Der Milliarden-Mann: Dieser deutsche Vermarktungs-Vorstand hat in drei Jahren 2,5 Milliarden Euro Wert geschaffen

Martin Gardt2.11.2015
Christian Schmalzl

Ströer-Vorstand Christian Schmalzl hat aus dem Außenwerber den größten Onlinevermarkter Deutschlands gemacht

Christian Schmalzl

Christian Schmalzl

Er steuert eine der kühnsten Unternehmungen, die die deutsche Digitalbranche je gesehen hat: In einer Zeit, in der viele deutsche Vermarkter relativ ratlos mit ansehen müssen, wie sich Google und zunehmend auch Facebook immer mehr Anteile am Werbekuchen sichern und die deutsche Landschaft Milliarden-Bewertungen nur aus den USA oder von Rocket Internet gewohnt ist,  schaltet ein deutsches Familienunternehmen auf Angriff. Mehrere Hundert Millionen Euro investiert der einst als reiner Außenwerber gestartete Vermarkter Ströer in das Geschäftsfeld Online-Werbung, zuletzt durch die Übernahme von T-Online und InteractiveMedia. Vorstand und COO Christian Schmalzl soll den Erfolg des Großangriffs sicherstellen. Könnte in diesem Fall gut sein, dass das klappt. Vokabeln wie „Transformation“ fallen eher weniger, stattdessen packte Schmalzl direkt an. Das Zwischenresultat kann man schon mal vorzeigen. Der Börsenwert von Ströer ist in den letzten knapp drei Jahren um rund 2,5 Milliarden Euro angestiegen. Wer den Herrn nicht kennt, muss dringend nacharbeiten. Am besten am 26.2. bei uns auf der Online Marketing Rockstars-Konferenz. Wir stellen heute Christian Schmalzl vor, der den digitalen Media-Markt massiv aufrollt, monströs gut an der Börse ankommt und im nächsten Februar bei uns auf der Bühne stehen wird.

Der 1973 in Passau geborene Schmalzl ist eigentlich ein Mediacom-Eigengewächs und startete dort 1999 als Trainee seine Karriere. Schon 2002 wird er jüngster Geschäftsführer der Agenturgruppe und übernimmt 2007 die Verantwortung für das ganze Deutschlandgeschäft. 2010 ist Schmalzl gerade 36 Jahre alt und wird zum „Worldwide Chief Operations & Investment Director“ (COO) von Mediacom ernannt. Damit bestimmt er die Strategie der internationalen Mediagruppe, die zur Muttergesellschaft GroupM und damit zu WPP gehört. GroupM ist insgesamt die größte Media-Investment-Company der Welt und hätte sicher auch für Top-Manager Schmalzl noch weitere Aufstiegschancen bereit gehalten. Stattdessen entscheidet er sich 2012 für Ströer, den damals nach einer passenden Strategie suchenden Außenwerber. Viel ist über Schmalzl nicht bekannt, er hält sich – genau wie Ströer Großaktionär Udo Müller – meist im Hintergrund. Doch die Zahlen lügen nicht: Der Werbekonzern war damals knapp 280 Millionen Euro wert und steht heute an der Börse bei 2,8 Milliarden Euro. Oder anders gesagt: Während Akteure, denen der Name Schmalzl wenig sagt, etwas geträumt haben, performen Schmalzl und Müller richtig. Und sie sind scheinbar noch nicht fertig.

Einkaufstour zum Start und stetiger Aufstieg

Schmalzl sorgte kurz nach Antritt Ende 2012 schnell für den ersten Paukenschlag, als Ströer in seinen ersten Wochen den Vermarkter Adscale, heute einer der größten deutschen Marktplätze für Onlinewerbung in Deutschland übernimmt. Zu der Zeit kommt Werbung, die von Adscale verkauft wird, schon auf 11 Milliarden Impressions im Monat – und erreicht knapp 75 Prozent der deutschen Internetnutzer. Mit der Adscale-Übernahme beginnt bei Ströer die Zeit von heftigem Wachstum und digitalem Fokus. Schmalzl muss geahnt haben, welche Fantasien hier zu wecken sind. Kurz darauf kauft und bündelt der Vermarkter mit Ströer Interactive, freeXmedia und Business Advertising drei weitere Firmen zu „Ströer online“ unter der Führung von Schmalzl. Schmalzl will mit Ströer größter Treiber der Konsolidierung im deutschen Online-Werbemarkt sein und sich damit gleichzeitig den größten Teil des Marktes sichern. „Wir glauben, dass in einem derart stark fragmentierten Markt wie Online die Größe ein zentrales Kriterium darstellt“, so Schmalzl im Jahr 2013 in einem seltenen Interview mit Internetworld. Er zieht dabei Parallelen zur Situation des Außenwerbemarktes vor einigen Jahrzehnten. Damals habe es in diesem Segment 400 verschiedene Vermarkter gegeben, heute bestehe der Markt aus zwei Teilnehmern und sei komplett konsolidiert, so Schmalzl. Wie offensiv er nun eine solche Entwicklung auch im Online-Bereich forcieren will, zeigt sich in dem Interview, als er seine Gesprächspartnerin in die Defensive drängt: „Glauben Sie denn, dass die zahllosen Vermarkter und Spezialanbieter, die es heute im Onlinebereich gibt, in zehn Jahren noch da sein werden?“ Die eigentlich neutrale Interviewerin sieht sich folgender Antwort genötigt: „Nein, nicht wenn Ströer und Udo Müller (CEO von Ströer) die Finger drin haben“.

Seit Christian Schmalzl Ströer COO ist (rote Linie) geht es mit dem Aktienkurs bergauf. (Quelle: Finanzen.net)

Seit Christian Schmalzl Ströer COO ist (rote Linie) geht es mit dem Aktienkurs bergauf. (Quelle: Finanzen.net)

Durch die Zukäufe springt Ströer auf einen Schlag unter die vier größten Online-Vermarkter in Deutschland (nach eigenen Angaben und unter Berücksichtigung von Media-Budgets und AGOF-Zahlen). Die Investition zahlt sich für das ganze Unternehmen aus. Aus einem Verlust von 1,8 Millionen Euro im Jahr 2012 wird 2014 ein Gewinn von 24 Millionen Euro nach Steuern, der Umsatz steigt in der gleichen Zeit von 560 auf 721 Millionen Euro. Die massiven Impulse und das erhebliche Wachstum kommen auch an der Börse hervorragend an und wecken große Hoffnungen. Seit drei Jahren ist die Aktie stetig im Aufwärtstrend. Der Börsenkurs ist seit dem Einsteig von Schmalzl von knapp sieben Euro im Dezember 2012 auf über 58 Euro heute. Was das für den Börsenwert des Unternehmens bedeutet, haben wir ja oben schon beschrieben.

Von Null zum größten Onlinevermarkter Deutschlands

Schmalzl reicht es aber nicht unter den Top 4 der Onlinevermarkter zu landen. Gemeinsam mit Ströer-CEO Udo Müller plant er schon Anfang 2013, innerhalb von drei bis vier Jahren Deutschlands größten Onlinevermarkter aufzubauen. Letztlich ging es sogar noch schneller: Im Oktober 2014 listet die AGOF Ströer als größten Player Deutschlands – vor InteractiveMedia CCSP, einer Tochter der Deutschen Telekom. (Hinweis: Google, Facebook oder Amazon tauchen hier nicht auf, weil sie nicht an der Erhebung durch die AGOF teilnehmen. Dabei gehen schätzungsweise mehr als 60 Prozent der Online-Werbebudgets allein an Google.)

Die AGOF-Daten aus dem Juni 2015. Ströer dominiert, obwohl die OMS-Zahlen noch nicht eingerechnet sind. (Quelle: Ströer)

Die AGOF-Daten aus dem Juni 2015. Ströer dominiert, obwohl die OMS-Zahlen noch nicht eingerechnet sind. (Quelle: Ströer)

Im September 2015 wird bekannt, dass der neue Spitzenreiter Ströer auch noch die Nummer 2 übernehmen möchte. Heute ist der Stichtag, an dem der Deal final „geclosed“ wird: Das Transaktionsvolumen beläuft sich auf 300 Millionen Euro. Die Deutsche Telekom erhält für InteractiveMedia und T-Online.de 11,6 Prozent am Grundkapital von Ströer. Damit entsteht ein Vermarktungsriese, der derzeit knapp 43 Millionen deutsche Internetnutzer im Monat erreicht – und damit 78 Prozent aller Deutschen im Internet. Der neue Riese ist crossmedial aufgestellt, die Marktanteile in der Onlinewerbung passen zu denen der Außenwerbung. Deutschland könnte damit das gallische Dorf werden, das der amerikanischen Übermacht von Google, Facebook und Co. erfolgreich und auf hohem Niveau trotzt. Und die Einkaufstour von Schmalzl, Müller und Co.  ist noch nicht beendet. Auch die derzeitige Nummer 6 der deutschen Vermarkter OMS kam dieses Jahr unter das Ströer-Dach. Zuvor waren 33 Zeitungsverlage an dem Vermarkter beteiligt, der sich vorrangig um die Onlinegeschäfte der Regionalzeitungen kümmert. In einer „fragmentierten Publisher- und Vermarkterlandschaft“ wolle Ströer als großer Digitalvermarkter herausstechen. Flankierend kaufte Ströer zuletzt die Hamburger Content-Marketing-Experten von Content Fleet.

Als Speaker beim Rockstars Festival

Der Mann, der diese Erfolgsgeschichte in großen Stücken mitverantwortet, steht am 26. Februar bei uns auf der Bühne. Christian Schmalzl wird auf der Konferenz über seine Strategien und die Pläne von Ströer sprechen. Wir werden ihn fragen, was er sich bei dem ganzen Wahnsinn gedacht hat? Was er den Anlegern erzählt hat, um eine derartige Rückendeckung zu bekommen und vielleicht ob er schlecht schläft, wenn er an Adblocker denkt. Freut Euch also auf einen der absoluten Super-Shaker des digitalen Advertising in Deutschland und eine der Figuren, die die gesamte Advertising-Landschaft auf lange Zeit prägen dürften. Tickets für das Rockstars Festival mit der großen Expo und der Konferenz bekommt Ihr hier.

MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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