Mit Videos, die den Zuschauern in Titel und Thumbnail viel nackte Haut und sexuelle Details versprechen, dann aber in der Regel wenig halten, hat Katja Krasavice auf Youtube mehr als 800.000 Abonnenten gewonnen und über 200 Millionen Views generiert. Die so entstandene Aufmerksamkeit monetarisiert das Sex-Sternchen nun immer häufiger auf anderen Plattformen auf dubiose Weise. OMR ist tief in das Geschäft mit dem (Dann-doch-nicht-)Porno-Sternchen eingestiegen.
Auf den Tag genau drei Jahre ist der Youtube-Account von Katja Krasavice heute alt. Der Aufbau der in diesem Zeitraum 133 hochgeladenen Videos (zumindest sind aktuell noch so viele auf ihrem Kanal online) hat sich dabei nie verändert: Es geht nahezu immer um Sex, im Thumbnail zeigt sie meistens ihre überdurchschnittlich große Oberweite und die provokanten Titel erzeugen hohe Erwartungen beim Viewer. Der gerade mal viereinhalb Minuten lange Clip “Nachts ALLEIN zuhause! | Katja Krasavice”, in dem sie nur kurz beschreibt, wie sie nach einer Feier nach Hause kommt und was sie dann macht, wurde bis heute beispielsweise fast fünf Millionen Mal angeschaut. “RUMMACHEN mit Lucycat! 😛 | Katja Krasavice” kommt auf rund 4,5 Millionen Views. Auch wenn der eigentliche Inhalt der Videos im Vergleich zu den Titeln in der Regel sehr harmlos bleibt – die Klickzahlen zeigen, dass die Teaser funktionieren.
Sie polarisiert und provoziert, weckt bei Viewern Erwartungen, spielt mit der sexuellen Fantasie – und genau das funktioniert. Neben den rein inhaltlichen Erfolgsfaktoren setzt Katja Krasavice aber auch immer wieder auf Cross-Promotion und Gastauftritte. Schon vor rund zwei Jahren tauchte sie für diesen Zweck in einem Video von Aaron Troschke auf. Der ehemalige Wer-Wird-Millionär-Kandidat und Gründer der Influencer Marketing-Plattform Reachhero besuchte mit Krasavice den Sexshop Dildoking; ein paar Monate später folgte der zweite Besuch. Anfang 2016 tauchte Katja Krasavice in einem Video vom Youtuber Marcel Scorpion auf. Der Clip wurde bis heute fast vier Millionen Mal angeschaut und verlinkt ebenfalls zu einem gemeinsamen Video der beiden auf ihrem Kanal.
Trotz der enormen Reichweiten fällt auf, dass kein Video auf dem Kanal von Katja Krasavice direkt über Youtube vermarktet wird. Es sind keine Video- und Display-Ads eingebunden – allerdings nicht ganz freiwillig. Seit Youtube im September 2016 die schon länger bestehenden Werberichtlinien offenbar strenger auslegt, gelten auch die Inhalte von Katja nicht als werbefreundlich. Das bedeutet, dass sie andere Wege und Kanäle zur Monetarisierung ihrer Reichweite nutzen muss. YouNow zum Beispiel: Schon seit März 2015 ist Katja Krasavice auf dem Live-Streaming-Portal aktiv. Bis heute wurden ihre Übertragungen über 18 Millionen Mal angeschaut. Nutzer können dort sogenannten “Bars” kaufen, mit den dann wiederum Streamer durch Spenden unterstützt werden können. Einige besonders erfolgreich YouNow-Stars sollen so sechsstellige Summen pro Jahr umsetzen.
15 Euro für ein paar Snaps – Womit rechtfertigt Katja Krasavice diesen Preis?
Ihre provokante und polarisierende Art hat nicht nur auf Youtube und YouNow Erfolg. 928.000 Abonnenten folgen Katja Krasavice auf Instagram, bei Facebook hat sie 185.000 Fans, bei Twitter sind es immerhin 56.300 Follower. Und auch bei Snapchat (katjakrasavice) scheinen der Youtuberin eine Menge Fans zu folgen. Denn obwohl hier keine Follower-Zahlen öffentlich einsehbar sind, lohnt es sich für sie allem Anschein nach, Paid Content anzubieten. Auf einem zweiten Account (krasaviceprivat) veröffentlicht sie seit neuestem “exklusive Snaps”, teasert sowohl auf Snapchat selber, als auch auf anderen Kanälen den neuen Account an; unter anderem mit den Worten “Ich bin so f*cht wenn ich mir die ganzen heißen weiber anschaue”. Was das mit Paid Content zu tun hat? Ganz einfach: Die angeblich noch heißeren Snaps auf dem neuen Account bekommen nur Fans zu sehen, die ein 30-tägiges Abo für 14,99 Euro abschließen.
Hinter der Abo-Funktion steckt nicht etwa Snapchat selbst, sondern ein Unternehmen namens Centro Publishers Limited auf den Britischen Jungferninseln. Auf der Domain snapcentro.de werden dutzende, größtenteils weibliche sogenannte “Premium SnapCentro Influencer” aufgelistet, die nach Namen oder Kategorie (neben Athlete und Blogger auch solche wie Erotic Model, Exotic Dancer, Nude Model oder Pornstar) sortiert werden können.
Sucht man die Namen der “Premium-Influencer” aus der ersten Reihe, führen die ersten Treffer zu einschlägigen Porno-Webseiten. Auch Katja Krasavice ist in dieser ersten Reihe gelistet; sie beschreibt ihren privaten Account so: “Hier sind alle heißen Snaps zu sehen, die auf meinem öffentlichen Account nicht mehr erlaubt sind. Hier antworte ich auch jedem und schicke im privat Chat gerne versaute Snaps an euch. Kommt doch auch in meine private heiße Snap Welt die nicht jeder sehen kann.” Außerdem heißt es: “Wenn du ein Mitglied wirst dann erfülle ich fast alles was du willst.”

Katja Krasavice auf snapcentro.de.
Für welche Inhalte verlangt eine erfolgreiche Youtuberin auf Snapchat Geld von ihren Fans? Um das beantworten zu können und herauszufinden, ob sich der Content des privaten Accounts tatsächlich so sehr vom öffentlichen Account unterscheidet, haben wir ein Abo abgeschlossen. Während des Anmeldevorgangs muss man seinen Snapchat-Nutzernamen sowie eine E-Mail-Adresse angeben und bestätigen, dass man mindestens 18 Jahre alt ist. Außerdem muss man bestätigen, dass einem bewusst ist, dass snapcentro.de nichts mit Snapchat zu tun hat.
Der anschließende Bezahlvorgang per Kreditkarte oder Sofortüberweisung wird von der CentroBill (Cyprus) Limited mit Hauptsitz auf Zypern abgewickelt. Gründer beider Unternehmen sowie vom dazugehörigen Porno-Netzwerk adultcentro.com und modelcentro.com, einer Art Affiliate-Plattform für Influencer, ist laut Linkedin Stan Fishkin. Auf Twitter nennt er sich “standaman69” und posiert vor einem Ferrari. Wem das für einen ersten Eindruck noch nicht ausreicht, dürfte eine Google-Suche nach “centrobill mahnung” dabei helfen, zu erkennen, dass es sich bei ihm und seinen Unternehmen nicht um die seriösesten handeln dürfte. Nach erfolgreicher Bezahlung wird auf einer Landingpage erklärt, wie man den privaten Account von Katja Krasavice folgen kann. Erhält sie die Bestätigung der Zahlung inklusive Nutzername, folgt sie zurück und wir erhalten für den Zeitraum des aktiven Abos ihre Premium-Snaps.
Nicht nur, dass die Infos zum Hintergrund von Katjas “Premium-Snapchat-Account” für genug Bedenken sorgen würden: Wer sich als Fan für 15 Euro im Monat Nackt-Content oder Ähnliches von Katja Krasavice erhofft (und das dürfte bei den eindeutigen Teasern auf Snapchat, Instagram & Co. die große Mehrheit sein), dürfte schwer enttäuscht werden. Auch die Snaps auf dem privaten Account zeigen sie zumindest in unserer kurzen Testphase vor allem in Dessous und nie nackt. Ein echter “Mehrwert” aus Fan-Sicht im Vergleich zum öffentlichen Snapchat-Account ist kaum erkennbar. Und auch auf dem kostenpflichtigen Premium-Account gibt es nicht rund um die Uhr Content. Kurz nach unserem Kauf postet Katja einen Zeitplan. Demnach mache sie zwar “jeden Tag heiße Snaps”, wenn einen Tag aber mal nicht, dann “weil ich mal leben muss wie ein Mensch oder weil ich krank bin”. Oder es ist Montag – da ist nämlich Auszeit. Eine Antwort auf unsere private Message erhalten wir, trotz angekündigten “heißen Chats”, bislang nicht.
Wie viele der Follower auf Snapchat, Abonnenten auf Youtube oder Fans auf anderen Plattformen bereits für Katjas privaten Snapchat-Account bezahlt haben, ist nicht klar. Da sie uns als Premium-Abonnent folgt, können wir anhand der Zahl neben ihrem Nutzernamen aber immerhin erkennen, wie viele private Snaps sie schon abgesetzt hat: 426.
Testimonial für eine Flirt-App, die vor allem mit Bots auffällt
Das Premium-Snapchat-Abo ist allerdings nicht die einzige Einnahmequelle der polarisierenden Youtuberin, die einen teilweise faden Beigeschmack hinterlässt. In einem als Product Placement gekennzeichneten Video vom 14. Februar 2017 bewirbt Katja Krasavice eine Flirt-App. Sie selber habe dort auch ein “richtig geiles Profil mit privaten Fotos”; die könne man aber selbstverständlich nur sehen, wenn man sich dort anmeldet. Gleichzeitig verlost sie zehn Mal ihre Handynummer, ein Video, in dem sie sich mit einem Herz-Lolli selbst befriedigt (wird verpixelt kurz angespielt) und ein privates Date, “vielleicht mit Happy Ending”.
Alles, was man tun musste, um am Gewinnspiel teilzunehmen: die entsprechende App installieren, sich “garantiert kostenlos” anmelden und Katja eine Nachricht schreiben. Im Youtube-Video verspricht sie, dass die ersten ein oder zwei Nachrichten ebenfalls garantiert kostenlos wären und sagt: “Wenn Ihr richtig Interesse an mir habt, dann macht Ihr das. Ich habe da auch wirklich Lust, Leute kennenzulernen.” Gleichzeitig schreibt sie bei Snapchat: “Mir zu schreiben dort kostet Herzen und die kosten Geld.” Wo und wann sie die Gewinner bekanntgeben wollte, erklärt sie nicht. Vielleicht auf Instagram oder Snapchat, wann, wüsste sie auch noch nicht genau. “Aber ich werde es auf jeden Fall machen. Deswegen folgt mir einfach.”

Katja Krasavice als Testimonial für die Flirt-App Yoomee.
Obwohl das Gewinnspiel schon abgelaufen ist, wollten wir natürlich einen Blick auf die Flirt-App werfen, die Katja Krasavice beworben hat, deren Name sie aber nicht genannt hat. Über die Domain katja-hautnah.de landen wir auf einer Landingpage der App Yoomee. Dort heißt es: “Yoomee presents Katja Krasavice”, “YouTube-Star Katja Krasavice wartet auf Dich” und “Katja hautnah erleben”. Und siehe da: Schon kurz nach dem Erstellen eines Accounts mit Fake-Namen, ohne Bild und ohne Angabe von Interessen, besucht Katja unser Profil. Noch besser: Ein paar Minuten später schreibt sie sogar eine Nachricht: “Freut mich, dass du hier bist. Wie gefallen dir meine Bilder hier?”. Antworten können wir nur, wenn wir für mindestens 6,99 Euro Herzen kaufen.
Steht dahinter eine automatisierte Masche, mit der neue User über die Youtube-Reichweite von Katja Krasavice in die App gezogen und per gefakten Nachrichten zum Zahlen gebracht werden sollen? Um das zu überprüfe erstellen wir einen weiteren Account. Wieder besucht kurz nach Start Katja unser erneut komplett leeres Profil und schreibt kurz darauf die identische Nachricht. Auf unserem ersten Account hat sich inzwischen noch mehr getan. Drei Direktnachrichten haben uns innerhalb von 90 Minuten erreicht: “Hallo, Lust zu schreiben?”, “Tag oder Nacht, wann bist du lieber unterwegs?” und “Bist du schon länger dabei?”.
Katja Krasavice und die Flirt-App Yoomee der Mobil Trend GmbH aus Hamburg
Aus dem Impressum der Landingpage geht hervor, welches Unternehmen hinter der Aktion und der Flirt-App Yoomee steckt: die Mobil Trend GmbH aus Hamburg; als Geschäftsführer werden Christoph Matthiesen und Jannis Kiesow genannt. Auf unsere Anfrage meldet sich der Director of Sales, Benjamin Marquardt, und erklärt die Kampagne mit Katja Krasavice: “Wir sind eher zufällig auf Katja gestoßen und haben sie für die Aktion über ihr Management gebucht. Die Zusammenarbeit läuft noch bis zum 14. April.”
Auf die teilweise irreführenden Versprechen im Youtube-Video, vor allem im Bezug auf kostenlose Nachrichten, sagt er im Gespräch mit OMR: “Das war in der Tat etwas unglücklich, wurde allerdings auch anders gebrieft. Wir haben das Video erst kurz vor der Veröffentlichung gesehen, sonst hätten wir es so vermutlich nicht freigegeben.” Trotzdem gebe es die Möglichkeit, ohne zu Bezahlen an Herzen zu kommen und so kostenfrei Nachrichten zu verschicken.
Dass der User darauf im ersten Schritt aber nicht hingewiesen wird, gehöre zum Geschäftsmodell dazu. “Natürlich wollen wir mit der App Geld verdienen. Der Konkurrenzkampf ist enorm und die Monetarisierung der Nutzer fällt vielen immer noch schwer. Trotzdem haben wir enttäuschten Usern im Laufe der Aktion auch gratis Herzen und damit die Möglichkeit zum Chatten gegeben”, so Marquardt. In den AGB der App heißt es übrigens: “Yoomee setzt zur Animation und Unterhaltung professionelle Animateure und Operatoren ein, die im System nicht gesondert gekennzeichnet werden. Mit diesen sind keine realen Treffen möglich. Die Nutzer können ihnen lediglich Nachrichten innerhalb des Portals schicken.”
Das App-Statistik-Tool Priori Data hat für Yoomee nach dem Video von Katja Krasavice deutliche Ausschläge in den Download-Zahlen gemessen. Demnach wurde die App in Googles Play Store in den ersten sieben Tagen nach dem Video rund 20.000 Mal heruntergeladen, in Apple App Store knapp über 10.000 Mal. Danach sind die Zahlen relativ schnell auf ein niedrigeres Niveau gesunken. “Wir hatten zwei Wochen nach Start Downloads im mittleren fünfstelligen Bereich. Das Interesse ebbt natürlich wieder ab, das ist aber ganz normal. Alles in Allem war die Aktion erfolgreich. Auch wenn Katja als Testimonial alles andere als günstig ist, haben wir die Kosten wieder eingespielt”, sagt Benjamin Marquardt. Viel wichtiger seien aber die Nutzerdaten, die jetzt zur Produktweiterentwicklung genutzt werden sollen. “Die App ging erst ein paar Wochen vor dem Video live, so viele Daten hätten wir sonst in mehreren Wochen nicht gesammelt.” Das Team schaue sich schon nach weiteren geeigneten Influencern um.
Sehen die Fans Katja Krasavice bald auf Youporn statt Youtube?
Der Grat zwischen provokanter Unterhaltung und Pornographie, die eine Altersbeschränkung erfordert, wird bei Katja Krasavice indes immer schmaler. In ihren Videos erwähnt sie immer wieder, wie gern sie sich filmt, dass sie aber noch nicht komplett sicher sei, ob sie alles öffentlich machen will. Ein erster Schritt in diese Richtung dürfte die Kooperation mit dem Erotik-Portal fundorado.com sein. In einem Youtube-Video vom 1. Februar 2017 teasiert Katja ein “extrem heißes Privatvideo” an, das man nur auf katjakommt.de sehen kann. Die Domain leitet auf fundorado.com weiter.
Weitere bezahlte Kooperationen ging Katja Krasavice in der Vergangenheit unter anderem mit der App Quizpanda und mit dem SMS-Dienst Bongo ein, der immer wieder als Abzocke von sich reden gemacht hat.
Zusätzliche Einnahme-Quellen von Katja Krasavice sind unter anderem eine Clubtour, für die sie seit einigen Monaten wirbt – zum Beispiel mit einem Video, in dem sie angeblich einen Fan küsst – und ein eigenes Parfum, dass auf katjakrasaviceshop.com vertrieben wird.
Danke an Oguz Yilmaz, der uns durch Tweets auf das Thema aufmerksam gemacht hat!