So will Jimdo-Gründer Fridtjof Detzner mit dem Climate-Tech-Fonds Planet A die Erde retten

Torben Lux22.12.2021

Im Podcast erklärt der Unternehmer, wie eine Doku-Produktion für die Deutsche Welle sein Leben verändert hat

Fridtjof Detzner Jimdo Planet A OMR Podcast Philipp Westermeyer
Fridtjof Detzner (r.) und Philipp Westermeyer im OMR Office.

Als sich Fridtjof Detzner im Jahr 2016 und damit fast zehn Jahre nach der Gründung des Website-Baukastens Jimdo aus dem operativen Geschäft zurückzieht, möchte er eigentlich eine richtige Auszeit nehmen und am liebsten auf Weltreise gehen. Er bereist dann auch Länder wie Indonesien, Indien und die Mongolei – allerdings nicht privat, sondern im Zuge der Doku-Reihe „Founder’s Valley“ für die Deutsche Welle. Weil ihn die sozial und ökologisch dramatischen Zustände in vielen Regionen nicht mehr loslassen, gründet er 2020 Planet A Ventures. Das Ziel: Climate Tech fördern und VC-Landschaft sowie Wirtschaft verändern. Im aktuellen OMR Podcast verrät er, wie das gelingen soll.

„Ich musste mich erstmal schütteln. Das war so intensiv und sehr viel krasser, als ich gedacht hatte“, beschreibt Fridtjof Detzner seine Rückkehr nach Deutschland, nachdem er die damals neu gestartete Doku-Reihe „Founder’s Valley“ für die Deutsche Welle abgedreht hatte. Aus 120 Drehtagen sind zehn Episoden geworden, die ihn nicht mehr losgelassen haben. Unmenschliche Wohnverhältnisse in Hongkong, Müllberge in Indien und Bauern, die auf Grund des Klimawandels und zerstörter Ernten Selbstmord begehen – die eigentlich geplante Weltreise nach seinem Ausstieg beim Hamburger Unternehmen Jimdo fiel deutlich anders aus, als geplant.

„Es war krass, danach wiederzukommen. In der Fülle waren diese Erlebnisse schon überwältigend“, erinnert sich Detzner im Gespräch mit Philipp Westermeyer. Er habe sich danach gefragt, was er als „Prototyp eines privilegierten Deutschen“ machen soll – und kam schnell zu dem Entschluss, unternehmerisch an Lösungen für die erlebten Probleme arbeiten zu wollen. „Für mich war danach klar: Ich glaube an Startups und Innovation. Aber ich kann jetzt nicht das nächste E-Commerce-Ding machen.“

Morgens Abi, abends Jimdo

Das erste „E-Commerce-Ding“ war schon im Alter von 16 Jahren entstanden. Mit seinem Schulfreund und späterem Mitgründer von Jimdo Christian Springub verkauft Fridtjof Detzner einige Monate lang Computer und baut Webseiten. „Er hat auf einer Party gefragt, wer Lust hat, eine Firma zu gründen. Da habe ich meine Hand gehoben. Und so ging es los.“ Er bringt sich während der Schulzeit Design und Konzeption bei, Springub fokussiert sich auf das Programmieren. Aus einer Agentur in Cuxhaven, die schon früh Web-Applikationen entwickelt, entsteht die Idee eines Webseiten-Baukastens. Gemeinsam mit Matthias Henze starten sie Jimdo, anfangs noch vom Zimmer eines von Detzners Brüdern auf dem Bauernhof der Familie aus, später in Hamburg.

Schon 2008 kauft United Internet Anteile, die das Gründungstrio schon ein Jahr später zurückkauft. Heute sind noch der European Founders Fund, das Investment-Vehikel der Samwer-Brüder, und Spectrum Equity aus den USA an Bord. „Wir sind super happy, die Dinge bewegen sich in eine richtig gute Richtung“, sagt Fridtjof Detzner. 280 Mitarbeitende habe das Unternehmen. Und die Corona-Pandemie habe sich auf Jimdo – wie auf so viele digitale Geschäftsmodelle auch – nicht gerade negativ ausgewirkt.

Wildplastic und Plastic A

Sein Fokus liegen seit dem Rückzug aus dem operativen Geschäft 2016 und der Dreharbeiten für die Doku-Reihe aber woanders. 2019 ist er Teil des Gründungsteams von Wildplastic, einem Startup, das Müllbeutel aus eingesammeltem Plastikmüll produziert. „Eine Tonne Plastik zurückzufahren hat verbundene Emissionen von 73 Kilogramm“, erklärt Detzner das Modell. „Das ist nicht geil, aber eine Tonne neues Plastik zu produzieren emittiert 6,5 Tonnen CO2. Es ist viel wichtiger, eine Zweitbenutzung eines Materials zu haben, als Transportwege zu minimieren.“ Die Firma ist Verantwortungseigentum, also nicht verkäuflich.

Den Aufbau eines einzelnes Unternehmens mit anzustoßen reicht Detzner aber nicht. „Für mich war die Frage, wie ich einen größeren Impact machen kann.“ Er hinterfragt, wie die Wirtschaft überwiegend funktioniert und anhand welcher Kriterien VCs Startups mit Geld ausstatten. „Traditionell gucken wir auf monetäre Kennzahlen. Wir müssen jetzt die Wissenschaftlichkeit zum Teil des Investmentprozesses machen. Weil wir eine Wirtschaft brauchen, die innerhalb der planetaren Grenzen funktioniert.“ Anfang 2020 ruft er zu diesem Zweck mit einigen anderen Unternehmer:innen, unter anderem Tobias Seikel (früher Hanse Ventures), den “ impact-basierten Venture Capital Fond Planet A“ ins Leben.

100 Millionen Euro für den Planeten

Ein halbes bis dreiviertel Jahr werde es noch dauern, bis die Zielsumme von 100 Millionen Euro eingesammelt ist. Die ersten Companies, neben Wildplastic unter anderem Ineratec, ein Entwickler von Anlagen zur Herstellung von synthetischem Kerosin, befinden sich aber schon im Portfolio. „Bei uns geht es um den Planeten. Der Investmentfokus ist, in Cleantech zu investieren“, erklärt Detzner. Man investiere nur in Unternehmen, wenn sie in einem von vier Kriterien „wirklich wesentlich besser sind als die Wirtschaft von heute“: Emissions-Reduktion, Abfall-Reduktion, Ressourcen-Effizienz und Biodiversitäts-Schutz.

Das dafür notwendige Kapital stamme dabei von Family Offices, Unternehmen (an dieser Stelle ein kurzer Disclaimer: Auch OMR hat sich in kleinem Maße an Planet A beteiligt) sowie Einzelpersonen wie Wilfried Gillrath, langjähriger CEO des Ökostrom-Anbieters Lichtblick, und Trivago-Gründer Rolf Schrömgens. „Wir haben am Anfang sehr viele starke Leute gehabt“, sagt Fridtjof Detzner.

Welche Potenziale er für Planet A in den kommenden Monaten sieht, wie es insgesamt um Climate Tech steht und was man als Einzelperson im Alltag tun kann, um eine nachhaltigere Wirtschaft voranzutreiben, hört Ihr in der aktuellen Folge des OMR Podcasts.

Unsere Werbepartner:

Das Device Lifecycle Management von Vodafone: Für nur 4,95 Euro im Monat pro Rufnummer könnt Ihr als Unternehmen dafür sorgen, dass alle Smartphones abgesichert sind. Unter anderem inklusive Repair-Flatrate, smartem Gerätemanagement und Konfiguration. Alle Informationen findet Ihr hier.

Die Kultmarke Fritz Kola: Gründer Mirco Wolf erklärt im Kurz Interview mit Philipp Westermeyer, wie es dem Unternehmen aktuell geht, welchen Einfluss die Corona-Pandemie für die Gastro-Brand hatte und hat – und weshalb er jetzt ein Buch geschrieben hat. Direkt nach dem Gespräch mit Fridtjof Detzner anhören.

Die Themen des Podcasts mit Fridtjof Detzner im Überblick:

  • Die Anfänge als Unternehmer, ein Surfbrett als Bezahlung und die Entstehung von Jimdo (3:00)
  • Rückzug aus dem operativem Geschäft und Doku-Reihe „Founder’s Valley“ mit der Deutschen Welle (8:00)
  • Ein neues Mindset, Wildplastic und der Start von Planet A (19:30)
  • Investmentstrategie, Portfolio-Unternehmen, Unicorn-Potenziale und Abgrenzung von Greenwashing (28:30)
  • Status Quo von Climate-Tech und was man als Einzelperson tun kann (39:00)

Climate TechNachhaltigkeitVenture Capital
Torben Lux
Autor*In
Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

Alle Artikel von Torben Lux

Ähnliche Artikel

Aktuelle Stories und die wichtigsten News für Marketeers direkt in dein Postfach!
Zeig mir ein Beispiel