Warum kommt der größte Vereins-Blog Deutschlands aus Kaiserslautern?

Martin Gardt11.8.2017

Wie Thomas Hilmes "Der Betze brennt" zum reichweitenstarken Fußball-Blog aufgebaut hat

Der Betze brennt Fankurve
Fans des 1. FC Kaiserslautern auf dem Betzenberg (Foto: Thomas Hilmes / Der Betze brennt)

Heute steht die erste Runde des DFB-Pokals an, nächste Woche startet die 1. Bundesliga. Genau der richtige Moment, um schonmal den Reichweiten-Meister der Vereins-Blogs zu küren. Und der kommt nicht etwa von weltweit bekannten Teams wie Bayern München, Borussia Dortmund oder anderen Erstligisten, sondern aus der 2. Liga vom 1. FC Kaiserslautern. Wir zeigen, wie der Betreiber von „Der Betze brennt“ seine Reichweite aufgebaut hat, ob er damit schon Geld verdient und wer es noch in die Top 10 der reichweitenstärksten Vereins-Blogs geschafft hat.

Der FC Bayern München hat mehr als 43 Millionen Fans auf Facebook, Borussia Dortmund über 15 Millionen. Die beiden weltweit wohl bekanntesten deutschen Vereine liegen zwar in Sachen Facebook-Reichweite ganz weit vorn, unabhängige Vereins-Blogs der beiden liegen aber in der Reichweiten-Tabelle, die von den Kollegen der Online-Agentur web-netz erstellt wurde, nur auf Rang drei und acht. Hier die komplette Top 10 nach den monatlichen Unique Usern im Durchschnitt der letzten sechs Monate (ermittelt von web-netz):

Die Top 10 Vereins-Blogs

Rang

Name

Verein

Reichweite

1

Der Betze brennt

1. FC Kaiserslautern

418.000

2

Matz ab

Hamburger SV

320.000

3

Schwatzgelb.de

Borussia Dortmund

120.000

4

Geissblog.Koeln

1. FC Köln

69.000

5

Effzeh.com

1. FC Köln

34.000

6

Blog-G

Eintracht Frankfurt

33.000

7

Clubfans United

1. FC Nürnberg

29.000

8

Miasanrot

FC Bayern München

28.000

9

Wolfs-Blog

VfL Wolfsburg

22.000

10

Rotbrauseblogger

RB Leipzig

14.000

Quelle: web-netz GmbH

Seit 17 Jahren ganz nah dran

Ganz vorne liegt also ein Blog über den Traditionsverein aus Kaiserslautern. FCK-Fan Thomas Hilmes hat „Der Betze brennt“ schon im Jahr 2000 ins Leben gerufen: „Das Projekt ist im Herbst 2000 gestartet, und zwar als Unterschriftensammlung für das kontrollierte Abbrennen von bengalischen Feuern bei Heimspielen. Daher kommt übrigens auch der Name ‚Der Betze brennt‘, was gleichzeitig ein allseits bekannter Slogan für gute Stimmung im ‚Hexenkessel Betzenberg‘ war und ist“, sagt Hilmes zu OMR. „Leider stellte sich schon damals nach wenigen Monaten heraus, dass DFB und Co. beim Thema Pyrotechnik wenig gesprächsbereit waren. Deshalb wurde die Unterschriftensammlung dann irgendwann eingestellt und andere Inhalte fanden nach und nach ihren Platz auf ‚Der Betze brennt‘.“

Aus dem Studentenhobby wird für Hilmes in den Jahren ein Projekt mit Hunderttausenden Seitenaufrufen pro Monat. Heute ist er freier Journalist, der einen beträchtlichen Teil seines Jobs mit „Der Betze brennt“ verbringe. Auf der Webseite sind darüber hinaus zehn Mitarbeiter aufgeführt, dazu kommen weitere freie Kollegen. „Wir sind bei jedem FCK-Pflichtspiel mit ein bis zwei Personen als Pressevertreter akkreditiert, aber gleichzeitig stehen wir auch fast immer mit weiteren Personen mit in der Fankurve. So können wir uns gleichzeitig Nähe und Distanz bewahren, um je nach Bedarf auch mal den kritischen Finger in die Wunde legen zu können“, sagt Hilmes.

Banner weiter wichtiger Faktor

Und auch wenn alle Kollegen sicherlich mit Herzblut bei der Arbeit am Blog dabei sind, muss Hilmes mit dem Projekt auch Geld verdienen. Und das läuft derzeit immer noch vorrangig über die auf der Seite eingebauten Display-Ads: „Der größte Teil [der Monetarisierung (die Red.)] läuft über die Bannerwerbung, die komplett durch unseren Vermarkter „mediasports“ organisiert wird. Gelegentlich verwenden wir auch Affiliate-Links oder kooperieren mit regionalen Partnern, außerdem haben wir schon mal einen eigenen Merchandising-Artikel (T-Shirt) verkauft. Aber das lief bisher alles eher im kleineren Rahmen“, so Hilmes zu OMR.

Thomas Hilmes

„Der Betze brennt“-Macher Thomas Hilmes (Foto: Thomas Füßler)

Die nötige Reichweite hätten er und sein Team über die Jahre kontinuierlich aufgebaut: „In den vergangenen 17 Jahren gab es nicht diesen einen Moment, wo unsere Reichweite urplötzlich nach oben geschnellt ist, sondern das war ein jahrelanger Prozess von ein paar hundert Zugriffen über ein ein paar tausend bis zu ein paar zehntausend pro Tag.“ Dabei habe sicher das Objekt der Berichterstattung geholfen: „In allererster Linie liegt der Erfolg natürlich an unseren Besuchern, den Fans des 1. FC Kaiserslautern, die – wie wir ja als Fans auch selbst – einfach jede Neuigkeit rund um ihren Verein aufsaugen und mit voller Leidenschaft dabei sind. Zweite Liga hin oder her. Die nach wie vor große Fanbasis des FCK ist in dieser Hinsicht also unser Glück, welches wir mit immer umfangreicher werdender Berichterstattung und Interaktion befeuern.“

Was Hilmes außerdem helfen dürfte, vor Vereins-Blogs wie denen des HSV, Borussia Dortmund und dem 1. FC Köln zu liegen: Über die Teams der Bundesliga wird auch in anderen Medien ständig berichtet. Jedes Transfergerücht wird von Sportseiten breit getreten. Wer sich ausführlich über den FCK informieren will, kommt aber an „Der Betze brennt“ nicht vorbei.

Community-Building – nicht nur in den sozialen Netzwerken

„‚Der Betze brennt‘ bekommt fast jeden Tag neue Inhalte und in unserem angeschlossenen Diskussionsforum ist sowieso rund um die Uhr was los“, sagt Hilmes. Und tatsächlich wird bei einem Besuch des Blogs deutlich, wie aktiv die Community auf der Seite dabei ist. Viele aktuelle Artikel kommen auf 50 bis 100 Kommentare, einige auf weit über 100. Dabei wähle das Team Themen nicht nach ihrer potenziellen Reichweite aus, sondern versuche alle News rund um den Verein abzudecken: „Eine Mitgliederversammlung ist für uns genauso relevant wie ein Trainerwechsel. Was besonders oft geklickt wird, sind aber natürlich die Spieltage des FCK, emotionale Themen rund um Fans und Verein sowie – vor allem in den Sommermonaten – wirklich jede kleine Neuigkeit in Sachen Transfergerüchte“, sagt Hilmes.

Der Betze brennt

Die Webseite von „Der Betze brennt“

Die starke Community auf der Seite dürfte dazu beitragen, dass die Reichweite stabil stark ist. Aber auch auf Facebook kommt „Der Betze brennt“ mittlerweile auf über 40.000 Fans, bei Instagram sind es mehr als 6.000, bei Twitter über 5.000. Die Kanäle werden passend bespielt, bei Facebook setzt das Team clever die Video-Reichweite ein, indem Fotos vom Spieltag zu einer Video-Dia-Show verarbeitet werden. So ein Post kommt dann auch mal auf 20.000 Views. „Auf Facebook sind wir ungefähr seit 2011, 2012 mit einer eigenen Fanseite vertreten, ebenso auf Twitter, Instagram und weiteren sozialen Netzwerken. Am Anfang waren wir da ein bisschen skeptisch, ob uns das nicht vielleicht Klicks auf unserer Hauptseite kosten könnte. Aber mittlerweile – und mit ständigem Learning by Doing – hat sich herausgestellt, dass beides sich auch sehr gut ergänzen kann“, sagt Hilmes.

Andere Blogs sind bei den neuen Formaten weiter vorn

Bei Multimedia-Formaten hat „Der Betze brennt“ aber sicher noch Nachholbedarf. „Schwatzgelb.de„, der drittplatzierte in der web-netz-Tabelle, hat etwa den Podcast „Auffe Ohren“ und einen Youtube-Kanal mit über 10 Millionen Videoaufrufen am Start. Hilmes konzentriert sich derzeit noch auf klassische Blog-Arbeit, hat aber mit BetzeGebabbel auch einen Podcast im Netzwerk. Trotzdem beobachtet er die Kollegen sehr genau: „Über all die Jahre hinweg würde ich sagen, dass Schwatzgelb.de (Dortmund) der beste Vereinsblog in Deutschland ist. Aber auch Seiten wie torfabrik.de (Mönchengladbach), sge4ever.de (Frankfurt), geissblog.koeln oder effzeh.com (beide Köln), clubfans-united.de (Nürnberg) und viele andere Kollegen machen eine tolle Arbeit, von der auch wir in Kaiserslautern uns natürlich inspirieren lassen.“

Die Arbeit der unabhängigen Akteure im Fußball sei insgesamt wichtig für den Sport: „Die unabhängigen Fan-Medien sind mittlerweile ein richtig starker Teil der deutschen Fußball-Fankultur und man kann nur hoffen, dass sie ihre Nische in dem ganzen Kommerzgeschäft behaupten oder sogar ausbauen können“, sagt Hilmes. Deshalb will er natürlich intensiv an seinem Projekt weiter arbeiten: „Die Ideen, die noch in meinem und unseren Köpfen rumschwirren, kann man eigentlich gar nicht zählen. Aus technischer Sicht steht auf jeden Fall die Verbesserung der mobilen Darstellung weit oben auf der To-Do-Liste, weil auch bei uns mittlerweile die Mehrzahl der Seitenzugriffe per Smartphone erfolgt. Aber auch inhaltlich ist noch einiges geplant, wovon ich aber noch nicht zu viel verraten möchte.“

Und zum Schluss schickt er auch noch eine Nachricht an den Fußballgott (und die Spieler des FCK), schließlich könnte eine Sache die Reichweitenschraube noch weiter nach oben drehen: „Was wir uns natürlich alle wünschen: Dass wir bald mal wieder in der ersten Bundesliga dem 1. FC Kaiserslautern hinterher fahren und über ihn berichten dürfen.“

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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