Auf diese Mobile-Startups würde ich Geld wetten

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Mobile-Experte Kjell Fischer (Apprupt) wirft für uns einen kritischen Blick in den Markt

Kjell Fischer

Kjell Fischer

Mobile gilt seit Jahren als Trend-Thema, hat bislang sein Versprechen aber auch noch nicht vollends einlösen können. Immerhin deuteten sich zuletzt deutliche Verschiebungen bei den Spendings an: Laut einer Studie von PriceWaterhouseCoopers und dem Interactive Advertising Bureau (IAB) sollen die weltweiten Umsätze aus dem Geschäft mit Mobile-Werbung im ersten Halbjahr 2014 um 73 Prozent auf 5,3 Milliarden US-Dollar gestiegen sein. Welche jungen, aufstrebenden Startups haben das Potenzial, von dieser Entwicklung am meisten zu profitieren? Wir haben den Mobile-Experten Kjell Fischer, Gründer von apprupt, gebeten, für uns einen Blick auf die aus seiner Sicht vielversprechendsten Firmen im Mobile-Advertising-Space zu werfen – lest heute Teil eins von zwei seines Gastbeitrags. „Mobile ist das nächste große Ding“ – dieser Satz verfolgt uns auch im Advertising seit Jahren. Das, was auf Nutzerseite längst eingetreten ist, scheint sich für die Werbebranche nur langsam zu bewahrheiten. Klar im Markt zu beobachten ist aber eine anhaltend starke Innovationsfreudigkeit, die immer wieder interessante, funktionierende (und damit profitable) Mobile-Advertising-Modelle hervorbringt. Dabei befinden sich viele der jüngeren Firmen im Spannungsfeld zwischen einem stark entwickelten Online-Advertising-Ökosystem und einem Mobile-Advertising-Umfeld, in dem häufig ganz neue Ansätze und Technologien gefragt sind, um erfolgreich zu sein.

Das, was wir definitiv sagen können, ist: „Mobile (Advertising) steht noch ganz am Anfang.“ Die folgenden Firmen sind Teil einer kleinen, subjektiven Liste, die meiner Einschätzung nach die Chance haben, die nächste Welle an erfolgreichen Mobile-Advertising-Unternehmen zu prägen.

Remerge – App-Nutzer ohne großen Implementierungsaufwand reaktivieren

Remerge Remerge ist eine junge Firma aus Berlin, die sich das Thema „App Retargeting“ auf die Fahnen geschrieben hat. Dabei greift das Startup im Prinzip zwei aktuelle Trends auf:

  1. Den immer stärker werdenden Anspruch der Advertiser, ein tieferes Verständnis für ihre Nutzer und die Effizienz ihrer Marketing-Kanäle zu entwickeln und diese Erkenntnisse dann auch aktiv nutzen zu können
  2. Den auch im mobile Advertising immer stärker werdenden Shift hin zu Realtime Advertising bzw. Real Time Bidding

Grundsätzlich setzt Remerge dabei auf aus dem Online Advertising bekannte Säulen:

+ Anbindung an RTB-Trafficquellen

+ Entwicklung einer Technologie für Realtime Bidding

+ Entwicklung einer Technologie für die Analyse von Kunden- und Kampagnendaten

Das Besondere dabei ist, dass Remerge dem Kunden eine Technologie an die Hand geben will, die rein server-seitig funktioniert (es muss also kein zusätzliches SDK in die App des Kunden eingebunden werden) und darüber hinaus dynamisch und vollautomatisiert lernt – also Rückschlüsse aus den Kundendaten und den laufenden Kampagnen in die Bidding-Prozesse einfließen lässt.

Umgesetzt werden kann die gesamte „Retargeting-Palette“, von der Kunden-Reaktivierung (z.B. Targeting von Kunden, die eine App 30 Tage nicht geöffnet haben) hin zum echten Offer-Retargeting, bei dem der Kunde zu Angeboten zurückgeführt werden soll, an denen er zwar Interesse gezeigt hat, bei denen es aber nicht zu einem Kaufabschluss gekommen ist.

Derzeit arbeitet Remerge noch als „Managed Service“ eng mit dem Kunden zusammen und achtet so auf individuelle KPIs. Mittelfristig soll aber ein echter „Hosted Service“ entstehen, bei dem der Kunde auf bestimmte Module im „Self-Service“ zugreifen kann.

Mit diesem Angebot dürfte Remerge gute Chancen haben, in der nächsten Welle der mobile Performance-Advertising Startups eine gewichtige Rolle zu spielen. Alle Gründer sind branchenerfahren, die Firma ist gut finanziert und extrem Technologie- und Kunden-orientiert.

Adsquare – Location-Targeting in Echtzeit

adsquare Adsquare, ebenfalls aus Berlin, möchte der führende Datenanbieter für Audience-Targeting werden. Das ca. zwei Jahre alte Startup verfolgt hierbei einen besonders spannenden Ansatz: Es verarbeitet ortsbezogene Daten, um Rückschlüsse für ein relevanteres Kampagnen-Targeting ziehen zu können.

Das Thema „Location-Targeting“ ist nicht neu im mobile Advertising. Allerdings fehlten bisher häufig Ansätze, die über eine simple Ortung des Nutzers hinaus gingen, um das Thema wirklich zum Abheben zu bringen. Klar ist, dass Werbung, die den lokalen Kontext eines Nutzers berücksichtigt, eine große Chance hat, wesentlich relevanter für diesen zu sein. Mit der Adsquare-Technologie könnten Kunden eventuell sogar direkt Intent-bezogen angesprochen werden (z.B. „Nutzer sucht gerade nach einem bestimmten Produkt“).

Um eine Brücke zwischen Offline und Online (mobile) zu schlagen, unterteilt Adsquare die Welt in bis zu 50*50 Meter kleine „Squares“, zu denen über 1.500 verschiedene Attribute analysiert werden können. Hierbei handelt es sich nicht nur um z.B. Point-of-Interests in der Nähe eines Nutzers, sondern es fließen auch Haushalt- und Wetterdaten in den Square-spezifischen Datenpool mit ein.

Adsquare stellt sich dabei als reiner Technologie-Player auf. Die Firma möchte ihre Technologie Werbetreibenden direkt oder indirekt (z.B. über eine Partnerschaft mit Appnexus) ausschließlich für die Datenanreicherung zur Verfügung stellen. Hierfür berechnet das Startup im Regelfall einen TKP. Weil Audience Targeting über Location-Daten nur dann relevant sein kann, wenn es in Echtzeit geschieht, verfügt die Firma neben einem Audience-Algorithmus auch über eine performante RTB-Infrastruktur, deren Response Time bei derzeit 2ms liegt.

Das Startup, derzeit 15 Mitarbeiter stark, ist aktuell auf Wachstumskurs. Eine kürzlich abgeschlossene Finanzierungsrunde über 4,3 Millionen US-Dollar soll nun das internationale Wachstum beschleunigen.

Adsquare verbindet in einem noch jungen Markt starken Technologie-Fokus mit marktorientierter Innovation und hat somit gute Chancen, sich im derzeit umkämpften Markt für mobile Audience-Targeting zu etablieren.

AdColony – Mobile-Video-Werbung, die funktioniert

adcolony Ein nicht mehr ganz so kleines und auch nicht mehr unabhängiges Startup ist AdColony, mit Sitz in Los Angeles, Kalifornien. Dennoch hat die in Europa und speziell in Deutschland noch relativ unbekannte Firma meines Erachtens das Potenzial, auch hierzulande groß zu werden.

Das 2011 gegründete Startup konzentriert sich im Grunde auf ein einziges Produkt: Mobile Video Ads. Besonders interessant dabei ist, dass AdColony die Videos im Hintergrund lädt und diese durch die eigens entwickelte Technologie sofort in HD-Qualität abgespielt werden können. Nach Ablauf des Videos kann ein Advertiser verschiedene Call-to-Actions auf sogenannten „End Cards“ anbieten (z.B. App Download / Store Locator / Facebook Share etc.).

AdColony ist in den USA extrem erfolgreich und meiner Meinung nach ein gutes Beispiel dafür, wie mobile ein „One-Product“ Fokus gepaart mit guter Umsetzung zum Erfolg führen kann. Gerade im Bereich mobile Video ist noch viel Potenzial unausgeschöpft, nicht zuletzt wegen fehlender Produkte/Formate für den mobilen Kanal.

In den USA hatte AdColony auf Traffic-Seite bisher eher einen Gaming Fokus, nun möchte sich das hochprofitable Startup auch in Europa positionieren – hier vor allem im Premium-Bereich. Mit der Produktfokussierung auf den stark wachsenden mobile Video Advertising Markt hat Adcolony gute Chancen, auch über die Grenzen der USA hinaus sehr stark zu wachsen.

Disclaimer: AdColony wurde wie auch Kjell Fischers Unternehmen Apprupt von Opera übernommen. Der Autor ist jedoch an keiner der genannten Firmen beteiligt und unterhält auch keine Geschäftsbeziehungen mit diesen.

Der zweite Teil dieses Artikels erscheint am kommenden Montag.

AdtechStartups
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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