Warum die erfolgreichste Brand auf Instagram kaum jemand kennt

Martin Gardt6.8.2018

Wie Fashion Nova mit Promi-Unterstützung zur Viral-Brand mit 12,7 Millionen Instagram-Followern werden konnte

Fashion Nova
Fashion Nova hat über 12 Millionen Instagram-Follower

Keine Brand agiert auf Instagram derzeit so erfolgreich wie Fashion Nova aus Los Angeles. Dank einer Armee aus Influencern, Promi-Unterstützung und cleveren Instagram-Strategien ist sie zu einer der meistgesuchten Marken auf dem Planeten geworden. Wir zeigen, wie Fashion Nova zur Viral-Brand mit 12,7 Millionen Instagram-Abonnenten werden konnte.

„Fashion Nova ist das schnellst wachsende Frauenbekleidungs-Unternehmen“, sagt Gründer Richard Saghian. 2006 hatte er sein erstes Klamottengeschäft in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles eröffnet. Bis 2013 ist Fashion Nova aber einfach ein Geschäft von vielen. Dann hat Saghian genug davon, dass Online-Shops viel mehr der gleichen Produkte verkaufen als er in seinen Läden. Um Leute auf seine geplante E-Commerce-Seite zu ziehen, entscheidet er sich schon damals, komplett auf Instagram zu setzen. „Ich hatte 60.000 Follower, bevor ich den Online-Shop live gestellt habe“, sagt Saghian. „Ich habe den Start immer weiter rausgeschoben, weil ich nicht geglaubt habe, dass es gut läuft.“ Heute kaufen laut dem Gründer jeden Monat Millionen Seitenbesucher bei Fashion Nova ein.

Fashion Nova Webseite

Der Online-Shop von Fashion Nova

Das Unternehmen verkauft günstige Ware (die meisten Stücke kosten unter 50 US-Dollar) in die ganze Welt. Schon beim ersten Blick auf die Webseite wird außerdem die Zielgruppe klar: junge Frauen (16 bis 35) mit Kurven. Vor allem die Jeans für 35 US-Dollar mit hohem Stretch-Anteil seien ein Verkaufsschlager, im Sortiment hat Fashion Nova von der Unterwäsche bis zum Abendkleid aber alles.

Früh Stars an Bord

Richard Saghian nennt Fashion Nova selbst eine virale Brand. Die ganz großen Instagram-Erfolge hat er passenderweise viralen Stars zu verdanken. An vorderster Front wäre da US-Rapperin Cardi B. Die hat mittlerweile fast 30 Millionen Instagram-Follower und ist so etwas wie die Stamm-Influencerin von Fashion Nova. „Schon vor ihrer Musikkarriere hat sie bei uns eingekauft“, sagt Saghian gegenüber Paper Magazine. „Ich habe schon 2014 oder 2015 mit ihr zusammengearbeitet. Da war sie einfach eine Social-Media-Persönlichkeit mit richtig gutem Content.“ Die erfolgreiche Rapperin hat bereits mehrfach Fashion Nova in ihren millionenfach gehörten Songs erwähnt und arbeitet an einer eigenen Kollektion für die Marke, die im Oktober an den Start gehen soll.

Cardi B bekommt

laut eigener Aussage 20.000 US-Dollar pro Monat

von Fashion Nova, um auf ihren Social-Kanälen auf die Brand hinzuweisen. Andere Stars, die das Unternehmen als Influencer nutzt, dürften noch deutlich teurer sein. Der derzeitige Superstar der Szene, Kylie Jenner (112 Millionen Instagram-Fans), hat bereits mehrfach Posts in Fashion-Nova-Klamotten abgesetzt und die Marke erwähnt. Ein Beitrag von vor drei Monaten kommt bis heute auf mehr als 5,2 Millionen Likes und 150.000 Kommentare. „Ein Post von Kylies Seite ist besser als ein Super-Bowl-Spot“, sagt Saghian. Ein Beitrag von ihr

sorge laut seiner Schätzung für 50.000 US-Dollar Verkaufswert

, Branding kommt dazu. Wie viel Fashion Nova für Influencer von diesem Kaliber bezahlt, ist nicht bekannt. Laut dem Instagram-Tool

Hopper HQ kostet ein Post von Kylie Jenner eine Million US-Dollar

. Weitere bekannte Gesichter, die für die Marke werben, sind

Amber Rose

,

Kourtney Kardashian

und

Nicki Minaj

.

Jeden Kunden zum Influencer machen

Gründer Saghian spricht von einem Netzwerk aus 3.000 Influencern, die auch mal deutlich kleinere Follower-Zahlen haben, als die größten Fische im Portfolio. Diese werden meist einfach mit kostenlosen Produkten im Tausch für einen Post „bezahlt“. Darüber hinaus hat es Fashion Nova geschafft, die eigenen Kunden zu Influencern zu erziehen. Das Unternehmen verspricht, dass Kunden, die sich in den Klamotten fotografieren und die Instagram-Seite von Fashion Nova im eigenen Post markieren, die Chance bekommen, auf der Instagram-Seite der Firma erscheinen können. „Jeder will eine Berühmtheit in den sozialen Medien sein“, sagt Saghian. „Bei uns landen jeden Tag um die 1.000 Direktnachrichten im Postfach. Die meisten sind von Nova Babes, die fragen: ‚Hey, können wir zusammenarbeiten?‘.“ Nova Babes nennt die Marke seine Fans. Unter dem Hashtag #NovaBabe finden sich auf Instagram derzeit über 400.000 Beiträge.

„Für Models und Influencer kann es extrem profitabel sein, auf unserer Instagram-Seite aufzutauchen“, sagt der Fashion-Nova-Gründer. Laut dem

Analyse-Tool InfluencerDB

haben allein seit Jahresbeginn über 12.000 als Influencer geltende Instagram-Nutzer die Marke in ihren Posts erwähnt. Geschätzt seien gerade einmal 700 davon bezahlt worden. Allein diese Posts von Dritten

hätten knapp 612 Millionen Likes generiert

. Fashion Nova bekommt also unbezahlte Mega-Reichweite im Tausch für das Versprechen auf die ganz große Reichweite für kleinere Influencer. Aus Sicht der Brand sicherlich kein schlechter Deal.

Alle 30 Minuten ein Post

Saghian und sein Team haben das gesamte Marketing und die Brand auf Instagram ausgerichtet. Alle 30 Minuten landet ein neuer Post auf der Plattform. Die Kleidungsstücke heißen „After The Sun Goes Down Dress“, „Bonnie High Rise Pants“ oder „Night Cap Set“. Unter jedem Post erscheint dann die Aufforderung: „Search:“ und danach der Name der gezeigten Klamotten. Auf IGTV, dem neuen Video-Format von Instagram, sendet Fashion Nova Werbespots mit seinen neuesten Produkten und „Behind-The-Scenes“-Material von Fotoshootings. Laut Gründer Saghian erreiche sein Unternehmen drei bis vier Milliarden Impressions pro Monat.

Laut dem Analyse-Tool Similar Web kommt die Webseite von Fashion Nova auf knapp 14 Millionen Visits pro Monat. Der Umsatz soll 2017 bei etwa 400 Millionen US-Dollar gelegen haben, zu dem Zeitpunkt arbeiteten bereits über 600 Mitarbeiter für das Unternehmen.

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Ultra-Fast-Fashion

Die Brand ist aber nicht nur wegen des Marketings auf Instagram angewiesen. Laut Gründer Saghian schaut sein Team täglich darauf, was Stars auf roten Teppichen und in der Freizeit tragen, um die Styles dann kostengünstig nachzuproduzieren. Instagram sei der neue Laufsteg und Fashion Shows nicht mehr nötig. Seine Design- und Einkaufs-Abteilung arbeite mit über 1.000 Herstellern an den Produkten. Im Sommer produziere das Unternehmen 80 Prozent der Kleidung in Los Angeles, in den kälteren Monaten 80 Prozent in Übersee. Produkt-Beispiele könne er durch die lokale Produktion innerhalb von 24 Stunden bekommen, nach 48 Stunden seien die Teile bereit, um an Models fotografiert zu werden. 600 neue Kleidungsstücke würde Fashion Nova so pro Woche in den Verkauf bringen. Wie gut die Qualität solcher Produkte am Ende ist, sei dahingestellt. Immer wieder gibt es Kritik für die billige Machart. Damit steht das Unternehmen aber natürlich nicht allein da im umkämpften Fast-Fashion-Markt.

„Es ist wichtig, so viele Styles im Angebot zu haben, weil unsere Nutzer so viel posten und immer neue Klamotten brauchen. Wir wollen nicht, dass die Mädels mit dem gleichen Outfit im Club auftauchen. Also brauchen wir 50 verschiedene Jeansjacken und nicht nur eine“, sagt Saghian. Fashion Nova versendet die Produkte in die ganze Welt, wer in einem Radius von 40 Kilometer um Los Angeles wohnt, bekommt seinen Einkauf innerhalb eines Tages. Auf Amazon verkaufe er nicht, weil das erstens nicht nötig sei und zweitens, weil keine Kundin erzählen wolle, sie hätte die neue Hose von Amazon.

Jetzt will Fashion Nova weltweit ein Vertriebsnetz aufbauen und weitere Zielgruppen erschließen. Naheliegend war da bereits die neue Brand „Fashion Nova Curve“ mit Mode für Frauen mit noch mehr Kurven als die ursprüngliche Zielgruppe und „Fashion Nova Menswear“ für Männer. Der Start scheint geglückt zu sein. Fashion Nova Curve hat bereits fast zwei Millionen Instagram-Abonnenten, die Männermarke immerhin 766.000. Laut Gründer Saghian ist die Curve-Brand die am schnellsten wachsende Übergrößen-Marke der Welt.

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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