Statische Meme Videos: Das ist der neuste Instagram Growth Hack

Mit diesem Trick haben einige Accounts Millionen von Views angesammelt

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Wie lassen sich auf Instagram noch organisch Wachstum und Sichtbarkeit generieren? Diese Frage beschäftigt weltweit wohl Millionen von Menschen im Marketing. Meme-Page-Betreiber haben jetzt einen neuen Trick entdeckt, mit dem sie auf der Plattform zum Teil sehr hohe Abrufzahlen generieren – und der alten Social-Media-Hasen von anderer Stelle her bekannt vorkommen dürfte. Wir erklären sowohl die Methode, als auch warum sie funktioniert – und zeigen Euch Beispiele.

„Videos sind der Wachstumsmotor auf Instagram“ – diese Botschaft wiederholen Mitarbeitende von Instagram mantraartig gegenüber Creator:innen und Marketingmacher:innen auf der Plattform. Die logische Schlußfolgerung: Der Instagram Algorithmus bevorzugt Videos gegenüber einfachen Foto-Posts. Genau diesen Umstand nutzen aktuell offenbar einige Betreiber:innen von Meme-Seiten aus: Sie posten Memes – aber nicht als Foto, sondern als statisches (also sich nicht bewegendes) Video. Das Ziel: Die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Beiträge den Account-Abonnent:innen weit oben in ihren Feeds ausgespielt werden.

50 Prozent mehr Sichtbarkeit

Das scheint zu funktionieren: Riley Bell, Mitbetreiberin der Meme-Seite Memequeen mit 5,6 Millionen Abonnent:innen, erklärt gegenüber The Information, dass sie mit solchen Videos die Sichtbarkeit ihres Accounts um 50 Prozent habe steigern können. Mittlerweile postet Bell fast ausschließlich solche Videos; viele davon verzeichnen siebenstellige Abrufzahlen. Ein Gag darüber, wie schwierig es für erwachsene Menschen ist, Zeit für eine Verabredung mit Freunden zu finden: 3,6 Millionen Views. Ein aktueller Kommentar dazu, wie Rapstar Drake möglicherweise die Schwangerschaft seiner Ex-Freundin Rihanna aufnimmt: 3,1 Millionen Views. Ein Lady-Gaga-Fan, der in der Youtube-Kommentarspalte zunächst anmerkt, dass nicht jeder Fan der Sängerin homosexuell ist – und sechs Jahre später erneut kommentiert, dass er sein Coming Out hatte: drei Millionen Views.

Die „Videos“ des Memequeen-Accounts sind in der Regel nur eine Sekunde lang. Die kurze Dauer ist mit Blick auf den Algorithmus der Plattform möglicherweise sogar ein zusätzlicher Vorteil. Denkbar ist, dass jedesmal, wenn ein Video komplett und sogar mehrfach abgerufen wurde, dies als Signal von Instagram gewertet wird, dass es der zuschauenden Person gefallen hat. Und bis die Abonnent:innen den Meme-Text zu Ende gelesen haben, ist das Video möglicherweise schon zwei oder drei Mal automatisch abgespielt worden.

Mit vielen Views die KPIs frisieren

Potenzieller Nachteil: Auf Instagrams Explore-Seite (auf deutsch „Entdecken“) werden die Videos nicht in Schleife abgespielt. Stattdessen scrollt die Instagram-App automatisch nach dem Ende des jeweiligen Videos zum nächsten Clip in der Liste. Das dürfte die Wahrscheinlichkeit von Mehrfachabrufen und anderen positiven Engagement-Signalen reduzieren. Vermutlich sind die statischen Meme-Videos also eher ein Hebel, um bestehende Abonnent:innen zu erreichen (und nicht, um neue zu gewinnen, wie es sonst gelingen kann, wenn es die eigenen Inhalte auf die Explore-Seite schaffen).

Dass man mit den statischen Videos unter den bestehenden Abonnent:innen eines Accounts hohe Abrufzahlen generieren kann, beweisen auch andere Accounts außer Memequeen: „Crazybitchprobs“ (6,6 Millionen Abonnent:innen) beispielsweise. Das erfolgreichste Meme-Video des Accounts verzeichnet bislang 4,3 Millionen Views. Der Account „drunkbetch“ (3,5 Millionen Abonnent:innen) hat 2,9 Millionen Plays generieren können. Gegenüber The Information haben Creator:innen erklärt, dass die hohen Abrufzahlen ihrer statischen Meme-Videos es ihnen auch leichter machen würden, für Werbe-Postings gebucht zu werden. Denn Views im Millionenbereich klängen beeindruckender als Likes im fünf- oder sechsstelligen Bereich.

Keine Mindestdauer mehr für Videos

Manche der Meme-Accounts nutzen noch eine weitere Funktion, um ihre statischen Meme-Videos zu pushen: die im Oktober des vergangenen Jahres eingeführten „Collabs“, mit denen zwei Accounts gemeinsam einen Beitrag veröffentlichen können, der sich Kommentare und Engagement teilt. Damit haben die Meme Accounts meme.ig (10,7 Millionen Abonnent:innen) und couplesnote (8,3 Millionen Abonnent:innen) mit einem statischen Video gemeinsam sechs Millionen Views generieren können. Eine Collab von memequeen (5,6 Millionen Abonnent:innen) und lolpickupliness (5,8 Millionen Abonnent:innen) kommt auf 5,5 Millionen Abrufe und classicalfuck (2,2 Millionen Abonnent:innen) und memelord (3,2 Millionen Abonnent:innen) haben 3,7 Millionen Plays angesammelt.

Dass diese Methode auf Instagram gerade funktioniert und der Trick zunehmend Verbreitung findet, hat mutmaßlich zwei Gründe: Zum einen hat Instagram im zurückliegenden Oktober die Videoformate auf der Plattform neu organisiert. Dabei wurden Feed Videos und IGTV als „Instagram Video“ gebündelt und ein neuer Video-Reiter auf der Profilseite eingeführt. Nun können dort Videos jeder Länge veröffentlicht werden (IGTV hatte zuvor eine Mindestvideolänge von einer Minute).

„Pivot to video“ – again and again

Zum anderen will sich Meta gerade auch auf Instagram künftig noch stärker auf Video fokussieren. Instagram-Vorstandschef Adam Mosseri kündigte in einem kurzen Ausblick vor dem Jahreswechsel an, dass die Plattform ihre Videobemühungen verdoppeln wolle. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg soll laut einem Bloomberg-Bericht Anfang Februar, nachdem Metas Aktienkurs gerade eingebrochen war, in einem virtuellen Meeting gegenüber Mitarbeitenden den Kurs ausgegeben haben, das Wachstum der Kurzform-Videoformate voranzutreiben.

All jenen, die schon länger in Social Media aktiv sind, mögen sowohl Instagrams Video-Push als auch die daraus resultierenden Tricks bekannt vorkommen. Anfang 2015 hatte Facebook in einem Blog-Artikel mit dem Titel „What the shift to video means for creators“ verkündet, dass das Unternehmen auf seiner Hauptplattform mehr als eine Milliarde Videoabrufe pro Tag (!) verzeichne. Viele Publisher, die auf Social Media als Traffic-Quelle setzten, verkündeten im Zuge dessen einen „Pivot to video“.

Meta dreht sich im Kreis

Etwa anderthalb Jahre später musste Facebook vermelden, dass der Konzern gegenüber Werbekunden die durchschnittliche Sehdauer von Videos auf der eigenen Plattform zwischen 60 und 80 Prozent zu hoch ausgewiesen hatte – und die Euphorie rund um das Thema Video auf Facebook kühlte merklich ab. Zuletzt machte das Videoprodukt Facebook Watch vor allem mit Nonsens- und Ekelvideos von sich reden.

Und schon 2017 hatten Viralseitenbetreiber auf Facebook denselben Trick angewandt, den heute Meme Accounts auf Instagram nutzen: Sie veröffentlichten statische Memes als Videos und generierten damit sogar Abrufzahlen im achststelligen Bereich (wir berichteten und zeigten Beispiele). Wie damals auf Facebook dürfte sich diese Taktik heute auch auf Instagram als nicht sonderlich nachhaltig erweisen.

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Roland Eisenbrand
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Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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