[UPDATE] Sven Schmidt fordert: Rocket Internet soll 2,9 Milliarden Euro an Aktionäre ausschütten

Martin Gardt9.10.2017

Im OMR Podcast erzählt der VC-Experte, warum der HelloFresh-Börsengang offenbar vom Tisch ist

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Philipp Westermeyer hat vor nicht allzu langer Zeit Rocket-Aktien gezeichnet. Derzeit steht der Kurs ganz gut und das Unternehmen kommt auf einen Börsenwert von etwa 3,5 Milliarden Euro. Sind Philipps Ersparnisse also gut angelegt? VC-Experte Sven Schmidt ist da im OMR Podcast geteilter Meinung: Wieso eine Cash-Ausschüttung an die Aktionäre ein guter Schritt wäre, was die Zukunft für Rocket-Beteiligungen wie Delivery Hero und Home24 bringt und warum der HelloFresh-Börsengang wohl abgesagt ist, erfahrt Ihr hier.

„Ich war immer skeptisch, und daher war die Kursentwicklung dann doch überraschend – auch weil die Quartalszahlen meines Erachtens nicht so gut waren“, sagt Sven Schmidt im OMR Podcast über die Börsenperformance von Delivery Hero. Die Rocket-Beteiligung war Ende Juni an die Börse gegangen. Seitdem war der Kurs um bis zu 35 Prozent gestiegen. Erst vor Kurzem hatte Rocket 13 Prozent der Anteile an dem Unternehmen für 660 Millionen Euro an den Medienkonzern Naspers verkauft. Es läuft also für den Internet-Konzern, oder?

HelloFresh: Vom Shooting-Star zum Sorgenkind

Nicht ganz: Ein Unternehmen dürfte Rocket-Chef Oli Samwer Sorgen bereiten. Das Essensboxen-Startup HelloFresh sollte eigentlich der zweite Börsengang einer Rocket-Beteiligung in diesem Jahr werden. Jetzt sieht es laut Sven Schmidt eher danach aus, dass es dazu nicht kommt: „Rocket hat sich gesagt, dass wenn die Börsenstarts von Delivery Hero und Blue Apron [dem US-Konkurrenten von HelloFresh] gut laufen, auch HelloFresh bald an die Börse geht. Ersteres ist gelungen, aber beim Blue Apron-IPO ist die Scheiße in den Ventilator geflogen.“ Das US-Unternehmen habe extrem schlechte Zahlen vorgelegt – Investoren dürften daran zweifeln, dass HelloFresh besser performt.

Das Geschäft mit den Essensboxen sei einfach extrem schwer, vor allem in den USA, wo gleich vier Konkurrenten gegeneinander antreten. Dort sei aber der größte Markt von HelloFresh. „Zwar ist das Abomodell interessant und die Marge liegt bei 60 Prozent, aber hohe Logistik- und Akquisitionskosten sowie eine hohe Churn-Rate (Abwanderung von Kunden) machen das Geschäftsmodell schwierig“, so Schmidt.

Gegen hohe Logistikkosten (frische Lebensmittel verschicken) und die Abwanderungsrate könne HelloFresh kaum etwas tun. Schließlich merke jeder Kunde, dass er das Produkt nicht nutzt, wenn Lebensmittel in einer teuren Box verschimmeln. Also könne das Unternehmen nur an den Marketingkosten für Neukunden schrauben, was im umkämpften US-Markt aber kaum zu bewältigen sei. Es sehe daher nicht nach einem Börsengang von HelloFresh aus.

Wie kann es für Rocket weitergehen?

Rockets Börsenwert von 3,5 Milliarden Euro sehe laut Sven Schmidt nur auf den ersten Blick verheißungsvoll aus. 2,3 Milliarden davon seien Cash-Mittel – unter anderem aus dem kürzlich erfolgten Verkauf von Delivery Hero-Anteilen. Weitere 600 Millionen seien die restlichen Rocket-Anteile an der Lieferservice-Firma wert. Damit blieben nur 600 Millionen Euro Wert für die weiteren Rocket-Beteiligungen und Unternehmensteile – darunter HelloFresh, Home24 und Westwing.

„Rocket hat eigentlich nur zwei Optionen: Sie können die Cash-Reserven [inklusive eventueller Erlöse aus einem Verkauf der restlichen Deliver Hero-Anteile] ausschütten und damit Sicherheit bei Anlegern und Investoren schaffen. Oder sie investieren und werden zu einem Growth-Investor mit eigenem Kapital“, sagt Sven Schmidt. Für Philipps Aktien wäre übrigens ersteres besser, weil damit zu rechnen sei, dass der Kurs bei einer Ausschüttung steigen würde.

Warum einige Rocket-Beteiligungen wie Home24 und Westwing nur noch wenig wert sind und warum Rocket das Team der Holding gerade deutlich verkleinert, hört Ihr im neuen OMR Podcast.

Update, Dienstag, 10. Oktober 2017, 11:30 Uhr

Heute morgen hat Hello Fresh nach 2015 zum zweiten Mal den Börsengang angekündigt. Der IPO soll an der Börse Frankfurt nach dem Prime Standard erfolgen und eine Kapitalerhöhung von 250 bis 300 Millionen Euro umfassen. Details dazu sind bei Exciting Commerce nachzulesen. Der Quelle unseres Podcast-Stammgastes Sven Schmidt zufolge ist die finale Entscheidung für diesen Schritt erst gestern getroffen worden.

„Nochmals den Börsengang ankündigen und dann wieder zurückziehen geht nicht, daher gehe ich davon aus, dass die Indikationen der Banken sehr gut sind und der IPO klappt. Das ist auf der einen Seite doppelt gut für Rocket Internet“, so die Schnelleinschätzung unseres Podcast-Stammgastes Sven Schmidt zu der Entscheidung. So müsse Rocket dann den Cash Burn von Hello Fresh nach einem IPO nicht mehr selbst finanzieren. „Das tun dann die Anleger“, so Schmidt. Zudem seien die Hello-Fresh-Anteile dann nach einer Halteperiode liquide und bewertet. „Dann wissen die Anleger genau, wie viel die Rocket-Anteile an Hello Fresh wert sind.“

Möglicher Nachteil des Börsengangs: „Er löst nicht das Problem der hohen Kundenakquisitionskosten. Im Gegenteil: Wenn dann auch Hello Fresh mehr Geld für Kundenakquisition zur Verfügung hat, dann werden die Kosten noch steigen. So lange dieses Problem nicht gelöst ist, bleibe ich mit Blick auf die langfristige wirtschaftliche Zukunft von Hello Fresh skeptisch.“

Darüber hinaus differenziert Schmidt seine Anmerkungen aus dem Podcast betreffend den VF Fond: „Das Geld, das Rocket Internet extern einsammelt hat, wird zum Teil über den Global Founders Fund in neue Investments gesteckt. Rocket hat aber auch das Recht, mit einem Teil dieser Gelder die bestehende Portfolio-Firmen weiterhin zu finanzieren. Dieser Aspekt ist im Podcast zu kurz gekommen.“

Das solltet Ihr nicht verpassen!

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Ihr seid Podcast-Fans und wolltet auch mal Live bei einer Aufnahme dabei sein? Dann kommt zur großem OMR Podcast-Nacht in die Elbphilharmonie Hamburg. Am 15. November gibt’s hier direkt drei Live-Podcasts auf einmal: Zum OMR Podcast nehmen neben Philipp Westermeyer der VC-Experte Sven Schmidt und TV-Löwe Frank Thelen Platz. Dazu kommen mit „Fußball MML“ die unterhaltsamsten Fußball-Podcaster des Landes: Micky Beisenherz, Maik Nöcker und Lucas Vogelsang. Zu guter Letzt empfängt „Hotel Matze“-Host Matze Hielscher von „Mit Vergnügen“ die Tagesthemen-Moderatorin Linda Zervakis. Ihr solltet dieses einmalige Event in einer ganz netten Location nicht verpassen. Hier gibt’s die Tickets.

Alle Themen vom OMR Podcast mit Sven Schmidt im Überblick:

  • Philipp ist Rocket-Aktionär: War es eine gute Idee da einzusteigen? (ab 3:17)
  • Seit dem Börsengang läuft es bei Delivery Hero ja nicht so schlecht. Ist Sven Schmidt überrascht? (ab 5:10)
  • Der Großteil der Rocket-Bewertung stammt aus den Cash-Reserven und Delivery-Hero-Anteilen. Was sind die restlichen Beteiligungen und Projekte überhaupt noch wert? (ab 6:57)
  • Wie kann es für Rocket mit kleinerer Mannschaft weitergehen? (ab 11:40)
  • Diese Rocket-Beteiligungen hätte das Unternehmen laut Sven Schmidt schon längst schließen müssen (ab 14:50)
  • Was ist eigentlich aus dem Börsengang von HelloFresh geworden? (ab 21:35)
  • So funktioniert das Geschäftsmodell von HelloFresh (ab 25:38)
  • Die Kundenakquisitionskosten sind zu hoch bei HelloFresh: Wie kann das Unternehmen seine Marketing-Ausgaben senken? (ab 29:54)
  • Wachstumszwang für HelloFresh: Warum gewinnt das Unternehmen nicht genug Neukunden? Wie könnte Nachfrage erzeugt werden? (ab 35:02)
  • Zurück zu Philipps Rocket-Aktien: Soll er dabei bleiben oder abstoßen? (ab 41:58)
  • Sven Schmidt: Der HelloFresh-Börsengang ist endgültig vom Tisch (ab 47:18)

Wie immer könnt Ihr den aktuellen OMR Podcast aber auch bei SoundcloudiTunes (falls die aktuelle Episode noch nicht sichtbar ist, einfach abonnieren) oder per RSS-Feed anhören. Ihr könnt uns außerdem auf den Plattformen Spotify, Stitcher und Deezer finden. Viel Spaß beim Anhören – und vielen Dank für jede positive Bewertung.

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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