Dieser Deutsche will Krankenversicherungen in den USA revolutionieren

Florian Rinke23.1.2022

Wie Mario Schlosser mit Oscar Health vom gefeierten Gründer zum Krisen-Bekämpfer wurde

Aufmacher
Mario Schlosser hat Oscar Health gegründet.

Millionen Menschen in den USA hatten jahrelang keine Krankenversicherung. Das Start-up Oscar Health will das ändern. Nach einer Reform des Gesundheitswesens unter Ex-Präsident Barack Obama war die Euphorie groß. Beim Börsengang wurde das Start-up mit mehr als sieben Milliarden US-Dollar bewertet. Doch ein knappes Jahr später ist der Aktienkurs dramatisch abgestürzt. Wie konnte das passieren? Der deutsche Vorstandschef hat eine Erklärung.

Das Leben von Mario Schlosser ähnelt ein wenig dem eines Landwirts: monatelang rackert man sich ab, um dann in einem kleinen Zeitfenster die Ernte einzufahren. Am Ende eines Jahres entscheiden nur wenige Tage darüber, ob es gut oder schlecht war – und oft kommt es dabei nicht nur auf die eigene Leistung an. “Wir können quasi in sechs Wochen am Ende des Jahres wachsen. Und da muss dann alles kommen. Und die Leute, die dann zu uns kommen, bleiben für das ganze nächste Jahr“, sagt Mario Schlosser im OMR Podcast.

 

2012 hat er gemeinsam mit Joshua Kushner das Startup Oscar Health gegründet, eine Krankenversicherung. Seitdem hat das Startup eine rasante Entwicklung genommen, dessen vorläufiger Höhepunkt der Börsengang im Frühjahr 2021 war. Rund sieben Milliarden Dollar war das Startup damals an der Börse wert. Doch schon am ersten Handelstag verlor die Aktie elf Prozent. Seitdem ging es weiter bergab. Der Kurs der Aktie, einst bei mehr als 35 Dollar gestartet, liegt inzwischen bei nur noch rund 6,50 Dollar. Von etwa sieben Milliarden Dollar Börsenwert sind nur noch knapp 1,2 Milliarden Dollar übrig.

Mehr Geld auf dem Bankkonto als Wert an der Börse

Mario Schlosser ärgert der Kurs. Er glaubt aber weiter an das Potential des Unternehmens, das er inzwischen als Vorstandschef führt: „Ich bin mir absolut sicher, dass der Kurs eine Momentaufnahme ist.“ Man habe mehr Geld auf dem Bankkonto als man an der Börse wert sei. „Momentan sind die großen Investoren extrem vorsichtig, in Namen reinzugehen, die vorher stark gefallen sind“, sagt Mario Schlosser: „Und wir haben im Grunde seit sechs Monaten keine guten Nachrichten mehr in unseren Earnings-Calls rausgebracht.“ Die Geschäftszahlen, die Oscar Health in wenigen Wochen präsentieren werde, könnten das aber ändern, glaubt Schlosser. 

Seinen Co-Gründer Joshua Kushner hat er während seines Studiums in Havard kennengelernt. In den USA ist es üblich, dass die Menschen über ihren Arbeitgeber krankenversichert sind. Millionen Menschen hatten jedoch lange Zeit keine Krankenversicherung. „Amerika hat das bei weitem teuerste Gesundheitssystem der Welt“, sagt Mario Schlosser im Gespräch mit Philipp Westermeyer und Caspar Schlenk von Finance Forward: „Aber es gibt unheimlich viele Menschen in den USA, die in schwachen ökonomischen Verhältnissen leben, und es sich nicht leisten können, ein Medikament zu kaufen.“ 

Mario Schlosser gründete einen Spielehersteller in Lateinamerika

Unter Ex-Präsident Barack Obama sollte sich das ändern. Seine Regierung ermöglichte es den Menschen, auch individuelle Versicherungen abzuschließen – etwa bei Oscar Health. Inzwischen hat das Startup mehr als eine halbe Million Versicherte.

Für Mario Schlosser ist es nicht das erste Startup, das er aufbaut. Gemeinsam mit Joshua Kushner hatte er zuvor bereits den Online-Spieleanbieter Vostu in Lateinamerika aufgebaut. Ihr größter Erfolg war dabei ein Spiel, für dessen Grundidee sich Mario Schlosser von einem Vorbild aus seiner deutschen Heimat inspirieren ließ: dem Pennergame. Ende der sogenannten Nullerjahre feierte das Online-Spiel hierzulande große Erfolge. Es ging darum, mit einem Obdachlosen den sozialen Aufstieg zu schaffen. „Wir haben daraus ein Fußball-Spiel gemacht. Man hat dabei so einen jungen Typen gemanagt, der aus den Favelas in Brasilien kam, den Elendsgebieten, und bis ins Nationalteam gecoacht werden musste. Und das wurde enorm populär“, sagt Mario Schlosser.

Geschäfte mit dem Bruder von Trumps Schwiegersohn

Ein Deutscher aus einer Kleinstadt in der Nähe von Frankfurt wird zum erfolgreichen Spiele-Unternehmer in Brasilien und baut dann in New York eine milliardenschwere Krankenversicherung auf – allein diese Geschichte ist schon so kurios. Doch bei Mario Schlosser kommt hinzu, dass er diesen Weg eine lange Zeit zusammen mit einem Mann geht, dessen Nachname inzwischen weltberühmt ist: Joshua Kushner, Gründer des Wagniskapitalgebers Thrive Capital.

Die beiden haben sich in Harvard kennengelernt, wo Schlosser einen Master of Business Administration (MBA) absolvierte. Kushner studierte dort, genauso wie sein Bruder Jared. Dieser stand später als Schwiegersohn und enger Berater von Ex-US-Präsident Donald Trump im Fokus der Öffentlichkeit – was auch Mario Schlosser zu spüren bekam. Immer wieder habe es Anfragen gegeben, erzählt Schlosser. Und umgekehrt habe man natürlich darauf achten müssen, genügend Abstand zu halten, um nicht den Vorwurf der Vetternwirtschaft entstehen zu lassen: „Uns war total klar, dass uns das sofort um die Ohren geflogen wäre. Wenn es jemals rausgekommen wäre, dass ich oder Josh ins Weiße Haus gegangen wären, um etwas über Krankenversicherungen zu erzählen, wären wir sofort abgeschossen worden“, erzählt Schlosser.

Im OMR Podcast verrät der Ingenieur außerdem, warum er trotz des Erfolgs in Brasilien beim Online-Spiele-Hersteller Vostu rausgeworfen wurde, warum er die hohen Startup-Bewertungen aktuell für gefährlich hält und wieso er nicht an den Erfolg von Kryptowährungen glaubt.

Die Themen des OMR Podcasts mit Mario Schlosser:

  • Von Hannover nach Harvard (00:04:00)
  • Mario Schlosser baut einen Online-Spiele-Riesen in Südamerika (00:07:15)
  • Von Online-Spielen zur Krankenversicherung (00:12:00)
  • Oscar Health und Donald Trump (00:34:00)
  • Die Bewertungen in der Tech-Szene (00:46:00)
  • Wie macht man Marketing in nur sechs Wochen? (00:55:00)
  • Warum Mario Schlosser nicht an den Erfolg von Kryptowährungen glaubt (01:01:00)
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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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