Warum Facebook langfristig zur wichtigsten digitalen Werbeplattform wird

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Deswegen können Zuckerberg abwandernde Teenager egal sein

report_cover_artikel_aufmacherbild Ist Facebook schon wieder out? Stehen der Plattform Massenabwanderungen von Nutzern bevor – und damit ein Verlust an Relevanz fürs Marketing? Immer wieder werden solche Prognosen in der Branche diskutiert. Online-Marketing-Rockstars-Chefredakteur Roland Eisenbrand glaubt, dass Facebook im digitalen Marketing mittel- bis langfristig kaum jemand das Wasser abgraben können wird – und erklärt warum. Immer wieder waren in den vergangenen ein bis zwei Jahren Meldungen mit dem Tenor zu lesen: „Facebook wird uncool – Teenager verlassen das soziale Netzwerk“. Auch Online Marketing Rockstars hat im Juni 2014 einen ähnlichen Artikel veröffentlicht (immerhin haben wir darin darauf hingewiesen, dass die von Facebook übernommenen Plattformen Instagram und WhatsApp bei Teenagern überaus beliebt sind). Ganz aktuell wurde zuletzt im Namen der „Jugendzeitschrift“ Bravo eine Studie veröffentlicht, laut derer Snapchat in der Gunst der Teenies auch in Deutschland mittlerweile vor Facebook liegen soll.

Was sagen die Ergebnisse solcher Untersuchungen über eine mögliche geschäftliche Zukunft von Facebook aus? Vor der Beantwortung dieser Frage lohnt es sich, einen längeren Blick auf verfügbare Statistiken zu werfen. Gibt es andere Plattformen, die Facebook sowohl in Quantität (Zahl der Nutzer) als auch Qualität (Nutzungsfrequenz und -dauer) ein- oder gar überholt haben? Jüngste Zahlen des Marktforschers comScore über Nutzer zwischen 18 und 34 Jahren in den USA widerlegen eine solche Theorie.

Vom sozialen Netzwerk zur „Identitätsplattform“

Aus der Sicht von Facebook dürfte entscheidend sein, ob die Nutzer wirklich aktiv die Hauptplattform des Unternehmens verlassen, oder ob sie diese möglicherweise „nur“ seltener und kürzer nutzen. Denn so lange die Nutzer ihren Facebook-Account nicht löschen, sondern weiterhin bei der Plattform registriert und angemeldet bleiben, kann das Unternehmen diese weiterhin verwenden, um darüber Daten über den jeweiligen Nutzer zu sammeln und diesen geräteübergreifend zu identifizieren.

Ein Aspekt, der an diesem Punkt für Facebook spricht, dürfte sein: Der „Facebook Sign-in“, also die Möglichkeit, sich mit seinem Facebook-Account auf anderen Websites oder in Apps zu registrieren und einzuloggen, ist mittlerweile auf vielen anderen Plattformen wie beispielsweise dem Streaming-Dienst Spotify oder dem Shopping-Club Westwing integriert. Für die Nutzer vereinfacht der Facebook Sign-in die Anmeldung und erhöht vor allen Dingen auf mobilen Endgeräten den Komfort: Statt dass sie umständlich eine E-Mail-Adresse auf einem kleinen Touchscreen eintippen und dann möglicherweise (um die Registrierung abschließen zu können) in einer anderen App oder einem anderen Browser-Tab auf einen per Mail erhaltenen Link klicken müssen, tippen die Nutzer bei der Verwendung des Facebook Log-ins nur einmal auf den entsprechenden Button – der Datenaustausch erfolgt dann automatisiert über Schnittstellen.

Facebook ist wichtigster „Social Sign-in“ im Netz

Weil der Facebook Login damit bei potenziellen Kunden Hürden bei der Anmeldung abbaut, ist er auch aus Sicht der App- und Website-Betreiber äußerst attraktiv – auch, weil Facebook mit 1,6 Milliarden aktiven Nutzern weltweit (eigene Angaben) immer noch eine enorm hohe Reichweite hat. Die Betreiber der Gadget- und Tool-Community Product Hunt beispielsweise verdreifachten die Zahl ihrer Registrierungen durch die Einbindung des Facebook Logins. Einer Erhebung des Technologie-Dienstleister Gigya zufolge sind 2015 62 Prozent aller „Social Logins“ auf Websites und in Apps über Facebook erfolgt – Google folgte mit 24 Prozent auf Platz zwei.

Es spricht einiges dafür, dass Facebook als zentrale „Identitätsplattform“ in der digitalen Sphäre zumindest mittelfristig auch weiterhin wichtig bleiben wird, selbst wenn die Nutzungsintensität der Hauptplattform des Unternehmens sinken und sie deswegen aus Nutzersicht eher in den Hintergrund rücken mag. Facebook verfügt bereits heute über sehr genaue Daten über die Nutzer, deren Interessen und Vorlieben – und wird aus diesem Grund mutmaßlich auch in Zukunft über diese verfügen.

Unerreichte Datentiefe fürs Targeting

Aufgrund dieser Datenqualität kann Facebook im Online-Werbemarkt Targeting-Möglichkeiten anbieten, die aus Werbetreibendensicht äußerst attraktiv sind. Einige fiktive Beispiele: Ein Veranstalter eines Heavy-Metal-Festivals, der seiner Zielgruppe nun auch eine Skireise mit entsprechendem musikalischem Rahmenprogramm anbieten will, kann bei Facebook Metalfans, die sich ebenfalls für Skifahren interessieren, ansprechen. Ein Betreiber eines Craft-Beer-Ladens kann über Facebook Craft-Beer-Fans in der unmittelbaren Umgebung seines Ladenlokals Werbung einblenden.

Mit der Funktion „Custom Audiences“ können Unternehmen bei Facebook ihre Kundendaten hochladen, Facebook findet die Kunden dann innerhalb des Netzwerks (anhand der E-Mail-Adresse oder Telefonnummer) wieder und die Unternehmen können an diese Werbung mit zusätzlichen Angeboten ausspielen lassen. Mit der Funktion „Lookalike Audience“ können die Werbetreibenden dann von Facebook sogar eine Anzeigenzielgruppe mit Nutzern erstellen lassen, die ähnliche Profile aufweisen wie die Bestandskunden, diesen Werbung ausspielen und auf diese Weise potenziell sehr attraktive Neukunden gewinnen.

Facebook hat aufgrund solcher Funktionen innerhalb kurzer Zeit als Werbeplattform einen rasanten Aufstieg erlebt. 17 Milliarden US-Dollar hat das Unternehmen im vergangenen Jahr mit Werbung umgesetzt. Kein Zweifel: Google ist Online immer noch das Maß aller Dinge. Mit 67,4 Milliarden US-Dollar setzte der Konzern aus Mountain View im vergangenen Jahr fast das Vierfache von Facebook mit Werbung um.

Mobile bietet noch enormes Umsatzpotenzial

Es wäre jedoch ein Fehler, das Potenzial von Facebook Advertising zu unterschätzen. Gegenüber seinen Mitbewerbern hat das Unternehmen im Mobile-Bereich einen enormen Vorteil, da es über die Facebook-ID Nutzer plattform- und geräteübergreifend besser identifizieren kann, als es alleine mit Cookies möglich wäre. Und weil die Ausgaben für Mobile-Werbung noch nicht im gleichen Maße angestiegen sind wie die Nutzungszeit von mobilen Endgeräten auf Verbraucherseite, sieht Mary Meeker von Kleiner Perkins Caufield & Byers alleine in den USA für Mobile-Werbung ein noch unerschlossenes Umsatzpotenzial von rund 25 Milliarden US-Dollar (siehe Slide 16). Zudem hat Facebook mit Atlas im vergangenen Jahr auch damit begonnen, auf Basis der eigenen Daten Werbung außerhalb der eigenen Plattformen auszuspielen. „Atlas hat das Potenzial Marktführer unter den Adservern zu werden“, meinte Nico Shenawai, damals Geschäftsführer von Performance Media, einem der ersten deutschen Atlas-Kunden, gegenüber Online Marketing Rockstars (wir haben ausführlich über Atlas berichtet: Teil 1, Teil 2).

Vermutlich mindestens genauso wichtig: Facebook hat zuletzt damit begonnen, das oben beschriebene, von der Hauptplattform bekannte Advertising-Produkt auch auf anderen Plattformen auszurollen. Mit Instagram und WhatsApp besitzt Facebook mittlerweile zwei der weltweit wichtigsten und reichweitenstärksten Mobile-Plattformen. Parallel dazu hat das Unternehmen die Reichweite des selbstentwickelten Facebook Messengers enorm ausgebaut. Mit Oculus Rift hat Mark Zuckerberg zudem den namhaftesten Player im Virtual-Reality-Segment aufgekauft und damit einen ansehnlichen Claim in einem möglicherweise wichtigen Zukunftssegment abgesteckt.

Das gleiche Advertising-Produkt auf Instagram, Messenger…

Auf Instagram ist seit einigen Monaten über die bekannte Facebook-Werbekunden-Oberfläche die Buchung von Werbung auf Basis von Facebook-Daten möglich; im Facebook Messenger sind entsprechende Tests geplant. Bei WhatsApp und Oculus Rift müsste Facebook nur einen Weg finden, Werbung zu integrieren, der die Nutzer nicht verärgert und vertreibt – die Daten, auf deren Basis sich solche Werbung zielgerichtet und damit effizient aussteuern ließe, sind bereits vorhanden.

facebook_advertising_report_cover_ipadEs ist deswegen für jeden Online-Marketing-Macher nur ratsam, sich mit der Werbeplattform von Facebook und deren Mechanismen auseinanderzusetzen und sich mit dieser vertraut zu machen. Sie wird in Zukunft eine noch größere Rolle spielen, als sie es bereits jetzt tut.

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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