Instagrams Keks-Champions: Wie My Cookie Dealer 10 Millionen im Jahr mit Cookies umsetzt

Torben Lux12.3.2021

Der Profi-Bodybuilder Juan Diesel Morel und seine Frau Karen beschäftigen mit ihrem Cookie-Handel über 30 Mitarbeiter

Mycookiedealer Instagram neu
So inszeniert Mycookiedealer seine Kekse auf Instagram (Screenshot: Instagram)

Auf dem Instagram-Account vom Profi-Bodybuilder Juan Diesel Morel bekommt man größtenteils das zu sehen, was man von einem hauptberuflichem, über 120 Kilogramm schweren Eisenbieger so erwartet. Viele Hanteln, Gepose auf Bühnen und vor Spiegeln, Muskelberge und Essen. Als ab 2018 zwischen Hühnchen und Reis immer wieder auch Fotos von großen Cookies auftauchen, die seine Frau backt, ahnt er noch nicht, dass das der Grundstein für ein lukratives Geschäftsmodell sein sollte. Heute verkauft das Paar bis zu 35.000 der über 200 Gramm schweren Kekse pro Woche – mittels Drops und dank Instagram. OMR zeichnet die Geschichte von „Mycookiedealer“ nach.

Der Ernährungsplan von professionellen Bodybuildern könnte strikter und durchgeplanter kaum sein. Es kommt auf jede Kalorie an, die richtige Verteilung der Nährstoffe, das Timing der Mahlzeiten. Cookies haben auf dieser häufig immer noch klassisch von Reis, Hühnchen und Brokkoli geprägten Speisekarte typischerweise eigentlich keinen Platz. Das ist auch bei Juan Diesel Morel nicht anders. Der Profi der International Federation of Bodybuilding & Fitness (IFBB) hätte ohne diese Disziplin (und vielleicht dem einen oder anderen Hilfsmittelchen) sonst sicher keine sieben Wettbewerbe gewonnen. 

Ähnlich wie viele andere Sportler auch, die nahezu durchgehend auf Diät sind und ihre Ernährung tracken, legt aber auch Juan Diesel Morel hin und wieder mal ein „Cheat-Meal“ oder sogar einen „Cheat-Tag“ ein. Eine seiner Lieblingsschummeleien für diese Anlässe: Cookies, am besten von seiner Frau Karen gebacken, ein halbes Pfund schwer und häufig mit weiteren kleinen Sünden gefüllt. Der Bodybuilder nimmt die Kalorienbomben 2018 hin und wieder mit ins Fitnessstudio und sie wecken das Interesse seiner Trainings-Kollegen. Als er dann auch noch Fotos der Kekse auf seinem Instagram-Account hochlädt, der heute auf fast eine halbe Million Abonnenten kommt, erhält er hunderte Direktnachrichten – und wittert ein Geschäft. 

Vom Fitnessstudio in die Backstube

Während Karen Morel anfangs noch Nachts in der Bäckerei einer Freundin die schon jetzt begehrten Cookies herstellt, um sie dann aus dem Kofferraum ihres Autos zu verkaufen, wird die Nachfrage und das Interesse an den riesigen Keksen schnell immer größer. Bis sich das Paar 2019 dazu entscheidet, aus dem kleinen Sidebusiness ein ernsthaftes Unternehmen zu machen: „My Cookie Dealer“. Im Juni 2019 postet Karen das erste Mal ein Foto eines Cookies auf ihrem eigenen Instagram-Account. In der Mitte aufgebrochen, mit viel Schokolade und noch nicht komplett durchgebackenem Teig. 

An dieser Art der Präsentation hat sich bis heute – auch auf dem Account @mycookiedealer mit knapp 280.000 Abonnenten – gar nicht so viel geändert. Was sich aber geändert hat, sind Größe und Erfolg des jungen Unternehmens. Schon im August 2019 sucht Karen Morel über ihren Instagram-Account nach Unterstützung für My Cookie Dealer. In einem kurzen Clip schiebt sie einen Wagen mit über einem Dutzend Backblechen voller Kekse durch eine professionelle Küche. „Wer ist in Long Island und kann mir bei meinem wachsenden Cookie-Business helfen? Ich suche ein paar Leute, die mir beim Backen und Packen helfen“, schreibt sie. 

30 Mitarbeiter, zwei Hallen – und bald ein Store?

Diese erste Suche nach Unterstützung für das wachsende Back-Business ist keine zwei Jahre her. Und schon im Sommer 2020 beschäftigte My Cookie Dealer rund 30 Mitarbeiter, wie die New York Times schreibt. Gebacken wird natürlich auch längst nicht mehr bei einer Freundin, sondern in einer eigenen etwa 202 Quadratmeter großen Bäckerei in New York. Eine zweite Halle in der Größe wird seit vergangenem Sommer vor allem zum Packen und Verschicken der Bestellungen genutzt, eine eigene kleine Autoflotte liefert Bestellungen auf Long Island aus.

Viele Fans markieren My Cookie Dealer in Storys.

Die Sorten, die My Cookie Dealer ausschließlich in 10er- und 20er-Paketen verkauft, variieren stetig; verkauft wird in aus der Fashion-Branche bekannten Drops: My Cookie Dealer produziert zwei bis drei Tage zehntausende von Keksen vor und macht sie dann, nach Ankündigung auf Instagram und noch früher per SMS, an drei Tagen in der Woche im eigenen Online-Shop verfügbar. Diese Verknappung führt dann auch mal dazu, dass 3.000 Bestellungen von über 35.000 Cookies mit einem Gewicht von fast neun Tonnen in nur 14 Minuten eingehen und eine Charge quasi direkt ausverkauft ist.  

Zehn Millionen US-Dollar Umsatz im Jahr?

Die Begehrlichkeiten, die so durch die begrenzte Verfügbarkeit der Kekse erzeugt wird, wirkt wie ein Brandbeschleuniger für das Marketing von My Cookie Dealer. Glückliche Cookie-Fans, die es geschafft haben, eine Bestellung abzugeben, posten Unpacking-Storys auf Instagram; der Account des Startups teilt diese regelmäßig und feuert den Hype damit weiter an. Geplant sei der Einsatz von Drops als mächtiger Marketinghebel ursprünglich allerdings nicht gewesen, wie Karen Morel gegenüber der New York Times sagt. Vor allem am Anfang konnten sie eben nur eine begrenzte Zahl an Cookies herstellen, die Nachfrage sei schlicht deutlich höher als das Angebot gewesen – der Traum eines jeden Gründers. „Das ist kein Marketing. Ich musste es so machen“, so Karen. 

Und obwohl die einzelnen Drops im Laufe der Zeit größer geworden sind, waren sie bisher immer nach nur wenigen Minuten ausverkauft. Zwischen fünf und sechs US-Dollar kostet einer der Cookies. Shaan Puri, unter anderem Gründer von der 2019 von Twitch für 25 Millionen US-Dollar übernommenen Social Plattform Bebo und Investor, rechnet in einem Twitter-Thread vor, wie groß das Cookie-Business von My Cookie Dealer bereits sein könnte: 35.000 Cookies pro Woche, sechs US-Dollar pro Cookie, macht etwa zehn Millionen US-Dollar Umsatz im Jahr.

Der Süßigkeiten-Hype auf Instagram

Das klingt nicht ganz unrealistisch. Und auch der Fakt, dass das Cookie-Business so stark durch Instagram vorangetrieben wird, passt zum Trend junger Brands, die mit Süßigkeiten & Co. große Reichweiten auf der Plattform erzeugen. Hierzulande machen das zum Beispiel „House of Sweets“ und „Sugardad“, die exotische Naschereien importieren, auf Instagram in Szene setzen und verkaufen. Aktuell sorgt außerdem das Donut-Franchise „Royal Donuts“ mit einem enormen Wachstum für Aufsehen. Und auch sehr ähnliche Startups wie My Cookie Dealer profitieren offenbar vom vorherrschenden Zucker-Hype: Sam Eaton, Gründer von „Crave Cookies“, hat den monatlichen Umsatz seiner Keks-Firma bereits im vergangenen Februar auf 110.000 US-Dollar beziffert.

Juan Diesel Morel, der Profi-Bodybuilder und Keksunternehmer, der inzwischen auch selber beim Packen der Pakete hilft, ist sich sicher, dass der Markt und My Cookie Dealer weiter wachsen werden. „Ich glaube, wir wissen immer noch nicht, wie groß das Potenzial wirklich ist“, sagt er gegenüber der New York Times. Ein Indiz dafür, dass es weiterhin gut zu laufen scheint, ist der aktuelle Post auf dem Instagram-Account. „Wir haben an etwas GROßem gearbeitet“, heißt es da. Zu sehen sind Schlüssel. Kommt der My-Cookie-Dealer-Store?

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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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