Applike: Das halbe Gaming-App-Unicorn von Bertelsmann aus Hamburg, das kaum jemand kennt

Torben Lux20.7.2022

Im OMR Podcast erklärt Co-Gründer Jonas Thiemann das globale Geschäftsmodell der Applike Group

OMR Podcast Jonas Thiemann Applike
Applike Co-Gründer Jonas Thiemann (r.) und Philipp Westermeyer in der Podcast-Kabine im OMR Office in Hamburg.

Mit Anfang 20 ist Jonas Thiemann noch Praktikant beim Hamburger Traditionsverlag Gruner + Jahr, wenig später gründet er gemeinsam mit Carlo Szelinsky unter dem G+J-Dach Applike. Seit dem Launch Anfang 2016 ist aus der App-Marketing-Plattform eine Unternehmensgruppe mit 140 Mitarbeitenden, einem Jahresumsatz in niedriger dreistelliger Millionenhöhe und einer Bewertung von 500 Millionen Euro geworden. Im Podcast erklärt der Gründer, weshalb Bertelsmann zuletzt 100 Millionen Euro in die bereits profitable Gruppe gesteckt hat, was die vier einzelnen Companys jeweils genau machen und weshalb der Markt der „Hyper Casual Games“ so attraktiv ist.

„Wir bauen ein Ökosystem aus Apps, Games, Adtech- und Martech-Firmen im Mobile-Bereich. Das Ziel: Die gesamte Wertschöpfungskette abdecken, die man braucht, um eine Mobile App oder ein Game erfolgreich zu skalieren“, erklärt Jonas Thiemann im Gespräch mit Philipp Westermeyer – ein Versuch, das Geschäftsmodell der Applike Group auf zwei Sätze herunterzubrechen. Dass das gar nicht so einfach ist, wird nicht nur im Laufe der Folge immer wieder deutlich. Schon die Tatsache, dass ein so erfolgreiches Digital-Unternehmen aus Hamburg mit der eher ungewöhnlichen Bertelsmann-Verknüpfung verhältnismäßig wenig mediale Beachtung findet, spricht Bände. 

Einen kleinen Peak hat es dann aber vor einigen Wochen gegeben. Ende April verkündet Bertelsmann die Investition von 100 Millionen Euro in „den globalen Ausbau der App-Plattform“ bei einer Bewertung von 500 Milliarden Euro. Seit der abgeschlossenen Zusammenführung von RTL Deutschland mit Gruner + Jahr Anfang des Jahres war Applike bereits bei Bertelsmann Invests angesiedelt. Das ambitionierte Ziel des „führenden Company Builders in der App Economy“ sei es jetzt, noch dieses Jahr den Umsatz auf 200 Millionen Euro zu steigern. 

Die vier Geschäftsmodelle innerhalb der Applike Group

Während Applike nach der Gründung noch der Titel der ursprünglichen Loyalty-App war, steht der Name heute für die Gruppe, die wiederum aus vier Unternehmen besteht. Justdice hat im Prinzip die anfängliche Idee übernommen und ist eine Loyalty-Plattform, auf der neue Mobile Games entdeckt werden können. User werden mit Coins belohnt, die sie irgendwann für beispielsweise Gutscheine bei Online-Shops einlösen können. „Wir sind Weltmarktführer für Loyalty-Apps für mobile Apps“, sagt Jonas Thiemann. 

Als zweites Unternehmen ist Adjoe als Teil des Gruppen-Portfolios entstanden. Die Adtech-Lösung spezialisiert sich auf In-App-Werbung. „Wir haben irgendwann gemerkt, wie viel Geld man mit In-App-Reichweiten verdienen kann, wenn man das schlau macht“, erklärt Thiemann. Heute sei Adjoe eine der am schnellsten wachsenden Mobile-Adtech-Firmen und habe im Umsatz vor einigen Monaten bereits Justdice überholt. Mehr als die Hälfte dieses Umsatzes komme inzwischen von externen Apps, also vor allem Mobile Games, von denen die Applike Group nicht selber der Publisher ist.

Dieses Element bedient das dritte Unternehmen der Gruppe. Seit zwei Jahren entwickelt und veröffentlicht Sunday sogenannte „Hyper Casual Games“, also extrem simple Spiele, die häufig für einige Minuten zwischendurch gespielt werden. „Wir dachten, das wäre das letzte Element, was uns noch fehlt“, so Thiemann. „Wir hatten Vermarktung und Technologie, aber noch keinen eigenen Content.“ Eines der Spiele aus der Applike-Schmiede Sunday konnte dann auch schon global große Erfolge feiern. „Cat Escape“ kommt bislang auf über 100 Millionen User weltweit. 

In Hamburg gegründet, woanders erfolgreich

Das vierte und als einziges noch nicht profitables, weil laut Thiemann noch sehr neues Unternehmen der Gruppe sei Justtrack, eine Plattform für Mobile User Acquisition. Als Gruppe sei Applike aber schon lange hochprofitabel. „Die genaue Ergebnismarge kann ich nicht sagen, aber wir sind deutlich zweistellig“, verrät er. Insgesamt in über 100 Märkten generiere das Unternehmen Umsatz, was laut Thiemann vor allem im App-Markt auch relativ schnell möglich sei. „Sobald ich ein Mobile Game launche, mache ich das in der Regel in allen Ländern. Das sind ein paar Klicks im Google Play Store oder im App Store“, so der Gründer. 

Der Großteil des Umsatzes stamme aber aus deutlich weniger Ländern. „Das relevante Geld, würde ich sagen, machen wir in 20 Märkten. Wobei über 30 Prozent, teilweise fast 50 Prozent aus den USA kommen. Dann haben wir fünf bis zehn Prozent Deutschland und der Rest ist verteilt“, sagt Thiemann. Von den 200 weltweit größten Gaming-Firmen seien rund 80 Prozent bereits Geschäftspartner von Applike – und Gaming mache mit 90 Prozent auch immer noch den absoluten Großteil des Umsatzes aus. „Games kaufen bei Games Reichweiten ein. Das ist der große Usercase im Markt, der funktioniert“, so Jonas Thiemann. „Es verstehen aber auch immer mehr traditionelle Marken, wie wichtig das Thema Gamification generell und auch Mobile Games ist.“ 

Welches Potenzial vor allem der Gamification-Bereich für Marken außerhalb der Gaming-Branche noch bietet, wie Applike auch an die großen Brand-Marketing-Töpfe kommen könnte und ob ein Börsengang ein langfristiges Ziel für das Unternehmen sein könnte, hört Ihr in der aktuellen Folge des OMR Podcasts. 

Alle Themen des OMR Podcasts mit Applike-Gründer Jonas Thiemann im Überblick:

  • Das 100-Millionen-Euro-Mobile-Geschäftsmodell der Applike Group (00:04:30)
  • Bertelsmann als Shareholder, 100 Millionen Euro frisches Kapital und Profitabilität im zweistelligen Millionenbereich (00:14:00)
  • Applikes Kunden aus der Gaming-Branche und globale Wettbewerber mit viel Kapital (00:24:00)
  • Entwicklungskosten von Mobile Games und die Zielgruppe für Hyper Casual Games (00:34:00)
  • Der Weg zum Unicorn und weitere mögliche Geschäftsmodelle für die Applike Group (00:43:30)
  • Corona-Effekte im App-Markt, die beliebtesten Spiele-Mechaniken und Nachhaltigkeit statt One-Hit-Wonder (00:50:00)
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Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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