Exklusiv: Das steckt hinter „Nindo“, dem neuen Projekt von Youtube-Star Rezo

Martin Gardt16.7.2020

Rezo ist einer der bekanntesten Youtube-Creator Deutschlands – jetzt hat er ein eigenes Social-Analytics-Tool gebaut

Youtube-Star Rezo hat ein neues Projekt: Nindo
Rezo hat OMR exklusiv sein neues Projekt "Nindo" gezeigt (Foto: Rezo)

Er hat in seinen Videos die CDU und zuletzt die Medien „zerstört“ und erreicht auf Youtube Millionen Menschen. Jetzt startet Rezo aber mit einem ganz neuen Projekt: Nindo. Uns hat er schon vor dem offiziellen Start der Analyse-Plattform für Influencer-Reichweiten einen Einblick in die wichtigsten Funktionen gegeben. Hier erzählt Rezo, warum es auf dem Markt überhaupt noch ein Statistik-Tool wie Nindo braucht, wie er sich damit ein zweites Standbein aufbauen will und welche Metriken wirklich zeigen, wer gerade die größten Reichweitensprünge macht.

Viele kennen Rezo als den blauhaarigen Youtuber, der mit einem CDU-kritischen Video kurz vor der Europawahl für Aufsehen gesorgt hat. Doch seit dem Video „Die Zerstörung der CDU.“, das mittlerweile über 17 Millionen Views verzeichnet, hat sich Rezo in ein ganz anderes Projekt vertieft. „Das ist die Sache, in die ich das letzte Jahr die meiste Zeit reingesteckt habe“, sagt er gegenüber OMR. Heute lüftet er hier und auf seinem Youtube-Kanal exklusiv, woran er so viel gearbeitet hat: an der Analytics-Plattform Nindo.

„Ich habe schon vor zweieinhalb Jahren die Idee gehabt und erste Skripte für mich selbst geschrieben“, sagt Rezo, der einen Master in Informatik hat. „Die haben zum Beispiel durchschnittliche Likes meiner Posts angezeigt. Ich mag einfach Zahlen.“ Im Team mit seinen Freunden Lix, Leon und Joshi (wie auch Rezo wollen auch sie nicht mit Klarnamen in den Medien auftauchen) macht er aus ersten Datensammlungen ein funktionierendes Produkt, das verschiedenste Statistiken rund um die Kanäle der größten Social-Media-Persönlichkeiten Deutschlands darstellt. Die gegründete Nindo GmbH führt mit Tim Jacken ein befreundeter Youtuber.

Rezo fehlen die wichtigsten Funktionen

Aber warum baut er neben der Youtube-Karriere überhaupt an so einer Plattform mit? „Es gibt ja schon viele Social-Statistik-Seiten. Aber die finde ich hässlich, unübersichtlich und sie zeigen meist Zahlen, die gar nichts aussagen. So kann man auch keine Rückschlüsse auf die Performance von Kanälen ziehen“, sagt Rezo. „Ich bin ja auch Fan und nutze solche Statistik-Seiten regelmäßig. Es hat mich gestört, dass die so scheiße sind.“ Sein Ziel: Er will die Zahlen identifizieren, die wirklich etwas über die aktuelle Performance von Social-Media-Kanälen in Deutschland aussagt. „Wenn du in einer Zahl ausdrücken kannst, wie gut ein Channel läuft, dann ist eine Kombination aus den Chartplatzierungen aktueller durchschnittlicher Views oder Likes und der aktuelle Followerzuwachs ein sehr sinnvoller Ansatz“, sagt Rezo.

Die Startseite von Nindo

Die Startseite von Nindo mit den Ranglisten der größten deutschen Kanäle.

Und genau diese Infos sollen die Nutzer auf der neuen Plattform Nindo finden: Welcher Kanal geht jetzt gerade auf Youtube, Instagram, Tiktok, Twitter oder Twitch durch die Decke? Dabei habe sich das Team auf die deutsche Youtube-Szene beschränkt. „Mir sind Transparenz und klare Regeln wichtig. Deshalb haben wir uns entschieden, nur relevante Kanäle zu listen, die hauptsächlich deutschsprachig sind“, sagt er. Rezo spricht von etwa 12.000 Künstlern, deren 16.000 Kanäle auf der Plattform analysiert werden. Wer es auf die Ranglisten schafft? Influencer mit über 100.000 Abonnenten auf Youtube, 10.000 Followern auf Instagram, Twitter und Twitch und/oder 50.000 Tiktok-Fans.

Für unterschiedliche Zielgruppen

„Der Plan war von Anfang an, eine Free-Seite für die Öffentlichkeit und eine Pro-Seite für Unternehmen zu bauen, die dann bei der Monetarisierung hilft“, sagt Rezo. Wer aktuell nindo.de aufruft, landet direkt in der Free-Version und sieht fünf Charts von Kanälen – jeweils den großen Plattformen Youtube, Instagram, Tiktok, Twitter und Twitch zugeordnet. Diese Rangliste auf der Startseite zeigt die Kanäle, die derzeit innerhalb von fünf Tagen durchschnittlich die meisten Likes oder Views verzeichnen. Rezo habe sich für den Zeitraum von fünf Tagen entschieden, weil das für alle Plattformen ein aktuelles Bild zeichne. So könne der Nutzer schnell sehen, welche Influencer im Moment die größte Reichweite erzielen. „Keine andere Seite zeigt aktuell wirklich die Metriken, die wirklich Rückschlüsse auf die aktuelle Performance eines Kanals zulassen“, sagt er.

Wer dann auf einen der Kanäle klickt, landet auf der persönlichen Seite des Creators mit den gesammelten Aktivitäten auf allen Plattformen (sofern der Influencer auf mehreren Plattformen aktiv ist). „Dadurch, dass uns nur die deutschsprachige Szene interessiert, konnten wir Künstler-Seiten bauen, auf denen all ihre Kanäle angezeigt werden“, so Rezo. Auf Analytics-Seiten wie Socialblade müssen Nutzer hingegen für jede Plattform einzeln nach dem jeweiligen Kanal suchen. Auf einen Blick gibt’s bei Nindo dann Daten wie aktuelles Follower-Wachstum, durchschnittliche Likes pro Post und Engagement. Diese Sammlung der Influencer-Kanäle sei nach der Auswahl der passenden Metriken die zweite große Stärke von Nindo in der Free-Version.

Die Influencer-Profilseite von Nindo

Auf der Profilseite der Influencer sehen die Nutzer alle Social-Kanäle

Endlich gute Social-Media-Charts?

Den nächsten großen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb, den Rezo sieht: „Wir können mit unseren Daten Charts bauen, die wirklich etwas zeigen. Welche Seite hat ansonsten aussagekräftige Charts? Keine.“ Er ärgere sich schon länger, dass etwa Marktführer Socialblade einem Kanal eine intransparente Benotung (A bis F) zuweise und danach die besten Youtube-Kanäle ranke. Wer bei Nindo tiefer in Ranglisten einsteigen möchte, kann sich diese für jede Plattform anzeigen lassen. Besonderes Augenmerk soll der Nutzer auf den von Nindo erstellten jeweiligen Plattform-Rang legen. Bei Youtube ergibt sich der aus den durchschnittlichen Views innerhalb von fünf Tagen, durchschnittlichen Likes innerhalb von fünf Tagen und dem Abonnenten-Zuwachs der vergangenen 30 Tage. Bei Instagram findet Ihr eine Rangliste, die sich aus den durchschnittlichen Likes innerhalb von fünf Tagen und der Zahl neuer Follower in den vergangenen 30 Tagen ergibt.

Zusätzlich zu den zentralen Ranglisten und den Influencer-Seiten hat Nindo auch außergewöhnliche Statistiken am Start. Unter dem Menüpunkt „Viral“ können Nutzer die Social-Posts mit den meisten Likes, Views oder Kommentaren auf den jeweiligen Plattformen sehen – immer bezogen auf den vergangenen Monat. Unter „Rabatt“ finden Nutzer gesammelt aktuelle Coupons, die Influencer zum Beispiel in Instagram-Posts anpreisen. Und bei „100k“ seht Ihr, welche Kanäle aktuelle Follower-Meilensteine übersprungen haben. Die Free-Seite zielt also klar auf zahlenverrückte Fans, Social-Media-Interessierte und auch Journalisten, die aktuelle Entwicklungen in der deutschen Influencer-Szene verfolgen. Die Pro-Version von Nindo soll darüber hinaus Unternehmen zu zahlenden Kunden machen.

Die viralsten Social-Beiträge des Monats zeigt Nindo auch an

Im Menüpunkt „Viral“ seht Ihr, welche Posts im vergangenen Monat die größte Reichweite erzielt haben

Demographie- und Kooperations-Statistiken als Trumpf

OMR konnte während eines Video-Calls mit Rezo schon exklusiv einen Blick in das Pro-Produkt von Nindo werfen. Das soll in etwa zwei Wochen an den Start gehen – dann starten Rezo und sein Team damit, auf Unternehmen zuzugehen und die Funktionen vorzustellen. Das Tool werde dann dabei helfen, die passgenauen Influencer und Partner im deutschsprachigen Raum zu finden. Im Zentrum steht auch wieder eine Rangliste, die dann aber vom Nutzer durch verschiedene Filter auf immer weniger passende Creator heruntergebrochen werden kann. So können Unternehmen nach klassischen Indikatoren wie Geschlecht, Genre der Inhalte, Views pro Video und Abonnenten filtern. Hinzu kommen Daten zur Demographie der Zielgruppe des jeweiligen Kanals. „Wir bieten bei Nindo Pro deutlich mehr Statistiken und Filter. Unternehmen können zum Beispiel nicht nur nach dem Tag ‚Gamer‘ suchen. Es wird für die 40 größten Games einzelne Tags geben“, sagt Rezo.

Auf den einzelnen Influencer-Seiten können Unternehmen dann noch tiefer in die Analyse des jeweiligen Accounts einsteigen und schauen, ob die Inhalte zur eigenen Brand passen. „Zwei Sachen machen wir so richtig geil: die Demographie-Schätzung und die Anzeige von Kooperationen“, so Rezo. Und das sind auch aus unserer Sicht die Trümpfe der Plattform. Durch das Einbeziehen verschiedener Faktoren, die Rezo nicht genau verraten will, sei eine passgenaue Demographie-Schätzung möglich. Testen kann er das ja am eigenen Account. Die angesprochene Anzeige von Kooperationen ist aus OMR-Sicht aber mindestens genauso nützlich für Brands auf der Suche nach den passenden Creatorn – und das haben wir so bei noch keiner anderen Plattform gesehen.

Lernen, was am besten funktioniert

„Wir haben die Werbe-Postings der Kanäle am Start und wissen genau, dass an einem bestimmten Tag mit einer bestimmten Marke etwas gepostet wurde“, sagt Rezo. „Wir stecken da unfassbar viel Mühe rein und ich könnte stundenlang davon erzählen, wie viel wir auch händisch machen.“ Die meisten anderen Analytics-Plattformen crawlen alle Posts von Influencern nach Keywords und Brand-Erwähnungen. Viele deutsche Influencer sichern sich aber zum Beispiel rechtlich ab, und versehen jeden ihrer Beiträge mit #Ad oder #Werbung. Bei Nindo werden nicht nur solche „False Positives“ ausgeschlossen. In einer Liste innerhalb des Influencer-Profils sehen Nutzer auch genau, mit welchen Marken der Influencer gearbeitet hat und ob Werbung zum Beispiel in einem Post oder in einer Story stattgefunden hat.

„Wir finden abgesehen von Instagram Stories etwa 20.000 deutschsprachige Werbepostings pro Monat und können effizient per Hand überprüfen, ob es sich wirklich um Placements, Eigenwerbung, lediglich eine rechtliche Absicherung bei Verlinkungen oder sonstiges handelt“, sagt der Youtuber. Das bietet Unternehmen die Möglichkeit, ohne viel Eigenrecherche zu erkennen, welche Art von Werbeplatzierungen bei den jeweiligen Influencer gut funktionieren und welche Brands immer wieder mit ihm oder ihr arbeiten. Nindo sei dank der vorliegenden Daten auch in der Lage, zu zeigen, welche Marke in einem Monat die meiste Reichweite durch Influencer-Posts erzielt hat oder wie viele Werbepostings es auf dem deutschen Markt insgesamt pro Monat gab.

Ist Platz auf dem Markt?

Auf die Frage, ob er sich wegen der Wettbewerbssituation auf dem Markt der Analyse-Plattformen Sorgen macht, hat Rezo ja eigentlich schon geantwortet. Die Konzentration auf aussagekräftige Ranglisten und die – so wie wir es sehen konnten – umfängliche Datenlage, dürfte zum Start direkt Kunden überzeugen. Die Bekanntheit von Rezo dürfte zusätzlich helfen. Allerdings haben viele Influencer-Agenturen und auch Brands (z.B. Zalando mit Collabary) schon eigene Tools gebaut. Auf dem deutschsprachigen Markt sind darüber hinaus Anbieter wie unter anderem Infludata, Quintly und Storyclash unterwegs.

„Beim Preis liegen wir in dem Rahmen, den auch andere Statistik-Plattformen anbieten“, so Rezo. „Für einen monatlichen Grundpreis gibt’s vollen Zugang zu den Pro-Statistiken und ein Kontingent an Freischaltungen, um auf Demographie und Kooperationen einzelner Kanäle zugreifen zu können.“ Jetzt muss er den ersten Kunden nur noch beweisen, dass Nindo wirklich mehr liefert als andere Anbieter. Angst, dass die Plattformen irgendwann keine Daten mehr über eine Schnittstelle zur Verfügung stellen, hat er indes nicht. Das Team überprüfe nach einer Vorsortierung durch den Algorithmus schon jetzt so viele Daten per Hand, dass das auch in Zukunft möglich sein wird.

Am Ende kann es aber auch gerade der wiederholt betonte händische Aufwand sein, der zur Herausforderung für Nindo wird. Menschen machen nun mal Fehler – erst recht beim Übertragen großer Datenmengen. Und auch eine Skalierung dürfte langfristig mit diesem verhältnismäßig großen Aufwand schwer machbar sein. Entscheidend wird sein, dass Rezo es schafft, auch für Unternehmen, die bisher wenig oder gar kein Influencer Marketing betreiben, eine Brücke zu schlagen. Es dürfte deutlich schwieriger werden, Brands von ihren gelernten Tools abzubringen.

Update, 31. März 2021: Jetzt startet die Pro-Version

Im Juni 2020 hatte sich Rezo ja noch hoffnungsvoll gegeben, dass die Pro-Version von Nindo direkt an den Start gehen kann. Es ist anders gekommen. Das Team habe ein umfassendes Produkt abliefern wollen und deshalb nochmal über ein halbes Jahr Arbeit reingesteckt. Heute startet also „Nindo Professional“ offiziell. „Besonders stolz bin ich auf unseren Kampagnen-Manager, der eine ganzheitliche Lösung für Kooperationsabwicklungen bietet und den Prozess vom Pitch bis zum Reporting massiv erleichtert und teils automatisiert. So werden Screenshots von Insights zum Beispiel nicht mehr abgetippt, sondern einfach reingezogen und automatisch alle Zahlen ausgelesen und aufbereitet“, sagt Rezo gegenüber OMR.

„Zum anderen ist unsere Werbeerkennung wahrscheinlich die mit Abstand beste weltweit. Weil wir uns auf den deutschen Kulturraum fokussieren und neben automatisierten Prozessen mehrere Mitarbeiter:innen mit einem eigenen Tool täglich hunderte Werbepostings händisch gegenchecken. Wenn du wissen willst, welche Brand mit wem wann und mit welchem Erfolg kooperiert hat, dann bist du bei uns richtig.“ Auf der gerade gestarteten Webseite von „Nindo Professional“ werden direkt die drei Zielgruppen Agenturen, Managements und Brands angesprochen, die für das Tool zahlen sollen.

In der kostenfreien Variante stehen vor allem frei verfügbare Statistiken wie Follower-Wachstum und Likes von Posts im Mittelpunkt. Die Pro-Version soll eine Oberfläche für Kampagnen-Management inklusive Reportings, tiefgehende Insights zu Influencern und Shitstorm-Erkennung bieten. Wie viel die fünf verschiedenen angebotenen Pakete kosten, verrät Rezo erst auf Anfrage von Unternehmen. „Über Anzahlen von Kund:innen mache ich mir weniger Gedanken. Unser Drive ist schließlich keine Gewinnmaximierung sondern die Leidenschaft, ein Killer-Tool zu entwickeln und weltweit führend in relevanten Features zu sein“, sagt er.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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