Snapchat im Marketing: So clever nutzen die einhorn-Gründer die App

Martin Gardt12.7.2016

Die Gründer des Berliner Kondom-Startups erklären ihre Snapchat-Strategie im Rockstars Report-Interview

einhorn Snapchat
Die einhorn-Gründer Philip Siefer (l.) und Waldemar Zeiler

Authentisch, unterhaltsam und verdammt nah dran – einhornberlin zeigt, wie Snapchat für junge Unternehmen funktionieren kann. Für unseren gerade veröffentlichten Snapchat Marketing Report haben wir mit einem der Gründer gesprochen. Das Interview mit Philip Siefer veröffentlichen wir hier schonmal in voller Länge. Unser Rating: Extrem spannend!

Hallo Philip. Warum habt ihr mit Snapchat angefangen? Was war eure Motivation? Unser Einhorn-Fohlen Inka hat mir Snapchat irgendwann erklärt und ich bin sofort süchtig geworden. Mir ging das von Beginn an viel leichter von der Hand, als andere Social Media Kanäle. Wir haben dann recht schnell gemerkt, dass die ungefilterte und nicht auf Dauer ausgelegte Kommunikation bei Snapchat eine perfekte Ergänzung zu unseren anderen Social-Plattformen ist. Wir sind ja eine Company, die schon immer sehr stark vom Storytelling und der Identifikation unserer Kunden mit der Brand lebt. Snapchat ist für uns daher perfekt. Ein tatsächlich authentischer Kanal, der uns tolle Möglichkeiten bietet, unseren Alltag als Gründer in all seiner Verrücktheit zu teilen. Das fühlt sich einfach alles sehr echt an auf Snapchat und funktioniert in dieser Form weder auf Instagram noch auf Facebook.

Wie haben sich eure Abrufzahlen in den vergangenen Monaten entwickelt? Erst waren es so 20 Views pro Snap, dann irgendwann 50. Und dann hat der deutsche Snapchat-Guru Philipp Steuer (philippsteuer) über uns gesnapped und erklärt, dass wir es drauf haben. Danach hat dann noch Jennifer Weist (maerjungfrau) – die Sängerin von Jennifer Rostock – einfach so erzählt, dass sie unseren Kanal mag und unsere Mission. So kam das irgendwie alles ins Rollen. Inzwischen erreichen unsere Snaps gute vierstellige Viewzahlen und unsere Stories werden von mehr als 80 Prozent der Nutzer komplett angesehen. Das sind jetzt zwar noch keine Mega-Reichweiten, der Kontakt zu unseren Followern ist auf Snapchat aber spürbar viel enger als auf anderen Plattformen. So viel ungeteilte Aufmerksamkeit und echte Interaktion wie bei Snapchat bekommt man als Brand in anderen sozialen Netzwerken gewöhnlich nicht.

Wie unterscheidet sich euer Content auf Snapchat zu dem auf YouTube, Instagram oder Facebook? Er ist wesentlich spontaner und direkter. Man muss nichts bearbeiten, stellen oder mühsam zurecht bauen. Snapchat gibt uns die Möglichkeit, vollkommen ungefiltert unsere Story zu erzählen. Das Erstaunlichste für mich bei Snapchat ist die Menge an Feedback, die wir von unseren Nutzern bekommen. Wenn wir in unseren Snaps nach Meinungen und Kommentaren fragen, kommen da am Tag zwischen 50 und 100 Antworten. Und zwar als private Nachrichten! Snapchat bietet ja keine Möglichkeit, eine Story öffentlich zu kommentieren. Das ist echt krass. Die Nutzer, unsere Freunde, antworten viel ungezwungener und oftmals sehr hilfreich. Insgesamt haben wir auf Snapchat noch keinen einzigen negativen Kommentar bekommen. Nur nette Sachen, und das obwohl es so anonym ist.

Nutzt ihr anderen Social Media Kanäle aktiv um Leute auf euer Snapchat-Account aufmerksam zu machen? Wenn ja, wie macht ihr das? Ja, wir haben das Profilbild bei den anderen Plattformen zeitweise getauscht und dort unseren Snapcode eingesetzt. Auf Facebook haben wir außerdem Ausschnitte unserer Story gepostet, um auf Snapchat hinzuweisen. Wie viele Follower solche Aktionen genau bringen, kann ich gar nicht sagen. Auch wenn wir sonst bei vielen Themen sehr genau auf die Zahlen schauen, hören wir bei Social Media Plattformen besonders am Anfang gerne auf unseren Bauch. Snapchat fühlt sich für uns einfach sehr richtig an, da stehen die harten Zahlen erstmal etwas im Hintergrund.

Wie baut ihr Reichweite auf Snapchat auf? Was war für euch dabei der größte Hebel? Die Influencer sind sicherlich der größte Hebel für den kurzfristigen Reichweitenaufbau. Für uns waren das bisher vor allem Philipp Steuer, Jennifer Weist und unsere Kollegin Jessi Wunderland. Ich glaube aber, dass es für ein nachhaltiges Wachstum am wichtigsten ist, eine nette, echte Geschichte zu erzählen.

Wie viele Snaps macht ihr am Tag? Zwischen 10 und 100, an manchen Tagen drehen wir ab! Am Wochenende eher ein bisschen weniger.

Über was snappt ihr? Total unterschiedlich, meistens über Sachen die wir in unserem Daily Business erleben. Meetings, Situationen im Büro oder Entscheidungen die wir fällen müssen. Wir snappen auch über unsere Erfolge, Aktionen und Siege, aber auch über Sorgen, Probleme und Nöte. Eben das Leben des einhorns! Gerade snappe ich, dass ich dieses Interview beantworte und mich sehr freue, dabei sein zu dürfen ;).

Sind eure Snaps spontan oder plant ihr, was ihr zeigen und sagen wollt? Wir snappen immer spontan.

Welche Art von Snaps begeistern euch als Empfänger? Was schaut ihr euch gerne an, was drückt ihr schnell weg? Action! Nudity, schlaue Erklärungen, aufregende Geschichten! Ich finde so Monologe immer anstrengend, aber ich bin mir sicher, auch das wird geguckt!

Philip Siefer snappt mit Günther Oettinger.

Philip Siefer mit Günther Oettinger.

Habt ihr bei Snapchat schon mit Influencern zusammengearbeitet, um eure Produkte zu bewerben? Haltet ihr das für sinnvoll? Ja haben wir. Unsere Koops sind immer ein bisschen anders, weil wir kein Budget haben. Das heißt also entweder volle Identifikation oder eben keine Koop. Influencer, die uns supporten, glauben an unsere Mission und das ist uns sehr wichtig. Unsere Marke hat ein paar echte Fans und Freunde und dazu gehören glücklicherweise auch Influencer, die manchmal etwas für uns machen. Uns ist es wichtig, dass die Leute, die für uns werben auch wirklich zu uns passen und hinter der Marke stehen. Wir haben da ein paar Sachen probiert und haben das Glück, mit Felix von Buzzbird im Büro zu sitzen. Er hilft uns sehr, hier gute Entscheidungen zu treffen.

Habt ihr ein Social-Media-Budget für Werbeaktionen bei Snapchat und anderen Plattformen? Kaum, vielleicht 500 Euro im Monat. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass der Schlüssel zum Erfolg auf diesen Plattformen selten in gekauften Aktionen liegt. Unser erfolgreichster Post auf Facebook ist mein Neffe, der einen dreckigen Witz erzählt. 700 Likes später saßen Waldi und ich vor dem Mysterium Internet und hatten keinen einzigen Euro für Werbung ausgegeben. Trotzdem ging der Post ab ohne Ende. Andere Sachen failen kläglich trotz 50€ Ad-Boost, weil sie einfach keinen interessieren. Wir wachsen als Company gerade aus dem Cashflow und bauen unsere Marke vor allem über Storytelling. Dazu brauchen wir nur wenig Geld. Um klassische Werbung zu machen, müssten wir eine Investitions-Runde machen. Die machen wir auch irgendwann, aber nicht jetzt. So viel wie im aktuellen Bootstrap-Sparstrumpf-Modus lernen wir nie wieder!

Welches Potential seht ihr für Brands bei Snapchat? Warum braucht ihr diesen neuen Kanal? Das Beeindruckendste bisher ist die Interaktionsrate bei Snapchat! Wir haben kürzlich einen „Einsaurier“ (ja, gibt es wirklich) verlost. Um teilzunehmen, musste ein Screenshot gemacht werden. Unglaubliche 40 Prozent unserer Snapchat-Freunde haben den Screenshot gemacht! Auf Instagram raste ich bei 10 Prozent Interaktionsrate aus und niemand hat danach ein Foto von unserem Produkt auf dem Handy. Bei Facebook sind schon 1 Prozent eine tolle Sache. Ich glaube auf Snapchat sind keine ollen Fans die irgendwas liken. Unsere Snaphörner kennen uns und sind sehr nah an der der Marke dran. Sie reiten mit uns ins Einhorn-Land.

Was könnt ihr anderen Start-Ups mitgeben, die auf Snapchat aktiv werden wollen? Wie mit allem im Leben hilft: einfach machen! Schaut doch mal, ob Ihr jemanden im Team habt, der richtig Spaß an Geschichten hat. Oder sucht Leute, die gut Witze erzählen können und lasst sie einfach mal erzählen. Wenn es die Gründer sind, hilft das glaube ich, weil man so die Menschen und damit auch die Marke sehr gut kennenlernt. Und wohl auch wichtig: Wenn es keinen Spaß macht, einfach aufhören. Die Snappies merken das.

Vielen Dank für das Interview Philip!

Snapcode Einhorn

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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