Mehr als 150 Leute, die von smarter Werbung am Artikelende satt werden – das ist Ligatus

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Geschäftsführer Lars Hasselbach im Interview über die Konkurrenz zu Google, den harten Kampf um Placements und das Image von Mutterkonzern Gruner+Jahr

Das Ligatus-Team bei einer Firmenfeier im November (Quelle: Ligatus bei Facebook, Bearbeitung: Online Marketing Rockstars)

Das Ligatus-Team bei einer Firmenfeier im November (Quelle: Ligatus bei Facebook, Bearbeitung: Online Marketing Rockstars)

Jedem, der im Internet auf redaktionellen Portalen unterwegs ist, sind vermutlich irgendwann einmal die kleinen Text-Bild-Anzeigen am Ende von Artikeln aufgefallen. Wie groß das Geschäft mit dieser Werbeform mittlerweile ist, dürfte jedoch nur wenigen bekannt sein. Das Kölner Performance-Marketing-Unternehmen Ligatus ist seit zehn Jahren in diesem Markt aktiv – heute unter dem Dach von Gruner+Jahr, am Anfang noch als Teil der Onvista Group. Mittlerweile ist Ligatus europaweit aktiv, beschäftigt mehr Mitarbeiter als Onvista und liefert zu Peak-Zeiten pro Sekunde mehr als 55.000 Ad Impressions und ein Datenvolumen von zwei Gigabit aus. Wir haben mit Geschäftsführer Lars Hasselbach über das Business gesprochen.

Lars Hasselbach

Lars Hasselbach

OMR: Ligatus ist seit zehn Jahren als Vermarkter im CPC-Performance-Geschäft tätig. Wie ist es denn so, wenn man als Unternehmen dauerhaft mit Google konkurrieren muss?

Lars Hasselbach: „Google ist seit jeher sicherlich ein großer, wichtiger Wettbewerber – aber Außenstehenden ist vielleicht nicht so klar, dass Google im Performance Marketing nicht überall gesetzt ist. Das liegt zum einen daran, dass zumindest bei einigen Publishern der Gedanke an eine Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Mountain View Bauchschmerzen auslöst. Zum anderen liefert Google aber auch auf jenen Seiten, auf denen wir Anzeigen schalten, gar nicht immer so gute Ergebnisse. Das liegt an unserer unterschiedlichen Geschäftspraxis – sowohl was die Umfelder für die Platzierung der Performance Kampagnen, als auch was die Funktionsweise unserer Algorithmen angeht. Unser Kerngeschäft sind Text-Bild-Anzeigen am Artikelende auf journalistischen News- und General-Interest-Portalen. Mit den dort vertretenen, generischen Themen und Nachrichten kommt Googles Auslieferungsalgorithmus nicht so gut zurecht, weil dieser immer noch stark Keyword-getrieben ist. Bei einem Migräne-Forum auf Onmeda.de weiß Google sofort ‚Okay, es geht jetzt um Migräne’, hat 24 passende Advertiser an der Hand und erzielt den besten TKP. Aber wenn das Thema nicht so stark eingegrenzt und offensichtlich ist, hat Google durchaus Schwierigkeiten.“

Warum sollten Sie in General-Interest-Umfeldern erfolgreicher sein? Hasselbach: „Weil wir nicht Kontext-basiert arbeiten, sondern Placement-getrieben sind. Wir schauen genau, welche Kampagne auf der jeweiligen Platzierung – wie zum Beispiel Spiegel Online Artikelende – die besten TKPs erzielt. Nur diese Kampagnen liefern wir dort dann aus – ob sie kontextuell passen oder nicht. Ein Beispiel, das ich immer wieder gerne anbringe: Einer unser Kunden, ein Automobilhersteller im Premium-Segment, wollte sein neues Modell einmal in den bekannten Auto-Umfeldern bewerben. Durch langes Zureden konnten wir ihn davon überzeugen, die Kampagne doch im ganzen Ligatus-Netzwerk laufen zu lassen. Am Ende des Tages lief die Kampagne überhaupt nicht mehr auf den typischen Automobil-Portalen, weil dort hauptsächlich Golf-GTI-Schrauber aktiv sind, die gar nicht das Kleingeld haben, um sich einen Luxuswagen zu kaufen. Stattdessen haben wir die Kampagne auf journalistischen Premium-Angeboten platziert, weil dort die Zielgruppe für das Modell unterwegs ist. Das ist ein weiterer Pluspunkt von uns gegenüber Google. Während Google eher auf Masse geht, schließen wir Long-Tail-Seiten bewusst aus. Wir haben einen klaren Fokus auf Premium-Reichweiten, vor allem in Form von redaktionellen Seiten und bekannten Brands. Denn in hochwertigen Umfeldern ist die Qualität der Nutzer besser und damit auch die generierbaren Leads sowie Umsätze.“

Ligatus-Anzeigen am Ende eines Artikels auf stern.de (Bearbeiteter Screenshot)

Probieren Sie für jede Kampagne mit einem Testbudget einzeln aus, welche Platzierungen am besten funktionieren? Hasselbach: „‚Ausprobieren’ klingt etwas salopp und wird unserer Technologie nicht gerecht. Es gibt aber in der Tat eine Testphase. Da wir aber aus Erfahrung wissen, dass bestimmte Produktumfelder auf bestimmten Placements nicht funktionieren, können wir Streuverluste schon vor dem Kampagnenstart stark reduzieren. Ausschlaggebend für unseren Erfolg ist aber die kontinuierliche Weiterentwicklung unseres Algorithmus, der als intelligentes und lernendes System auch alle unsere Erfahrungen aus den letzten zehn Jahren verarbeitet und damit für eine entsprechend lukrative Auslieferung unserer Performance Kampagnen sorgt.“

Stichwort lukrativ – wie einträglich ist das Geschäft denn für Sie? Hasselbach: „Wenn ich mir anschaue, wie sich in den vergangenen Jahren die Umsätze und das Ad-Impression-Volumen alleine bei uns entwickelt haben, können wir sehr zufrieden sein. Europaweit werden bei Ligatus monatlich über 24 Milliarden Ad Impressions auf über 1.200 Partnerseiten ausgeliefert. Wir sind in neun Ländern aktiv und beschäftigen, unsere jüngste Übernahme veeseo mit eingerechnet, mehr als 150 Mitarbeiter. Nicht nur wir, sondern auch der Markt, den wir bearbeiten, ist größer als mancher im Markt vielleicht meinen mag.“

Laut dem Bundesanzeiger haben Sie im Jahr 2011 knapp 30 Millionen Euro umgesetzt. Angesichts ihres Mitarbeiterwachstums und der Marktentwicklung würde ich schätzen, dass sich ihr Umsatz 2014 auf rund 50 Millionen Euro belaufen hat… Hasselbach: „Konkrete Umsatzzahlen zu einzelnen Bereichen kommunizieren wir bei Gruner+Jahr und damit auch bei Ligatus grundsätzlich nicht, entsprechend werde ich auch Ihre Schätzungen nicht kommentieren. Was ich Ihnen sagen kann ist, dass wir über die letzten zehn Jahre ein signifikantes Umsatzwachstum hingelegt haben und damit inzwischen einen wichtigen Teil zu den Digitalerlösen von G+J Media Sales EMS beitragen.“

Die Umsatzkurve von Ligatus (Quelle: Unternehmen)

Die Umsatzkurve von Ligatus (Quelle: Unternehmen)

In Ihrem Kerngeschäft der Artikelende-Positionen ist die Zahl der Marktteilnehmer, die sich um Placements streiten, ja stark gestiegen – Outbrain… Hasselbach: „…Plista, Unister, Performance Advertising, Google – ja, vermutlich könnte man die Liste noch fortsetzen. Ich selber staune auch, dass selbst jetzt noch neue Text-Bild-Anbieter an den Start gehen, wo man eigentlich denkt: ‚Leute, der Markt ist seit fünf Jahren zu.’ Das sehen andere aber offensichtlich anders.“

Wie überzeugen Sie in dieser Situation Publisher, Ihnen die begehrteren Placements zu geben? Hasselbach: „Die meisten Publisher sind da sehr pragmatisch und optimieren einfach nach Yield. Wenn ein neuer Anbieter in den Markt kommt, geben sie ihm als Test beispielsweise fünf Prozent ihrer Reichweite – wenn es gut läuft, erhöhen sie den Anteil. Unser Geschäft findet ja üblicherweise auf einer Revenue-Share-Basis statt. Neue Anbieter überlassen den Publishern nicht selten zwischen 85 und 95 Prozent der Umsätze; einfach nur, um ins Geschäft zu kommen. Das mag kurzfristig funktionieren – langfristig sieht das anders aus.“

Ihnen macht diese Entwicklung also keine Sorge? Hasselbach: „Nein, weil ich nicht glaube, dass eine solche Strategie lange durchzuhalten ist. Was am Ende zählt, ist die zuverlässige Performance der Kampagnen – also die damit generierten Klicks, Leads und Bestellungen. Denn nur wenn hier auf Dauer zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden, sind langfristig Werbekunden und damit auch die Publisher zufrieden. Was mir eher Sorge macht, ist das Vorgehen einiger Wettbewerber, die die Marktmacht ihrer Muttergesellschaften ausnutzen, um ihre Performance-Platzierungen aufgrund anderer Vergünstigungen bei Publishern „durchzudrücken“ und dann deshalb, und nicht aufgrund ihrer Performance-Leistungen, den Vorzug bekommen. Aber auch hier werden sich im operativen Geschäft langfristig hoffentlich doch die Anbieter behaupten, die im Vermarktungsalltag mit Leistung überzeugen.“

Spielen Sie damit auf die Berichte über das angebliche Geschäftsgebaren der Group M und Plista an? Hasselbach: „Ich gebe nur das wieder, was zum Beispiel Outbrain in der Australischen Presse sagt und was auch hier schon in der Fachpresse kolportiert wurde.“

Das Thema Adblocker und die Geschäftspraktiken von Adblock werden im Markt ebenfalls kontrovers diskutiert. Wie gehen Sie damit um? Hasselbach: „Wir beobachten die Entwicklungen sehr genau und reagieren auch darauf. Der rechtliche Weg gegen Adblock Plus, den einige Marktteilnehmer eingeschlagen haben, ist sicherlich eine Variante damit umzugehen. Wir bieten statt dessen über veeseo den Publishern eine Alternative in Form einer Technologie, mit der sie Adblocker umgehen können. Mit der so möglichen Werbeauslieferung können sie nicht nur zusätzliche Umsätze generieren, sondern bei ihnen platzierte Werbungtreibende können damit eine Online sonst nicht erreichbare Zielgruppe ansprechen. Das kann sehr wichtig sein für alle Advertiser, die junge, technik-affine Menschen erreichen wollen. Erste Tests haben ergeben, dass diese Adblocker-Nutzer durchaus positiv auf Werbung reagieren: die Klick- und Konversionrates liegen hier auf vergleichbarem Niveau wie bei Usern ohne Adblockern.“

Programmatic Advertising und Realtime Bidding sind ja im Markt ein großes Thema – hier sind die Auslieferungslogiken nochmal anders. Setzt Sie diese Entwicklung unter Druck? Hasselbach: „Wir merken natürlich, dass RTB in Deutschland inzwischen durchaus üblich ist, allerdings sind Sonderplatzierungen von Programmatic noch ausgenommen. Deshalb setzt uns diese Entwicklung auch nur bedingt unter Druck, weil unser Kerngeschäft Artikelende-Platzierungen und Sonderformate sind – also Formate, die im Verhältnis zum IAB-Geschäft in der Regel bislang über RTB nicht oder nur in Ansätzen einkaufbar sind. Das wird sich in Zukunft aber höchstwahrscheinlich ändern. Aber auch dann sehe ich uns gut aufgestellt, da beim RTB die Impressions ja an den Meistbietenden vergeben werden und wir aufgrund unserer sehr gut funktionierenden Optimierung davon dann durchaus profitieren werden.“

Welche Themen stehen denn 2015 auf Ihrer Roadmap? Hasselbach: „Der Hype um Content Marketing geht natürlich auch nicht an uns vorbei; da ist momentan sehr viel Musik drin. Immer mehr Werbungtreibende wollen ihre Inhalte einer breiteren Zielgruppe jenseits der eigenen Unternehmenswebsite zugänglich machen. Dafür brauchen sie nicht nur entsprechende Content-Marketing-Produkte, sondern müssen vor allem die notwendige Reichweite aufbauen. Mit der Akquisition von veeseo haben wir uns im dafür relevanten Geschäftsfeld der Content Recommendations und Content Promotions in eine äußerst wettbewerbsfähige Position gebracht. Ein weiteres Feld ist der weitere Ausbau unseres Mobile Performance Netzwerkes, quasi als selbstverständliche Ergänzung zu stationären Desktop. Auch hier ist aufgrund der rasant zunehmenden mobilen Internetnutzung exponentielles Wachstum drin. Und last but not least arbeiten wir natürlich permanent an einer Verbesserung unseres Systems und des dahinter stehenden Algorithmus, um noch bessere CPAs für unsere Kunden zu erreichen.“

Eine letzte Frage: Von Ihrem Mutterkonzern Gruner + Jahr war zuletzt nur wenig Positives zu hören. Was sagen Sie denn, wenn Branchenkollegen im Gespräch daran zweifeln, dass man unter dem Gruner-Dach eine erfolgreiche Firma aufbauen kann? Hasselbach: „Ich sage, dass wir dafür der beste Gegenbeweis sind. Auch wenn wir im Tagesgeschäft eher wenig Berührungspunkte mit Gruner + Jahr haben, weil wir in Köln sitzen und Gruner in Hamburg, sind wir natürlich trotzdem Teil der G+J Vermarktung und können damit von den Strukturen und dem Netzwerk im Hause G+J profitieren. Auf der anderen Seite haben wir als nach wie vor unabhängig agierende Vermarktungsorganisation die Flexibilität, die jedes eigenständige Unternehmen und jedes Startup unserer Größe und unseres Alters auch hat. Das ist für uns eine ideale Kombination – das zeigen auch unsere Ergebnisse.“

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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