Richard David Precht: „Wer möchte heute noch die Feldarbeit des 18. Jahrhunderts machen?“

Philosoph, Buchautor und Popstar der deutschen Bildungselite: Im OMR Podcast spricht Richard David Precht über den Wandel in der Arbeitswelt, die Schattenseiten der Digitalisierung und langweilige Talkshow-Auftritte

Precht
Das erste Mal in einem Podcast zu Gast: Richard David Precht

„Wer bin ich – und wenn ja, wieviele?“ fragt Richard David Precht im Spätsommer 2007 und legt damit den Grundstein für seine erfolgreiche Autorenkarriere. Mittlerweile hat der 56-jährige 16 Bücher geschrieben und über zwei Millionen Exemplare verkauft, jedes auf seinen Durchbruch gefolgte beinhaltete steile Thesen zu Zukunft und Gegenwart der Gesellschaft – und wurde zum Bestseller. Bei seinem allerersten Podcast-Auftritt spricht Precht über die Gefahren und Potenziale der digitalen Revolution, welche Jobs es seiner Auffassung nach bald nicht mehr geben wird (Spoiler: Hotelrezeptionsten können durchatmen) und warum es nicht mehr Hatespeech durch Social Media gibt.

Es gibt vermutlich nichts, worüber Richard David Precht nicht bereits nachgedacht hat. Er wuchs in Solingen bei Düsseldorf auf, studierte drei geisteswissenschaftliche Studienfächer („Das sollte niemand tun!“) und promovierte im Alter von 30 Jahren in Philosophie. Als Journalist arbeitete er für den WDR und publizierte Essays, nebenbei schrieb er an seinem ersten Roman. Erst das fünfte Buch bringt ihm den Durchbruch: „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ landet 2008 auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, es wird in 32 Sprachen übersetzt. Seither sind von Precht 15 weitere Bücher erschienen, im Schnitt werden sie jeweils 200.000 Mal verkauft. Precht ist ein gefragter Veranstaltungsredner, ein gern gesehener Gast in deutschen Talkshows und moderiert im ZDF eine eigene Sendung. Den Erfolg auszureizen, das kommt für ihn aber nicht in Frage: Er lehnt es kategorisch ab, kommerziell Werbung zu machen und war bisher auch noch nie in einem Podcast zu Gast.

Wie lässt sich die digitale Revolution menschlich gestalten?

In seinen Büchern beschäftigt sich Precht vor allem mit den Brennpunktthemen der Gesellschaft. Es geht um Sterbehilfe, Migration und Biotechnologie. In seinen jüngeren Werken behandelt er vor allem das Thema Nachhaltigkeit und stellt Überlegungen zum rasanten technologischen Wandel an. „Ich habe ein tiefes, inwendiges Bedürfnis, dass wir die digitale Revolution menschlich gestalten und die Nachhaltigkeitsrevolution rechtzeitig gestalten“, sagt er über seinen Antrieb, sich mit diesen Themen zu beschäftigen.

Im OMR Podcast sprechen sie vor allem über die Digitale Revolution. Der technische Fortschritt berge große Chancen für die Gesellschaft: „Sie hat das Potenzial, Menschen davon zu befreien, blöde Arbeit machen zu müssen“, sagt er. Die Arbeitswelt sei im Laufe der Geschichte immer besser geworden („Wer möchte heute noch die Feldarbeit des 18. Jahrhunderts machen?“), Menschen könnten häufiger das tun, was sie mögen und bekämen – im historischen Vergleich – viel Geld dafür. Ziel sei es, das auszubauen und die digitale Revolution insgesamt möglichst sozial zu gestalten.

„Die Zukunft besteht immer noch aus Hotelrezeptionisten“

Eine der größten Herausforderungen der Digitalisierung: Ein Großteil – Precht bringt eine Oxford-Studie aus 2015 an, die von 42 Prozent spricht – aller Berufe, könnten demnach bis ins Jahr 2035 ersetzt werden. Zwar gäbe es das Argument, die Digitalisierung würde auch Arbeitsplätze schaffen, Precht interveniert aber: Das gelte nicht für dieselben Leute. Nur weil bei den Banken und Fahrdienstleistern 100.000 Jobs wegfallen, und in der Spitzen-IT, bei den Virtual-Reality-Designern dieselbe Zahl hinzu käme, ließe sich das Problem nicht lösen. „Wer vorher bei der Sparkasse war, wird ja nicht hinterher Virtual-RealityDesigner“. Der Arbeitsmarkt sei schließlich keine Matheaufgabe und über Umschulungen würde keiner schnell lernen, KI zu programmieren.

Sind denn alle Jobs durch die Digitalisierung gefährdet? Prechts These dazu: Gerade Berufe, in denen Empathie gefragt ist, wären zwar leicht zu ersetzen, werden es aber nicht. Er bedient sich am Beispiel des Hotelrezeptionisten: Niemand würde sich warm empfangen fühlen, wenn einen im Schweizer Berghotel ein Roboter angrinsen würde. Andere Bereiche, in denen sich die Digitalisierung nicht durchsetzen werde: Arbeitsfelder wie das Spargelstechen, wo Entwicklung, Anschaffung und Wartung von Maschinen aufwendig und teuer wäre. Dem steht nämlich die Logik der Ökonomie gegenüber. Oder wie es Precht formuliert: „Ukrainer sind günstiger.“

Es gibt nicht mehr Hass durch Social Media

Natürlich kommen Precht und OMR-Gründer Philipp Westermeyer im Podcast nicht drum herum, auch über die Rolle von Social Media zu sprechen. „Unter’m Strich ist durch Social Media nichts schlechter geworden“, sagt Precht. Die Vorstellung, es gäbe mehr Hass durch soziale Netzwerke, halte er für falsch. Den habe es früher auch gegeben, nur eben in andere Form, geschürt von der Kirche, an Stammtischen oder in der BILD-Zeitung. Ein Kernproblem bestehe aber in der Anonymisierung. Die ist laut Precht nämlich ein Brandbeschleuniger. Wer früher Hass verbreitete, beispielsweise in einem Leserbrief, musste damit rechnen, dass die Adresse mit abgedruckt wird. Dazu kämen die Echokammern, in denen sich „Idioten“ wechselseitig bestärken können.

Sieht Precht denn auch positive Seiten von Social Media? Das Beste sei, dass man sich auch abseits der Mainstream-Medien informieren könne. Es sei ein Vorteil, dass man sich über manche Themen auch anderswo informieren könne, als in den Tagesthemen oder im heute-journal.

Wenn Ihr außerdem wissen wollt, weshalb Precht nicht glaubt, dass Ubers Traum vom autonomen Fahren Wirklichkeit wird, weshalb Buchautoren keine Einladung von Markus Lanz abschlagen sollten, und wo Deutschland – nebst der Autoindustrie – noch Marktführer werden könnte, dann hört jetzt in den OMR Podcast.

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Alle Themen des Podcasts mit Richard David Precht im Überblick:

  • Kurzabriss: Über das Leben von Richard David Precht im Zeitraffer (ab 05:00)
  • Über die Verkaufszahlen von Prechts Büchern und die Konkurrenz (ab 06:40)
  • Was Precht von anderen Autoren unterscheidet und wie seine Uni-Jahre abliefen (ab 08:50)
  • Welche Rolle das Fernsehen in seiner Karriere gespielt haben (ab 11:50)
  • Warum Precht keine kommerzielle Werbung macht und keine großen Hallen füllt (ab 14:10)
  • Über Prechts Kernbotschaft, die digitale und die Nachhaltigkeits-Revolution (ab 18:00)
  • Die Gefahren und das Potenzial der digitalen Revolution (ab 21:20)
  • Zukunft und Strukturwandel in der Arbeitswelt (ab 23:50)
  • Die wichtigsten Elemente einer besseren Arbeitswelt (ab 30:00)
  • Warum Digitalisierungsarbeitslosigkeit noch nicht präsent ist (ab 35:20)
  • Der Arbeitsbegriff und weshalb wir die Bildungsrevolution brauchen (ab 38:20)
  • Wo sich die Digitalisierung nicht durchsetzen wird (ab 44:10)
  • Über die Probleme des autonomen Fahrens und E-Mobilität (ab 47:40)
  • Warum die CO2-Steuer wichtig ist und wie uns ein Lebensstilwandel retten könnte (ab 56:00)
  • Politiker in der Verantwortung, die Wahl 2021 und der Ausstieg aus der Atomenergie (ab 01:02:05)
  • Wo könnte Deutschland Weltmarktführer werden, wenn nicht in der Autoindustrie? (ab 01:06:50)
  • Die Auswirkungen von Social Media auf die Gesellschaft (ab 01:07:15)
  • Der Vorteil von Social Media: Alternative Medien (ab 01:09:40)
  • Über das Wirken von Facebook, Instagram & Co (ab 01:12:30)
  • Prechts eigene Social Media Aktivitäten (ab 01:14:30)
DigitalisierungMarketingPhilosophie
Florian Heide
Autor*In
Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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