Wie die Macher von heftig.co gegen den Relevanzverlust ankämpfen

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Steigende Fanzahlen, aber sinkende Interaktionsraten: DS Ventures stemmt sich mit „Geniale Tricks“, „Tierfreund“ und „Gut für Dich“ gegen einen drohenden Traffic-Rückgang

Michael Glöß und Peter Schilling von DS Ventures, dem Unternehmen hinter heftig (Foto: DS Ventures, Montage: Online Marketing Rockstars)

Michael Glöß und Peter Schilling von DS Ventures, dem Unternehmen hinter heftig (Foto: DS Ventures, Montage: Online Marketing Rockstars)

Mit dem Aufbau einer enormen Reichweite in sehr kurzer Zeit über Facebook erregte heftig.co in den ersten Monaten des vergangenen Jahres große Aufmerksamkeit in der Medien- und Marketingbranche. Wie steht es um das Portal heute, ein gutes Jahr später? Auswertungen des Tool-Anbieters Fanpage Karma, die Online Marketing Rockstars exklusiv vorliegen, zeigen, dass sowohl das Wachstum als auch die Interaktionsrate der Facebook-Seite zurückgehen. Offenbar muss das heftig-Betreiberunternehmen DS Ventures immer mehr Aufwand betreiben, um die Reichweite aufrecht zu erhalten, und kann sich immer schwerer gegenüber der zunehmenden Konkurrenz behaupten.

„Es ist tatsächlich so, dass das Wachstum von heftig.co sehr stark zurückgegangen ist“, sagt Stephan Eyl, Gründer und CEO von Fanpage Karma. 1,69 Millionen – so viele Fans haben bei Facebook die Posts von heftig.co derzeit abonniert. Die Zahl wächst immer noch, wenn auch deutlich langsamer als noch vor einigen Monaten. Offenbar nähert sie sich langsam der Plateau-Ebene.

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Gleichzeitig ist die Zahl der Nutzerreaktionen stark zurückgegangen. Derzeit agiert laut Fanpage Karma jeder Fan durchschnittlich circa 0,005 Mal in der Woche mit einem heftig-Posting – in dem er auf „Gefällt mir“ klickt, den Beitrag teilt oder kommentiert. „Die Posts erhalten noch genauso viel Likes, Comments und Shares wie früher – und das ist meist proportional zu den Klicks, sprich Traffic. Allerdings müsste bei steigender Fananzahl dieser Wert auch gestiegen sein.“ Dem sei aber nicht so, sagt Eyl: „Die Interaktion pro Post geht zurück.“

Die Post-Interaktionsrate errechnet sich aus der Zahl der Likes, Kommentare und Share geteilt durch die Gesamtzahl der Fans

Die Post-Interaktionsrate errechnet sich aus der Zahl der Likes, Kommentare und Share geteilt durch die Gesamtzahl der Fans

Der Rückgang der Interaktionen von heftig ist laut Einschätzung des Facebook-Experten nicht auf die Eindämmung von so genanntem Clickbaiting zurückzuführen. Facebook hatte im vergangenen August in einem Blog-Post angekündigt, Posts, deren Headline stark die Neugier der Nutzer reizt, die aber sonst wenig Informationen geben, weniger im Newsfeed ausspielen zu wollen. „Der Rückgang der Post-Interaktionen bei heftig begann schon vor Facebooks Ankündigung. Das hat mit Clickbaiting wahrscheinlich nichts zu tun. Bei Clickbaiting-Vermeidung achtet Facebook auf zwei Dinge: Wie lange bleibt der User auf der geklickten Seite? Und: Ist die Anzahl der Likes, Comments und Shares im guten Verhältnis zu der Anzahl der Clicks? Beides ist bei heftig durchaus gesund.“

Mehr Werbung und mehr Videos im Stream machen heftig zu schaffen

Eyl sieht andere Gründe für den Rückgang der Interaktionsrate von heftig: „Es ist natürlich schwierig, bei steigender Fan-Zahl auch alle diese Fans zu erreichen – denn Facebook deckelt die Reichweite irgendwann auch.“ Zudem habe in den vergangenen zwölf Monaten der Konkurrenzkampf bei Facebook deutlich zugenommen: „Immer mehr Seiten bezahlen dafür, im Newsfeed weit oben platziert zu werden“, so der Fanpage-Karma-CEO. Hinzu komme der Video-Boom: „Bei mir besteht fast die Hälfte des Feeds mittlerweile aus Videos.“ Heftig postet aber keine Videos bei Facebook. Zwar produzieren die Macher auch Videos – bislang stellen sie ihre Bewegtbild-Inhalte aber auf anderen Portalen (vor allen Dingen bei Myvideo) ein, betten die Videos dann in den Artikeln auf ihrer Website ein und posten bei Facebook einen Link zu dem Artikel – denn das ermöglicht ihnen die beste Monetarisierung.

„Im Umfeld der aktuellen Entwicklung ist es für eine ‚Spaßseite’ wie ‚heftig’ schwer, die organische Reichweite bei Facebook aufrecht zu erhalten“, sagt Eyl. Die heftig-Macher wenden in dieser Situation einen Kniff an: Sie haben mehrere neue Facebook-Seiten zu „Unterthemen“ aufgebaut. Der Quiz-Testballon „Die Antwort“ ist zwar gefloppt. Andere Seiten wie „Geniale Tricks“ (derzeit 566.000 Fans, das Thema sind hier „Lifehacks“ und schnelle Kochrezepte), „Tierfreund“ (95.000 Fans, alle Tierthemen) und „Gut für Dich“ (77.000 Fans, Gesundheitstipps) waren demgegenüber beim Aufbau eines Publikums vergleichsweise erfolgreich. Insgesamt verfügt das heftig-Betreiberunternehmen DS Ventures bei Facebook damit über eine Brutto-Reichweite von 2,43 Millionen Fans. Doch auch bei den neuen Seiten muss DS Ventures einen Rückgang bei der Interaktionsrate hinnehmen, wie das Beispiel „Geniale Tricks“ zeigt.

Trotz Fan-Wachstum im hohen zweistelligen Prozentbereich stagniert der Traffic

Alle Posts der neuen Unterseiten verweisen auf Inhalte auf heftig.co – der Traffic der Website ist aber trotz der insgesamt steigenden Brutto-Reichweite bei Facebook innerhalb der vergangenen Monate stagniert. Dies zeigen sowohl die Hochrechnung des Statistikdienstleisters SimilarWeb, als auch die Auswertung der IVW, bei der heftig seit dem vergangenen Juli gelistet ist. Anderen Facebook-Viralseiten stehen mit ihren Interaktionsraten deutlich besser dar als heftig. Das Facebook-Phänomen „Made My Day“ beispielsweise (derzeit 3,14 Millionen Fans) liegt im direkten Vergleich deutlich über den Ergebnissen von heftig. post-interaktion_vergleich_heftig_mmd

Dies mag zu einem großen Teil darin begründet liegen, dass Made My Day – ähnlich, wie Buzzfeed dies in Zukunft tun will – bei Facebook (anders als heftig) keine Links postet, sondern Content direkt einstellt: Die MMD-Posts bestehen alleine aus Bildern, die mit mehr oder minder lustigen oder geistreichen Sprüchen versehen sind, und werden direkt auf der Plattform hochgeladen. Weil den Nutzern der Content damit direkt in ihrem Newsstream angezeigt wird, liegen hier die Interaktionsraten deutlich höher. Andererseits verdient Made My Day auf diese Weise zumindest augenscheinlich kein Geld – weil der Betreiber seinen Content bislang auf Facebook direkt nicht monetarisieren kann.

Die New York Times berichtete zuletzt von Verhandlungen zwischen Facebook auf der einen und großen US-Publishern wie Buzzfeed, National Geographic und der New York Times selbst auf der anderen Seite: Die Medienhäuser sollen in einem Test ihre Inhalte künftig auch bei Facebook direkt einstellen können und dafür von Facebook an den Vermarktungseinnahmen beteiligt werden. Doch bis dieses Modell auch bei kleinen Publishern in Deutschland angekommen sein wird, wird sich heftig weiter gegen einen drohenden Relevanzverlust wehren müssen.

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Roland Eisenbrand
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Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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