Dieser Gründer machte Personio zum 6-Milliarden-Dollar-Startup

Florian Rinke30.1.2022

Die Gründer von Personio und Commercetools erzählen in der Doppelfolge des OMR Podcasts vom Aufbau ihrer Startups

Aufmacher
Hanno Renner ist Gründer von Personio. (Foto: Personio)

Wenn es um Digitalisierung geht, ist oft davon die Rede, dass Deutschland die erste Hälfte des Spiels verpasst hat: die Online-Handelsriesen sind in den USA und Asien entstanden, die großen Suchmaschinen auch. Doch nun kommt das Zeitalter der B2B-Start-ups – und plötzlich strömt das Risikokapital wieder nach Deutschland. In unserer Doppelfolge erklären die Gründer von Personio (HR-Software) und Commercetools (E-Commerce-Software) ihre Strategie – und verraten, wie sie Top-Investoren von ihrer Idee überzeugt haben.

Das Münchner Start-up Personio macht Umsätze im zweistelligen Millionenbereich, dennoch wird es von Investoren bereits mit rund 6,3 Milliarden Dollar bewertet. Der Münchner Anbieter von Software für den Personalbereich wäre damit ungefähr so viel wert wie börsennotierte Konzerne wie Thyssenkrupp oder Fraport. Doch wenn Hanno Renner anfängt zu rechnen, dann klingt das alles irgendwie ganz logisch. Die Rechnung des Gründers und Vorstandschefs geht ungefähr so: Personio hat aktuell einen Marktanteil von nicht mal 0,3 Prozent in Europa. Sollte man sich in den kommenden Jahren vierdreißigfachen, wäre der Marktanteil mit knapp zehn Prozent immer noch überschaubar – doch Personio würde gemessen am Marktwert der (verglichen mit aktuellen Bewertungen) wertvollste deutsche Konzern sein. Man kann sich also schon vorstellen, warum Investoren geradezu wetteifern, um sich am Münchner Startup beteiligen zu dürfen.

„Natürlich haben wir einen gewissen Verhandlungsspielraum, weil wir in den letzten Finanzierungsrunden nie Geld gebraucht haben, sondern die Investoren immer uns überzeugen wollten, zu dem Zeitpunkt schon eine Runde zu machen“, sagt Hanno Renner im Gespräch mit Philipp Westermeyer im OMR Podcast. Dies habe dem Team die Möglichkeit gegeben, Bewertungen zu fordern, die eher das Zukunftsgeschäft berücksichtigen als den aktuellen wirtschaftlichen Erfolg. So war es auch im vergangenen Herbst, als das Start-up zuletzt rund 270 Millionen Dollar von Investoren einsammeln konnte. Mit Index Ventures oder Accel haben sich inzwischen zahlreiche namhafte US-Investoren bei den Münchnern eingekauft. Und Hanno Renner macht weiter Tempo. Der Gründer will beweisen, dass es auch in Europa möglich ist, Software-Riesen wie in den USA aufzubauen. Und gerade im B2B-Bereich gibt es inzwischen einige interessante Startups aus Deutschland (hier geht es zu unserem OMR Podcast mit dem Gründer von LeanIX).

Excel-Listen für die Personalverwaltung

Dass sich Personio zu einem der wertvollsten deutschen Startups entwickeln würde, war für Renner zum Zeitpunkt der Gründung im Jahr 2015 natürlich nicht absehbar. Damals wollte der Absolvent der TU München gemeinsam mit seinen Mitgründern Roman Schumacher, Arseniy Vershinin und Ignaz Forstmeier in erster Linie eine Software entwickeln. Mit dieser sollten kleine und mittlere Unternehmen ihre Personalverwaltung optimieren können. Denn in vielen Betrieben, sagt Renner, werde immer noch primär mit Excel-Listen gearbeitet.

Dem Team sei schon damals klar gewesen, sagt Hanno Renner, dass man einen europäischen Marktführer aufbauen könne. Doch letztlich komme es natürlich auch auf den Zeitpunkt und ein wenig Glück an. „Das ist ähnlich wie bei Spotify“, zieht Hanno Renner einen Vergleich. Hätte dessen Gründer Daniel Ek den Musik-Streamingdienst vier Jahre früher gestartet, wäre er vermutlich gescheitert, weil die Plattenfirmen noch zu arrogant gewesen wären. „Und vier Jahre später wäre der Streaming-Markt vergeben gewesen. Es kommt viel aufs Timing an“, sagt Hanno Renner.

Commercetools musste die Software neu denken

Wie wichtig der richtige Zeitpunkt bei der Gründung ist, musste auch Dirk Hoerig erleben. Mit dem Chef des Berliner Software-Anbieters Commercetools ist in der Doppelfolge des OMR Podcasts noch ein zweiter Gründer eines sogenannten Unicorns zu Gast, also eines Startups mit einer Bewertung von mindestens einer Milliarde Dollar. Das Unternehmen entwickelt Software, mit der sich Online-Shops effizient betreiben lassen. Zu den Kunden zählen unter anderen der Autohersteller Audi, das Spielwaren-Unternehmen Lego oder der amerikanische Telekommunikationskonzern AT&T. Doch der Start war im Jahr 2006 alles andere als leicht. Denn laut Dirk Hoerig interessierten sich Investoren damals eigentlich nicht für E-Commerce-Software – sondern nur für soziale Netzwerke.

Philipp Westermeyer und Dirk Hoerig sprachen im OMR Podcast miteinander.

Die ersten Jahre entwickelte sich das Geschäft eher schleppend. Das Team entschloss sich, die Software noch einmal komplett neu zu denken. Denn an den Nöten potentieller Kunden hatte sich ja nichts geändert: Viele Kunden hatten Probleme, mit ihren Shop-Lösungen Spitzenlasten abzudecken. Speziell in der Weihnachtszeit, wenn sich viele Menschen gleichzeitig im Internet umschauten, gerieten einige Systeme an ihre Grenzen. Dirk Hoerig und sein Mitgründer Dennis Werner setzten deshalb auf eine Cloud-Lösung. „Wenn ich an ein Auto Flügel dran packe, ist es trotzdem kein Flugzeug“, sagt Dirk Hoerig im OMR Podcast. Die beiden Gründer mussten die Software daher völlig neu denken. 

Im OMR Podcast erzählt Dirk Hoerig, wie der zweite Versuch zündete und Commercetools zum Unicorn wurde. Und Personio-Gründer Hanno Renner verrät, wieso ein großer Teil der Firma den Mitarbeitern gehört – und welche Pläne er mit der Stiftung verfolgt, die Personio mit Geldern im Umfang von einem Prozent der Firmenbewertung aufgebaut hat.

Die Themen des OMR Podcasts mit Hanno Renner und Dirk Hoerig:

  • Wie die Idee zu Personio entstand (00:03:45)
  • Ein Berufseinsteiger baut ein Milliarden-Unternehmen (00:11:30)
  • Eine Stiftung mit einem Prozent der Anteile (00:19:45)
  • Wie Personio die ersten Investoren fand (00:33:30)
  • So funktioniert die Software von Commercetools (00:45:00)
  • Commercetools wagt den zweiten Anlauf (00:53:30)
  • Wie sich Commercetools im Markt differenziert (01:05:30)
CommercetoolsDirk HoerigHanno RennerOMR Podcast
Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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