Warum der Mediachef von Müller Milch nicht an Digitalmarketing glaubt

Martin Gardt16.11.2016

Christian Meyer erneuert im OMR Podcast seine Kritik – und sucht Antworten

Christian Meyer
Christian Meyer

Rund 100 Millionen Euro gibt die Molkerei Müller jedes Jahr für Media aus – doch offenbar fließt nach einigen Online-Marketing-Experimenten mittlerweile wenig bis nichts von diesem Geld mehr in digitale Kanäle. „Ich bin vom Glauben abgefallen“ – mit dieser Aussage in einem offenen Brief hat Mediachef Christian Meyer vor der DMEXCO viel Wirbel verursacht. Im OMR Podcast erklärt er ausführlich, warum er im September an die Öffentlichkeit gegangen ist, welche Erfahrungen mit digitalem Marketing ihn ernüchtert haben und warum er auch von den jüngsten Digitaltrends wenig überzeugt ist.

„Ich stelle Fragen, auf die ich teilweise keine Antworten bekommen“, sagt Christian Meyer, Senior Media Manager Europe und Head of Digital bei der Theo Müller Gruppe, im neuen OMR Podcast. Das störe ihn am meisten an der digitalen Marketingbranche. Er beobachte ein immer allgemeineres Beratungsmuster bei Agenturen und Marketing-Experten. Diese würden nur Allgemeinplätze nutzen wie: „Junge Menschen sind nur noch digital unterwegs“. Gleichzeitig fehle es an Ideen, das Problem schwindender Reichweiten zu lösen. Müller Milch habe zusehends damit zu kämpfen, über die bestehenden Kanäle seine Zielgruppen zu erreichen: „Die TV-Nutzung liegt bei 250 Minuten pro Tag. Dagegen beträgt die tägliche Youtube-Nutzung zwölf Minuten, davon sechs nur Audio. Da muss ich natürlich die Frage nach der Gesamtreichweite stellen. Wieviel addiert der Kanal wirklich hinzu?“

100 Millionen Euro Media-Budget – warum Müller Milch trotzdem kaum Geld in digitale Kanäle steckt

„Als FMCGler (Fast Moving Consumer Goods) ohne POS (Point of Sale) im Internet ist es eine besondere Herausforderung“, sagt Christian Meyer im Podcast. Es sei aber auffallend, dass auch große Player wie Amazon, Netflix und Apple ohne großen Digital-Spend ihre Marke aufgebaut hätten. „Das finden wir spannend, weil es zeigt, dass man nicht jedem Trend bedingungslos hinterherlaufen muss.“ Diese Beobachtung habe Impulse gegeben, die digitale Marketing-Denke zu hinterfragen. Große Zielgruppen könne man laut Meyer immer noch am besten im TV erreichen – 95 Prozent des Budgets steckt Müller Milch in diesen Kanal.

Meyer sei selbst noch auf der Suche nach dem idealen Mediamix der Zukunft und gibt im Podcast zu, dass Müller Milch für TV-Werbung auch mal zu viel Geld ausgibt: „Es funktioniert aber nach wie vor sehr gut und auch über alle Altersgruppen hinweg.“ Trotzdem müsse das Unternehmen auch Alternativen zu TV finden, wenn die Reichweiten des Kanals weiter so stark zurückgehen wie in den letzten Jahren.

Warum Influencer und Content Marketing enttäuschen

„Influencer Marketing muss seinen Wirkungsnachweis noch erbringen“, sagt Meyer. Es sei am Ende wieder ein Problem der Reichweite und der Glaubwürdigkeit. Um eine große Masse an Leuten zu erreichen, müsse man viele Influencer einsetzen, die dann Produkte vorführen – was wiederum der Glaubwürdigkeit schade. „Man muss das Kind ja beim Namen nennen: Am Ende ist es Product Placement“, so Meyer. Große Youtuber müsse man aus Meyers Sicht eher als Fernsehsender betrachten und könne dann die Werbemaßnahmen vergleichbar machen. „Ich muss mir die Frage stellen: Erreiche ich dort Menschen, die ich über TV nicht erreiche? Es ist weitaus unwirtschaftlicher über Pre-Rolls zu gehen und das ist dann der Trade-Off, den man machen muss.“

Philipp Westermeyer und Christian Meyer

Christian Meyer (r.) mit Philipp Westermeyer bei der Podcast-Aufnahme.

Beim Content Marketing fällt Meyers Fazit ähnlich aus: „Es ist schwierig, kontinuierlich hochwertigen Content zur Verfügung zu stellen und am Ende ist das auch wahnsinnig teuer.“ Die größte Herausforderung für Müller Milch sei, dass das Unternehmen im „Mega-Low-Interest-Bereich“ unterwegs sei. Ob Content der Marke am Ende wirklich für die Kunden interessant sei – nachdem man die rosarote Marketingbrille abgesetzt hat – bezweifelt Meyer. „Die größten Verweildauern sehen wir im Produktbereich.“ Offensichtlich sei die Auflistung der Produkte der wichtigste Content für die Besucher der Seite und damit der Sinn von Content Marketing – für Müller Milch – fraglich.

Kostenloser AdRoll-Report

Die aktuelle Podcast-Folge wird präsentiert von AdRoll. Der Retargeting-Spezialist greift jetzt weltweit an und überzeugt mit seiner Mechanik: AdRoll retargetet nicht nur auf den letzten Klick, sondern bezieht die ganze Customer Journey mit ein. Wenn Ihr mehr dazu wissen wollt und vor allem, wie AdRoll Attribution umsetzt, der sollte den ausführlichen Report „The state of marketing attribution in the UK, France and Germany“ lesen. Ihr bekommt den kostenlos, wenn Ihr einfach eine Mail an attribution@adroll.com schickt. Viel Spaß damit!

Alle Themen vom OMR Podcast mit Müller Milch-Digitalchef Christian Meyer:

  • Was hat Christian Meyer an der Dmexco auszusetzen und warum war Müller Milch in diesem Jahr nicht beim Branchen-Event vertreten? (ab 4:35)
  • Kritik am Buzzword-Bingo: Welche Probleme sieht Meyer in der digitalen Marketing-Branche? (ab 6:40)
  • 100 Millionen Euro Media-Budget: Warum investiert Müller Milch wenig Geld in digitales Marketing? Welchen Media-Mix strebt das Unternehmen in Zukunft an? (ab 8:10)
  • So misst Müller Milch den Erfolg seiner Kampagnen (ab 13:53)
  • Welche Aufgaben hat Christian Meyer als Digitalchef bei Müller Milch. Wo und wie kommen Agenturen ins Spiel? (ab 14:49)
  • Verändernde Werbemöglichkeiten: Vor welchen Problemen steht Meyer mit der bisherigen TV-lastigen Strategie (ab 16:53)
  • Die große Digital-Ernüchterung bei Müller Milch: Beispiele für gescheiterte Kampagnen-Versuche (ab 21:45)
  • 95 Prozent TV: Der aktuelle Media-Mix von Müller Milch (ab 28:22)
  • Warum Christian Meyer Social Media so kritisch sieht und welche Statistik ihm die Augen geöffnet hat (ab 30:12)
  • Netflix, Amazon, Apple: Wie sind die Player ohne großes Digital-Spending so erfolgreich geworden? (ab 36:18)
  • Nachhaltigkeit und Wirkung sind die wichtigsten KPIs für Müller Milch. Warum stehen diese im digitalen Bereich hinter TV zurück? (ab 38:45)
  • Wie setzen die großen Konkurrenten von Müller Milch ihre Budgets ein? (ab 41:02)
  • Warum Vertical Brands wie Casper digital aufgebaut werden können und wo die Grenzen liegen (ab 42:32)
  • Diese Erfahrungen hat Christian Meyer mit Bannern und Influencer Marketing gemacht (ab 44:14)
  • Paid, Owned, Earned: Die Content-Marketing-Strategie von Müller Milch (ab 48:48)
  • Der Transfer von TV zu Online: So wirken sich Kampagnen auf den Traffic aus (ab 52:35)
  • Wie sieht der Zielkonsument von Müller Milch aus? (ab 54:01)
  • Kann Red Bull ein Vorbild in Sachen Marketing sein? (ab 54:56)
  • Darum ist Christian Meyer ein Fan von Plakatwerbung (ab 58:49)

Der neueste OMR Podcast ist ab sofort bei Soundcloud, iTunes (falls die aktuelle Episode noch nicht sichtbar ist, einfach abonnieren) oder per RSS-Feed verfügbar. Ihr könnt uns außerdem auf den Plattformen Stitcher und Deezer finden. Viel Spaß beim Anhören – und ein riesiges Dankeschön für jede positive Bewertung.

DMEXCOPodcast
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

Alle Artikel von Martin Gardt

Ähnliche Artikel

Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!
Zeig mir ein Beispiel