Von 100.000 auf 1,5 Millionen Abos in nur 18 Monaten – So funktioniert Referral-Marketing

Torben Lux23.8.2019

Das Erfolgsgeheimnis des Wirtschafts-Newsletters "Morning Brew"

Morning Brew Referral Marketing OMR
Morning Brew Referral Marketing OMR

Eigentlich will sich Alex Hofmann 2014 nur ein wenig sinnvoll beschäftigen. Es ist sein letztes College-Jahr, er hat nur zwei Kurse und einen Job bei Morgan Stanley schon in der Tasche. Also fasst er unter dem Namen „The Market Corner“ die wichtigsten Wirtschaftsnachrichten zusammen und verschickt sie als PDF-Datei an seine Kommilitonen. Heute heißt dieser Newsletter „Morning Brew“ und kommt auf über 1,5 Millionen Abonnenten. Wie das junge Medienunternehmen vor allem dank smartem Referral-Marketing in den vergangenen 18 Monaten enorm wachsen konnte, lest Ihr hier.

Das Prinzip des Erfolgs-Newsletters „Morning Brew“ ist eigentlich kein Hexenwerk: Von Montag bis Samstag fasst das Team in einer Mail die aus ihrer Sicht relevantesten Wirtschafts-News zusammen, zeigt verschiedene Standpunkte zu einem Streitthema, baut hin und wieder ein passendes GIF ein und aktiviert die Leser mit einem kurzen Quiz. Man könnte meinen: ein klassischer News-Aggregator, die seit dem zweiten Frühling des E-Mail-Newsletters auch nicht gerade selten sind. Ein kleines Detail unterscheidet „Morning Brew“ dennoch vermutlich von allen anderen Angeboten: In den vergangenen 18 Monaten sind die Abonnenten-Zahlen nahezu explodiert – von 100.000 im Jahr 2017 auf über 1,5 Millionen. 

Wie die „newsletter-first media company“, so bezeichnet sich „Morning Brew“ selber, das geschafft hat, erklärt Tyler Denk in einem sehr detaillierten Beitrag auf Medium. Denk ist Senior Produkt Lead bei dem jungen Medienunternehmen und nach den beiden Co-Gründern Alex Hofmann und Austin Rief einer der ersten Mitarbeiter. Das Erfolgsgeheimnis für das krasse Wachstum: ein ziemlich cleveres Referral Programm. 

Vom Word-of-Mouth-Phänomen zur Referral-Maschine

Als Tyler Denk 2017 bei „Morning Brew“ anfing, war der Newsletter bereits mehr als eine per Mail verschickte PDF-Datei, die er einmal war. Auf 100.000 Abonnenten kam das Produkt zu diesem Zeitpunkt, das gesamte Wachstum sei bis dahin Word-of-Mouth, also Mund-zu-Mund-Propaganda, zu verdanken gewesen. Das Ziel war dann, diese offenbar treuen und größtenteils zufriedenen Leser – immerhin empfehlen sie das Produkt ohne jegliche Incentivierung – aktiver zu nutzen.

Morning Brew Newsletter Referral Marketing Homepage OMR

Die Homepage von „Morning Brew“ wartet lediglich mit einem Feld zum Abonnieren des Newsletters auf.

Tyler Denk nennt einige erfolgreiche Referral-Programme als Beispiele, unter anderem das der Quiz-App HQ Trivia (die Marketing-Strategie haben wir an dieser Stelle bereits ausführlich beschrieben), von Dropbox und von Harry’s (legendäre Referral-Programme Teil 1 und Teil 2). Bei „Morning Brew“ fiel die Entscheidung dann auf ein Meilenstein-Programm, das Abonnenten langfristig dazu motivieren soll, neue Nutzer zu werben. 

Günstige und trotzdem attraktive Anreize schaffen

Bei drei erfolgreichen Empfehlungen gibt es bereits die erste Belohnung für den werbenden Abonnenten: einen extra Newsletter am Sonntag, „Light Roast“. Das begründet Tyler Denk so: „Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ein Stammleser, der uns auch empfiehlt, zusätzlichen Content schätzt. Außerdem entstehen keine direkten Extra-Kosten für uns.“ Die Rechnung scheint aufzugehen. Im Sonntags-Verteiler befinden sich laut Denk rund 75.000 Leser – was auch bedeutet, dass 75.000 Leser jeweils mindestens drei neue Leser geworben haben. 

Die Referral-Prämien von „Morning Brew“.

Ab fünf geworbenen Abonnenten schicken Tyler Denk und seine Kollegen den Nutzern „Morning Brew“-Sticker. Auch hier ist die Rechnung beeindruckend. Die Sticker werden in größeren Mengen bestellt, um möglichst günstig kaufen zu können. Inklusive Versand kostet die kleine Belohnung 1,25 US-Dollar, also 0,25 US-Dollar pro neuem Abonnenten. „Zum Vergleich: Der CPA bei Facebook und Instagram, unseren größten Kanälen für Paid Acquisition, liegen normalerweise zwischen drei und fünf US-Dollar“, so Denk. Weitere Rewards sind der Zugang zu einer geschlossenen Facebook-Gruppe (10), eine Handy-Hülle (15), ein T-Shirt (25), eine Kaffee-Tasse (50) und ein Sweatshirt (100). 

Wie man Nutzer dazu bringt, an einem Referral-Programm teilzunehmen

Neben den genannten Rewards komme es bei einem erfolgreichen Referral-Programm laut Tyler Denk vor allem darauf an, den Abonnenten schnell und möglichst einfach zu erklären, dass es das überhaupt gibt und welche Vorteile man dadurch erhalten kann. Im täglichen Newsletter, die Öffnungsrate beträgt laut Denk rund 45 Prozent, ist daher immer die Rubrik „Share the Brew“ eingebaut. Der Abonnent erfährt hier zum Beispiel im Wechsel, wie viele neue Nutzer er noch zu einer bestimmten Prämie werben muss.

„Morning Brew“ bietet jetzt außerdem zwei Option: Der User kann entweder den individuellen Referral-Link nutzen und verschicken, oder er klickt auf seine persönliche Landingpage. Hier sind alle Belohnungen aufgelistet, der aktuelle Stand, wie viele Subscriber man selber schon geworben hat sowie weitere Share-Möglichkeiten. Um einen neuen Nutzer, der noch keine Referrals gewonnen hat, gezielt anzustoßen, verschickt „Morning Brew“ nach sieben Tagen eine extra Mail. „Unsere Hypothese ist, dass die Wahrscheinlichkeit nach einer Woche am größten ist, dass neue Nutzer über den Newsletter sprechen und ihn empfehlen“, schreibt Tyler Denk

Morning Brew Newsletter Referral Markting Erste Mail OMR

Diese Mail erhalten Leser, direkt nachdem sie den ersten neuen Abonnenten geworben haben.

Zusätzlich verschickt „Morning Brew“ eine Mail beim ersten Referral, nach dem Erreichen der Meilensteine und als Anstoß, wenn nur noch ein geworbener Abonnent fehlt, um den nächsten Reward zu erhalten – immer mit dem Ziel, User zu aktivieren und zu motivieren, den Newsletter weiterhin zu empfehlen. Alle paar Wochen enthält der normale, tägliche Newsletter außerdem einen besonderen Anreiz: Für einen begrenzten Zeitraum können Abonnenten verschiedene Preise wie Geld, Technik-Gadgets oder Reisen gewinnen. Eine neu geworbener Abonnent entspricht dann einem Gewinnlos.

Learnings aus dem „Morning Brew“-Referral-Programm

Tyler Denk betont, dass nicht alle der heutigen 1,5 Millionen Abonnenten von „Morning Brew“ das Ergebnis des Referral-Programms sind. Rund 30 Prozent seien diesem Kanal aber klar zuzuordnen: „Es hat enorm geholfen, Leser in Fans zu verwandeln und Fans in Markenbotschafter, die für uns werben.“ Ein Learning aus den vergangenen 18 Monaten ist außerdem, dass E-Mails der mit Abstand effektivste Kanal im Referral-Programm sind. „Wir haben außerdem festgestellt, dass Whatsapp und SMS zehn mal so effektiv sind wie Linkedin, fünf mal wie Twitter und zwei mal wie Facebook“, so Denk. 

Geld verdient „Morning Brew“ übrigens ausschließlich mit Hilfe von Native Advertising. In jedem Newsletter wird bereits im Header durch ein kleines Logo auf den jeweiligen Sponsor hingewiesen – weiter unten verlinkt ein als „Sponsored“ gekennzeichneter Text dann zur Webseite des Kunden. Drei Millionen US-Dollar will das junge Medienunternehmen so 2018 mit zehn Mitarbeitern profitabel umgesetzt haben. 

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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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