Steckt das Porno-Business in der Marketing-Krise?

Martin Gardt15.6.2016

Daniel Schiemann erzählt im Rockstars Podcast von Porno-Marketing-Strategien

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Porno-Marketing

Daniel Schiemann war lange mittendrin in der Porno-Branche. Als Selbstständiger beriet er den größten Porno-Player der Welt in Marketing-Fragen und kennt sich wie kaum ein zweiter in diesem Business aus. Im Rockstars Podcast erzählt er, wie sich die Branche wandelt, für welche Brands sich Marketing auf Pornoseiten lohnt und welche Plattformen für Erotikstars wichtig sind.

Er steht schon 2012 auf der Bühne der Online Marketing Rockstars Konferenz und schon damals flashen uns die Geschichten von Daniel Schiemann. Er war lange in der Porno-Branche unterwegs und kennt diese sehr gut. Heute berät Schiemann Firmen aus vielerlei Branchen, beobachtet die Porno-Industrie aber immer noch sehr genau: „Die größten Player sind immer noch die Jungs von Manwin, die haben sich aber schon wieder umbenannt und nennen sich Mindgeek. Die sind vom Traffic-Volumen durch die Tubes am allergrößten.“ Im Podcast erzählt Schiemann Philipp Westermeyer, wie die kostenlosen Pornoseiten von diesem Anbieter das Business aus seiner Sicht zerstören. Durch ihre Angebote wird mit Pornos viel weniger Geld verdient als noch vor ein paar Jahren, clevere Marketer verlassen die Branche. Stattdessen seien die großen Brands mittlerweile Innovationstreiber in Sachen Marketing – früher galt die Pornoindustrie in Bereichen wie Online Marketing und Technologie noch als besonders clever.

Auf Pornoseiten werben – kann das gut gehen?

Aus Schiemanns Sicht sollten Brands und Marketer die Porno-Branche trotzdem nicht aus den Augen verlieren – und sei es nur als Traffic-Quelle. Schon lange wird diskutiert, ob auch „saubere“ Marken auf Pornoseiten Banner-Werbung schalten sollten, um günstigen Traffic und Conversions zu erreichen. Dabei besteht schließlich immer die Gefahr, dass sich die Platzierung auf solchen Seiten negativ auf das Image auswirkt. Schiemann sieht aber Chancen: „Immer mehr Firmen drängen in das Segment und sagen: ‚Komm, wir machen eine Second Brand auf, um unser Hauptprodukt nicht zu beschädigen.‘ Der Kontaktpreis ist so attraktiv und die Conversionrate so gut, dass es immer mehr Firmen machen.“ Ein aktuelles Beispiel zeige, wie es gehen kann. Ein Radiosender aus Mecklenburg Vorpommern schalte witzige Banner-Ads („Das zweitschönste nach Sex ist…“) auf kostenlosen Pornoseiten. Und das funktioniere sehr gut.

Doch auch für Brands aus anderen Branchen sei Porno-Marketing möglich. Im Podcast nennt Schiemann Kunden wie Möbelhändler, Automarken, Medienmarken, Food-Delivery-Brands und Versicherer, die über Pornoseiten junge Männer erreichen wollen. Ein Banner liege bei einem CPM (Cost per Mille, Preis pro Tausend Kontakte) zwischen 30 Cent und zwei Euro, was im Vergleich zu ähnlichen Inventaren gar nicht so günstig ist. Marketer könnten laut Schiemann aber Klicks für zwei Cent einkaufen. Insgesamt hätte die Porno-Branche aber gemerkt, dass sie ihren Traffic nicht verschenken muss. Schließlich sei der Traffic aus der dunkleren Ecke des Netzes nicht automatisch schlecht.

Porno-Marketing auf den Plattformen

Porno-Marketing funktioniere laut Schiemann auf Instagram und Snapchat sehr gut: „Snapchat ist eine Geschichte, die für Erotik super funktioniert und die viele dafür benutzen. Snapchat weiß das auch und verdient auf allen möglichen Wegen ja auch mit.“ Ähnliches gelte auch für Instagram. Sogenannte Camgirls (junge Frauen, die sich vor der Webcam ausziehen und dafür Geld kassieren) zeigen sich auf den Plattformen jugendfrei im Bikini und weisen dann auf ihre kostenpflichtigen Angebote hin. Das funktioniere laut Schiemann ausgesprochen gut, auch weil sie dabei so authentisch seien und sich selbst nicht zu ernst nähmen.

Wenn Ihr mehr über Porno-Marketing erfahren wollt, hört unbedingt in diesen unterhaltsamen Rockstars Podcast rein, es geht auch um Skandale bei Germany’s Next Topmodel und David Garrett. Und um clevere Prostituierte, die Airbnb für sich entdeckt haben.

Alle Themen vom Rockstars Podcast mit Daniel Schiemann im Überblick:

  • Daniel Schiemanns Vergangenheit als Erotik-Vermarkter und seine Zusammenarbeit mit Manwin (heute Mindgeek: Pornhub, Youporn, uva.) (ab 3:03)
  • Die größten Player im heutigen Pornomarkt (ab 5:35)
  • Business as usual: Wieso gibt es wenige große Umbrüche in der Pornobranche? (ab 6:20)
  • Wie können Porno-Portale clever Traffic generieren – vor allem wenn Google und die großen Plattformen Erotik-Inhalte filtern? (ab 7:36)
  • Amateur-Girls und ihre authentische Social-Media-Strategie. Welche Portale profitieren davon? (ab 10:55)
  • Der Germany’s Next Topmodel Skandal um den „geheimen“ Pornodreh von Aische Pervers während des Finals: Was steckt dahinter? (ab 13:28)
  • Der Mainstream ist kreativer als die Pornobranche. Gibt’s trotzdem noch verrückte Cases? (ab 14:43)
  • Wie beeinflusst Adblocking das Pornomarketing? (ab 18:07)
  • Können „normale“ Brands erfolgreich im Erotikumfeld Werbung schalten? Für welche Branchen macht das vor allem Sinn? (ab 20:23)
  • So überraschend hoch ist der TKP (Tausenderkontaktpreis) auf Pornotubes (Kostenlos-Seiten)? Und so günstig sind Klicks (ab 24:06)
  • Wieso funktioniert Real-Time-Bidding (RTB) nicht im Erotik-Bereich? (ab 27:03)
  • Wie Mobile das Business durchmischen könnte (ab 28:44)
  • Pornos bei Bing: Können Pornovideos der Suchmaschine helfen? (ab 31:06)
  • Virtual Reality: Heilsbringer oder Rohrkrepierer? (ab 32:43)
  • Gibt es noch Plattformen, auf denen Erotikplayer schon sind und die der Mainstream noch gar nicht kennt? (ab 34:19)
  • Welche Plattformen (Youtube, Instagram, Snapchat) funktionieren als Marketingkanal für Pornoinhalte? (ab 36:55)
  • Deutsche Erotikstars auf neuen Plattformen. Wie sich Pornostars cross-vermarkten (ab 40:19)
  • Fakes im Erotik- und Dating-Business (ab 43:01)
  • Sind Dating-Portale wie Tinder Einstiegsportale für Pornoseiten? (ab 45:18)
  • Die Macher der Erotikbranche: Wie weit voneinander sind Offline- und Online-Welt entfernt? Gibt es einen Wettbewerb um die besten Mädels? (ab 47:43)
  • Die niedrige Einstiegshürde ins Porno-Business durch die Digitalisierung (ab 50:36)
  • Könnte die Erotikbranche durch einen Player (wie Uber bei Mobilität, Airbnb bei Reisen) komplett umgekrempelt werden? (ab 52:11)
  • Gibt’s auch bei Pornos Evergreen-Content? (ab 54:24)
  • David Garrett in der Pornofalle: Hat seine Ex-Freundin alles richtig gemacht? (ab 56:03)
  • So nutzen Prostituierte Airbnb clever, um neue Kunden zu gewinnen (ab 58:34)

Der Rockstars Podcast mit Daniel Schiemann ist ab sofort bei Soundcloud, iTunes (falls die aktuelle Episode noch nicht sichtbar ist, einfach abonnieren) oder per RSS-Feed verfügbar. Ganz neu: Ihr könnt uns jetzt auch auf der US-Plattform Stitcher finden. Viel Spaß beim Anhören!

Porno
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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