es diverse Schürzen, T-Shirts, Tassen oder Kissen. Der Film genießt Kult-Status, es gibt eine Fan-Gemeinde. Beim neusten Teil der Film-Reihe Fast & Furious wiederum, der im Mai in die Kinos kommt, setzt man dagegen auch auf das Momentum – und ein bisschen Unterstützung. „Ab und zu gelingt es uns, mit einem QR-Code auf den Kinoplakaten platziert zu werden. Fans können damit direkt zum offiziellen Fan-Merch gelangen“, sagt Sven Burscher.

Creator können mit Spread Group Shop bei Youtube-Kanal einbauen

Bei Youtube wiederum setzt die Spread Group auch auf eine direkte Einbindung des Shops in den jeweiligen Kanal. So können Nutzer*innen die Produkte direkt über Youtube kaufen. Beim Start des Angebots 2020 war unter anderem die europäische Raumfahrtagentur ESA Launch-Partner. Parallel setzt die Leipziger Unternehmensgruppe inzwischen auch auf den Verkauf von Firmen-Merch (das Konzept der Tochter-Firma Mula haben wir hier vorgestellt) sowie bedruckte eigene Produkte. Mit letzteren ist das Unternehmen 2002 auch gestartet. Inzwischen werden jährlich Millionen T-Shirts, Pullover und Mützen verkauft. Allein 2021 wurde damit ein Umsatz von rund 175 Millionen Euro erzielt – bei einem allerdings nur schmalen Gewinn von 2,2 Millionen Euro.

Dennoch, gemessen an den Erwartungen zum Start ist die Entwicklung des Unternehmens mit seinen inzwischen rund 1200 Mitarbeitenden eine der großen Erfolgsgeschichten der frühen deutschen Startup-Szene. Geglaubt haben daran nicht alle. Als Gründer Lukasz Gadowski 2002 mit seiner Idee bei einem Business-Plan-Wettbewerb in Köln antritt, ist man dort skeptisch. Das Geschäftsmodell sei unrealistisch, heißt es. Das Potenzial von Merchandise hatte man da offenbar nicht mal einberechnet.

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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