Pip Klöckner über die „Cookiecalypse“: „Die Kleinen werden es künftig noch schwerer haben“

Der Digitalberater, Investor und Podcaster über die gerade stattfindende Neusortierung des Advertising-Marktes

Philipp Klöckner
Philipp Klöckner (Foto: Doppelgänger Podcast)

Machen Investitionen ins Adtech-Ökosystem noch Sinn, wenn es mal eine Welt ohne Cookies geben sollte? Diese Frage werde ihm schon seit zwei, drei Jahren gestellt, berichtet Philipp „Pip“ Klöckner in der neuesten Folge des OMR Podcasts. „Bisher war ich da relativ entspannt“, so der Digital-Experte. Doch in den vergangenen Monaten hat sich die Entwicklung beschleunigt. Kleinere Adtech-Firmen werden es in Zukunft noch schwerer haben, während drei der GAFA-Konzerne ihre Position festigen werden, glaubt Klöckner.

„Die drei großen Trends bzw. Herausforderungen im Adtech-Ökosystem werden glaube ich die drei Ps sein: Privacy, Payment und Public Policy“, sagt der Experte. Klöckner berät u.a. Firmen aus dem Portfolio des Finanzinvestors KKR in Sachen Digitalmarketing, ist aber auch selbst als Investor sowie als Host des Doppelgänger-Tech-Podcasts aktiv.

„Apples Geschäftsmodell korreliert positiv mit mehr Privacy“

In Sachen Privacy haben in der GAFA-Welt in den vergangenen zwölf Monaten zwei entscheidende Entwicklungen stattgefunden: Die erste war Apples Ankündigung, dass App-Entwickler künftig bei den Nutzenden die Erlaubnis einholen müssen, wenn sie diese App-übergreifend tracken wollen. „Apple hat als einziges großes Tech-Unternehmen ein Interesse an mehr Privacy“, so Klöckner über diesen Schritt. Je stärker Apple die „Privacy-Schrauben“ anziehe, desto schlechter gehe es dem Rest des Adtech-Ökosystems. „Wobei der Rest wirklich sehr klein ist.“ Und der werde es in Zukunft noch schwerer haben.

Wenn Apple die eigenen Nutzenden auf diese Weise abschirme, biete dies die Gelegenheit, den Zugang zu diesen auf andere Art und Weise zu verkaufen, so der Digitalberater weiter. Die einfachste Art sei der App Store: „Apple verdient mehr Geld, wenn andere Werbekanäle ineffizienter werden, weil dann mehr Geld im App-Store-Ökosystem gelassen wird. Das ist eine sehr gute Position, wenn das eigene Geschäftsmodell mit mehr Privacy positiv korreliert.“ Vielleicht werde Apple auch andere Wege finden, wie sie anderen Unternehmen ohne Werbung und Tracking den Zugang zu Apple-Nutzenden verkaufen können, spekuliert Klöckner.

„Die Verlage müssen sich sorgen“

Nach Apples Ankündigung im vergangenen Sommer hat nun Google in den vergangenen Monaten nachgezogen und die Third-Party-Cookie-Alternative „Federated Learning of Cohorts“ (Floc) vorgestellt. „Da werden mehrere Nutzer in einen Topf geschmissen und gemeinschaftlich getrackt“, so Klöckner. „Das ist ein bisschen Privacy-sensibler.“ Solche Modelle könne Google durchsetzen, weil das Unternehmen „eine vertikale Integration an das Rückgrat des Internets“ vollzogen habe: Mit Chrome verfügt Google über den Browser mit weitem Abstanden größten Marktanteil; Android wiederum ist das dominierende Betriebssystem im Mobile-Bereich.

Das bedeutet auch: Google wird künftig Tracking möglicherweise noch stärker kontrollieren als zuvor. „Die Verlage müssen sich sorgen“, sagt Klöckner dementsprechend. „Deren Durchschnitts-CPM wird runtergehen.“ In der Regel werde deren Traffic ja durch andere Netzwerke vermarktet. Floc könnte nun ein Anreiz für die Verlage sein, sich doch durch Googles Doubleclick vermarkten zu lassen, weil sie möglicherweise ein besseres Targeting und damit höhere Einkünfte ermöglichen. Ein weiterer Grund, aus dem Klöckner Google durch die Entwicklung hin zu strengerem Datenschutz wenig bedroht sieht: „Wenn andere Kanäle ineffizienter werden, durch schlechteres Tracking, dann werden die Budgets umgeshifted. Und die landen dann bei Search und Amazon.“

„Payment ist das ultimative Attributionssystem“

Der Digital-Experte prognostiziert mehrere Entwicklungen, die aus dem Tod des Cookies resultieren könnten. „Es wird Innovationen in anderen Bereichen geben, im Bereich des kontextuellen Targetings und der Umfeld-Vermarktung.“ Außerdem zeichne sich ab, dass möglicherweise andere Parteien den Markt betreten werden, die ihre Daten verkaufen. In den USA habe beispielsweise T-Mobile gerade angekündigt, die Daten der eigenen Kund:innen fürs Ad-Targeting an Unternehmen verkaufen zu wollen.

Die größte Chance biete sich jedoch im Bereich Payment: „Das ist ja das ultimative Attributionssystem, wenn ich sehe, jemand hat im Rewe diese Butter gekauft und 40 Mal Werbung dafür gesehen.“ Dementsprechend sei Payment für Apple und Google der spannendste Zukunftsmarkt. Möglicherweise werde Apple dort ja mit dem Thema Privacy als Alleinstellungsmerkmal agieren – dass die Nutzenden also explizit nicht getrackt werden.

„Facebook steckt fast in einer Sackgasse“

Und was ist mit Facebook, der vierten der GAFA-Firmen? „Facebook sitzt zwischen Apple und Google und damit in einem Taxi, dass auf dem Weg zu einem sehr unschönen Ort ist“, so Klöckner. „Ich sehe nicht die Strategie, wie sie da raus kommen.“ Mit der gerüchteweise geplanten Facebook Smartwatch sei der Social-Konzern vermutlich zu spät dran, um noch am Thema Payment teilnehmen zu können. Mit Facebook Shops würde das Unternehmen versuchen, die Nutzenden dazu zu bringen, ihre Kreditkarten zu hinterlegen, damit die Conversion Rate steigt und das Tracking besser wird. „Aber insgesamt sehe ich Facebook fast in einer Sackgasse“, so Klöckner.“

Wenn Ihr wissen wollt, warum Philipp Klöckner viel Geld bei Gorillas (seit neuestem ein Unicorn) investiert hat, warum seine Begeisterung für Clubhouse ein wenig abgekühlt ist und wie er über Shopifys Start eines Affiliate Netzwerks denkt – hört die neueste Folge des OMR Podcasts!

Außerdem bekommt Ihr ein Update von Alex Graf, was bei der von ihm mit gegründeten Commerce-Plattform Spryker nach der jüngsten Finanzierungsrunde in Höhe von 130 Millionen Euro im Dezember passiert ist.

Unsere Podcast-Partner im Überblick:

Zu Anfang des Podcasts spricht Philipp mit Kai Boyd von Fastly über den Trend zum Edge Computing. Die Edge-Cloud-Plattform von Fastly kann dafür sorgen, dass Seiten mit vielen Videos oder Bildern sowie hohem Traffic schneller geladen werden und so Besucher*innen und Kund*innen ein sicheres digitales Erlebnis bieten. Außerdem bietet Fastly seit Kurzem auch Schutz vor Hacker-Angriffen. Wenn Euch also die Themen Edge-Computing, Web Acceleration und SEO-Performance-Steigerung durch Geschwindigkeit interessieren, meldet Euch unbedingt bei den Kollegen! Alle Infos findet Ihr unter Fastly.com sowie unter OMR Reviews!

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Zum Schluss mal wieder ein Hinweis in eigener Sache: In unserer OMR Academy könnt Ihr innerhalb von zehn Wochen mit jeweils zwei bis drei Stunden Lernaufwand verschiedenste Themen aus der digitalen Marketing-Welt lernen. Das sind zum Beispiel Facebook- und Instagram-AdvertisingSEADigital Marketing AnalyticsE-Mail-Marketing und viele mehr. Neben den entsprechende Inhalten erhaltet Ihr außerdem auch Zugang zum Experten-Netzwerk. Wollt auch Ihr Euch Euer Zertifikat holen? Alle Infos zur OMR Academy gibt es hier.

Die Themen des OMR Podcasts mit Philipp Klöckner im Überblick:

  • 4:42 Wie sieht er die Entwicklung rund um die Abschaffung der Third Party Cookies und um iOS14 bei Apple?
  • 14:48 Welche Entwicklung beobachtet er am Kapitalmarkt, insbesondere mit Blick auf ESG-Titel?
  • 19:55 Warum hat er in Gorillas investiert?
  • 26:52 Wie steht er mittlerweile zu Clubhouse und wie schätzt er das Konkurrenzprodukt von Twitter ein?
  • 35:57 Wie sieht er Shopifys Einstieig ins Affiliate-Netzwerk-Geschäft?
  • 41:44 Welche Meinung hat er zur Klarnamen-Problematik im Internet?
  • 48:06 Sieht er Reebok als ein lohnenswertes Übernahmeziel?
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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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