Solche merkwürdigen Sachen machen Leute für einen Bruchteil von Cents – in Deutschland, im Jahr 2014

Gastautor20.11.2014
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Oder: Wie man mit der Pflege von Golfplatz-Datenbanken und dem Abfotografieren von Speisekarten im Internet Geld verdienen kann

will_click_for_pennies Schnelles, leichtes Geld über das Internet machen – diesen Traum dürften viele User haben. Manche sind aber auch schon froh, wenn sie für robotorhafte Tätigkeiten ein paar Cent zusätzlich erhalten. Viele Macher in gutbezahlten Jobs in Marketing, Internet oder Medien können sich das häufig nicht vorstellen. Man neigt ja leicht dazu, von sich selbst auf andere, im Zweifel sogar auf das ganze Internet zu schließen. Ein Riesenfehler. Es ist nicht schön, aber so ist diese Welt. Menschen geben sich im Web für vieles her, für ein paar ehrliche Cent zusätzlich.

Die Suche nach „Online-Verdienstmöglichkeiten“ und „Geld verdienen im Internet“ verweist auf viele trashige Affiliate-Seiten. Ein Begriff, der aber überall auftaucht, ist „Paid4“. Er bezeichnet ein Modell, bei dem der User mit Geld oder einer digitalen Währung vergütet wird, wenn er eine bestimmte Leistung im Netz erbringt. Die Palette reicht dabei vom Lesen einer Mail (über die Teilnahme an Aktionen wie Gewinnspielen o.ä.) bis hin zum klassischen Klick auf einen Werbebanner. Auf dem Portal Klamm.de, das als Pionier der Paid4-Szene gilt, bekommt der Nutzer beispielsweise für einen Startseitenaufruf oder für einen Klick auf einen sogenannten Powerlink einen Bruchteil eines Cents gutgeschrieben.

Ist der Paid4-Bereich die „schwarze Seite“ des Online Marketings?

Niko Putz von Cash4Webmaster

Niko Putz von Cash4Webmaster

Niko Putz von Cash4Webmaster hält wenig von derartigen Paid4-Modellen, da seiner Meinung nach auf die Weise überwiegend künstlicher Traffic generiert werde, der zwar extrem günstig sei – dieser allerdings sehr schlecht bis gar nicht konvertiere. „Es gibt Seitenbetreiber, die viele Besucher auf ihre Seite bringen wollen, aber weder das Budget noch das Wissen haben, qualitativ hochwertigen Traffic einzukaufen.“ An solche Seitenbetreiber richte sich der Paid4-Bereich, den Niko als eine „schwarze Seite“ des Online Marketings bezeichnet, da hier unter anderem mit Cookie-Dropping viel betrogen werde. Beim Cookie-Dropping werden beim Klick auf eine Website im Hintergrund und ohne dass der Nutzer es merkt Cookies weiterer, anderer Websites oder Shops gesetzt. Kauft einer dieser so markierten Nutzer etwas in einem der entsprechenden Shops, erhält der Cookie Dropper über das Partnerprogramm des Shop-Betreibers eine Provision – obwohl es im Grunde keinen Werbekontakt gegeben hat. Menschen bekommen also z.B. Mini-Beträge für einen Klick auf ein Werbemittel und bekommen ohne es zu merken viele Cookies. Wenn diese Leute jetzt tatsächlich bei einem der Shops einkaufen von denen sie unwissentlich Cookies im Browser haben, werden Provisionen fällig, die allerdings nicht an die Käufer gehen, sondern an die Menschen, die die Cookies in den Browser gesetzt haben und die Mini-Beträge auszahlen.

Niko schätzt das Paid4-Modell für alle Beteiligten als wenig lohnenswert ein: Ein User, der mit Paid4-Modellen Geld online verdienen will, muss zum Beispiel auf extrem viele Banner klicken, um auch nur einen einzigen Euro zu bekommen. Da es sich meist um eine künstliche Reichweitensteigerung handle, ergeben sich aus dem Billig-Traffic für den Kunden nur sehr wenige bis gar keine Leads oder Sales. Und auch den Verdienst für den Betreiber des Paid4-Dienstes schätzt er als relativ gering ein. Er selbst konzentriert sich deswegen mit seinem Business auf das klassische Affiliate Marketing.

Produkte und Videos von Highschool-Sportevents kategorisieren

Geld verdienen kann man aber nicht nur als menschliche Klick-Maschine – da gibt es auch andere Varianten. Das Portal Clickworker beispielsweise vermittelt Aufträge an „Online-Heimarbeiter“. Je nach Profil und der Qualität der Arbeitsproben werden dem User unterschiedliche Aufträge Angeboten, die auf Honorarbasis bezahlt werden. „Wir gehen davon aus, dass ein Clickworker 9,50 Euro pro Stunde verdient“, schreibt der Anbieter auf seiner Seite. Neben Klassikern wie dem Formulieren von SEO-Texten und Artikelbeschreibungen, sind die Clickworker vielfältig einsetzbar – sie kategorisieren und vertaggen Produkte für Online-Shops, erstellen Firmenprofile, verschlagworten Videos von Highschool-Sport-Events, recherchieren für internationale Golfplatz-Datenbanken und markieren Verkehrshindernisse auf Bildern für ein Projekt eines Autoherstellers.

Screenshot: Beispiel für Produktkategorisierung bei clickworker

Mit dem Sichten von Filmtrailern Kinotickets zusammensparen

Einen möglicherweise größeren Mehrwert für den Nutzer bietet flimmer.de – vorausgesetzt er ist Filmfan. Das von Roland Emmerich mitgegründete Kinoportal präsentiert werbefreie Filmtrailer. Für das Ansehen der Videos bekommt der User 5 bis 10 Cent gutgeschrieben – dabei handelt es sich allerdings nicht um Eurocent, sondern um gleichwertige flimmer Cent. Die kann der Nutzer sich nicht auszahlen lassen, sondern nur gegen Prämien wie Kinotickets oder DVDs eintauschen. Als Kontrollsystem für den Anbieter muss der User nach dem Abspielen des Trailers einige Quizfragen beantworten – erst dann wird er belohnt. Etwa einhundert Trailer muss der Nutzer sichten und die dazugehörigen Quizfragen korrekt beantworten, um sich ein Kinoticket zusammenzusparen – mal wieder eine Abwägung von Aufwand und Nutzen.

Screenshot: Prinzip bei flimmer.de

Screenshot: Trailerbeispiel

Für mehr Werbung auf dem Handy

Immer mehr Nutzer greifen übers Smartphone auf das Internet zu. Nicht weiter verunderlich also, dass User, die jeden Cent-Betrag brauchen können, heute dafür nicht mehr auf Tausend Banner klicken müssen, sondern heute auch Mini-Beträge einsammeln können, indem sie sich mit Handy-Apps zuspammen lassen. Die Android-App Abalo platziert Werbung auf dem Smartphone-Homescreen des Nutzers, die direkt nach dem Entsperren des Handys erscheint und nach einigen Sekunden wieder verschwindet. Für jeden angesehenen Banner erhält der User 1,2 Cent. Mit einer Ausspielung von bis zu 27 Ads pro Tag ist somit ein Maximalverdienst von 32 Cent pro Tag für den User drin – der Anbieter verspricht einen durchschnittlichen Verdienst von etwa fünf Euro monatlich. Bei den 3.200 Bewertungen der App im Google Play Store gibt es 600 kritische Meinungen, die sich teilweise darüber beschweren, dass sie nicht pünktlich oder gar nicht bezahlt wurden und sie weit weniger als erhofft verdient haben.

Werbung für Lovoo bei Abalo

Werbung für Lovoo bei Abalo

Speisekarten abfotografieren? Echt jetzt?

Karte bei AppJobber

Karte bei AppJobber

Auch wenn dieses Modell nicht mehr eindeutig zu den Online-Verdienstmöglichkeiten zählt, ist es abgefahren genug, um es noch ans Ende unserer Liste zu hängen. Mobile-Apps wie Streetspotr und AppJobber bieten Micro-Jobbing-Plattformen, über die kleine Aufträge im „real life“ vermittelt werden. Auf einer Karte kann sich der User Aufgaben in seiner Nähe suchen, die er schnell nebenbei erledigen kann. Dazu zählen etwa das Erkunden von Adressen und Öffnungszeiten, die Überprüfung von Straßenschildern, das Abfotografieren von Speisekarten oder die Kontrolle von Produktplatzierungen in Supermärkten und Geschäften. Die Belohnung liegt laut Anbieter zwischen einem und fünf Euro. Ganz guter Deal, oder?

Screenshot: Produktplatzierung bei Streetspotr

Was haltet ihr von solchen Online-Verdienstmöglichkeiten? 

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