Nach 740-Millionen-Euro-Funding: So will Trade Republic die nächste Wachstumsstufe zünden

Florian Rinke16.1.2022

Gründer Christian Hecker spricht im OMR Podcast exklusiv über die Pläne des Berliner Neobrokers

Trade Republic
Philipp Westermeyer traf Christian Hecker (rechts) in Berlin.

In der Anfangszeit von Trade Republic hat es noch Monate lang gedauert, den ersten Investor zu finden. Heute zählt der Neobroker zu den wertvollsten Start-ups in Europa. Investoren-Legenden wie Sequoia oder Peter Thiel haben investiert. Allein im vergangenen Jahr hat Trade Republic die Zahl der Mitarbeiter:innen verdreifacht. Im OMR Podcast erzählt Gründer Christian Hecker, wie er die vergangenen Monate erlebt hat – und warum ihm als CEO die Auswahl von Tischplatten beschäftigt.

Wie sich eine Firma verändert, wenn die weltgrößten Risikokapitalgeber einsteigen, erkennt man im Fall von Trade Republic allein schon an der Zahl der Mitarbeiter: vor knapp einem Jahr arbeiteten 200 Menschen für den Berliner Neobroker, inzwischen sind es mehr als 600. In Berlin entsteht gerade eine neue Firmenzentrale, in denen die Teams schon bald arbeiten sollen. Und Firmengründer Christian Hecker zeigt Top-Manager:innen am Wochenende auch schon mal persönlich die Stadt, um sie von US-amerikanischen Weltmarken wie Netflix oder Uber abzuwerben.

Seit Trade Republic im vergangenen Jahr bei einer Finanzierungsrunde umgerechnet 740 Millionen Euro  einsammeln konnte, hat sich das Leben von Christian Hecker nochmal beschleunigt. Damals investierten Risikokapitalgeber wie Peter Thiel, Sequoia oder TCV und bewerteten die Firma mit mehr als vier Milliarden Euro. „Das sind die besten Investoren,  die zwingen einen auch dazu, die Komfortzone zu verlassen“, erzählt der Trade-Republic-Gründer im OMR Podcast.

Anfangs wollte niemand Trade Republic Geld geben

Inzwischen nutzen mehr als eine Million Kunden die App des Unternehmens, um darüber Aktien und ETFs zu handeln. Trade Republic ist heute auch in Ländern wie Spanien, Italien und Frankreich aktiv, denn Christian Hecker und seine beiden Mitgründer Marco Cancellieri und Thomas Pischke haben ein großes Ziel: Sie wollen den größten Neobroker Europas aufbauen.

Dabei sah es nach der Gründung 2015 zunächst noch ganz anders aus. Damals, erzählt Christian Hecker im Gespräch mit Philipp Westermeyer, hätten sie zwei Jahre lang in Airbnb-Wohnungen gelebt. Als Gründer eines Startups bekamen sie ohne Einkommen keine Wohnung in Berlin. Anfangs habe niemand in Trade Republic investieren wollen, so Hecker. Dann gelang es dem Start-up, zunächst die Düsseldorfer Sino AG und später dann Risikokapitalgeber wie Project A und Creandum zu überzeugen (hier geht es zur Folge des OMR Podcasts mit Christian Hecker und Florian Heinemann von Project A). „Und auf einmal sitzt man dann in Los Angeles mit Peter Thiel am Tisch“, sagt Christian Hecker.

Führungspersonal rekrutiert Trade Republic bei Netflix und Co.

Inzwischen hat das Unternehmen ganz andere Herausforderungen. Denn das große Investment weckt natürlich einerseits Erwartungen. Andererseits geht es nun auch darum, dass rasante Wachstum zu managen. Das Problem ist: In Deutschland und auch in Europa gibt es die Expert:innen, die Trade Republic als Mitarbeiter:innen gewinnen will, laut Christian Hecker kaum. „Wir sind auf internationale Leute angewiesen“, sagt der Trade-Republic-Gründer. Das Führungspersonal rekrutiert das Berliner Start-up inzwischen bei anderen bekannten Digitalfirmen wie Netflix, Uber, Klarna oder Revolut.

Gehälter wie im Silicon Valley müsse man deswegen aber glücklicherweise noch nicht bezahlen. „Die Leute denken, Berlin sei genauso teuer wie Los Angeles“, sagt der gebürtige Münsterländer. Doch wenn sie dann ein Gefühl dafür bekämen, was Wohnungen in Stadtteilen wie Grunewald oder Prenzlauer Berg kosten, würden sie auch Gehaltsvorstellungen anpassen: „Sie merken dann auch, dass man hier mit weniger zufrieden sein kann.“

Die neue Firmenzentrale soll die Kultur widerspiegeln

Viel wichtiger ist sowieso die große Vision des Unternehmens. Sie soll künftigen Mitarbeiter:innen klar machen, welches Potenzial in dem Berliner Start-up steckt. Denn Trade Republic möchte ein Problem bekämpfen, das laut Christian Hecker das zweitwichtigste Zukunftsthema nach dem Klimawandel ist: die Rentenlücke. „Wenn du heute 18 Jahre alt wirst in Berlin, zahlst du 45 Jahre in die Rentenkasse ein, doch deine Rente wird am Ende nicht für die Miete in Prenzlauer Berg reichen“, sagt Christian Hecker im OMR Podcast: „Ich glaube, das macht es ganz deutlich, dass fast jeder Deutsche in Altersarmut leben wird, wenn er jetzt nicht privat vorsorgt.“ Weil das Problem praktisch jeden jungen Menschen betrifft, sei auch praktisch jeder Bürger ein möglicher Kunde. „Die Chance, die wir haben, ist gigantisch.“

Auch deshalb errichtet Trade Republic gerade in Berlin eine neue Firmenzentrale. Sie soll ein Symbol dafür sein, dass man langfristig plant – und gleichzeitig natürlich auch die Kultur des jungen Unternehmens widerspiegeln. Im OMR Podcast verrät Christian Hecker, dass er sich daher als CEO sogar darum kümmert, welche Tischplatten und Kaffeemaschinen angeschafft werden. „Wenn man eine Marke aufbauen möchte, dann ist es wichtig, dass man ein Erlebnis schafft“, sagt Christian Hecker: „Wir kümmern uns daher schon sehr, dass sich die Marke Trade Republic im Büro wiederfindet.“

Im OMR Podcast verrät Christian Hecker außerdem, welche Unterschiede es zum US-Konkurrenten Robinhood gibt, warum er lieber organisch als durch Übernahmen wächst – und wie viel Geld Kunden des Neobrokers in der Regel so anlegen.

Die Themen des Podcasts mit Trade-Republic-Gründer Christian Hecker im Überblick:

  • Die große Gefahr der Rentenlücke (00:05:00)
  • Wie Trade Republic mit Rückvergütungen Geld verdient (00:11:00)
  • Christian Hecker über Aktien als Willkommensprämie und Sport-Sponsering (00:19:30)
  • Warum Trade Republic auf Krypto-Währungen setzt (00:24:50)
  • Trade Republic vs. Robinhood (00:28:50)
  • Die Folgen der Zinspolitik für die Aktienmärkte (00:31:20)
  • Warum Trade Republic seine Top-Manager im Ausland rekrutieren muss (00:41:05)
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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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