Schlagerstar paukt morgens Online Marketing und tritt abends vor 50.000 Leuten auf

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Der „Amsterdam“-Sänger Axel Fischer pusht seine Karriere übers Netz

„Partypilot" Axel Fischer im Einsatz

„Partypilot“ Axel Fischer im Einsatz (Foto: Gieseke Flemm)

Er nennt sich „Partypilot“, bespaßt auf Mallorca Touristenmassen – und beschäftigt sich mit Facebook Ads und Suchmaschinenenoptimierung: Axel Fischer ist der erste Schlagersänger, von dem ein Musikvideo mehr als zehn Millionen Mal bei Youtube angesehen wurde. Stars aus der ersten Riege wie Helene Fischer und Michael Wendler liegen dort mit ihren Abrufzahlen weit hinter ihm. Der 32-Jährige ist überzeugt: „Die Zukunft von Schlagersängern liegt in der Selbstvermarktung übers Internet.“

„Es ist heute schwer, als Schlagersänger bekannt zu werden“, sagt Fischer im Gespräch mit „Rockstars Daily“. Im Fernsehen gebe es nur noch wenig Schlagerformate; auch die Zahl der wirklich für das Genre relevanten Zeitschriften sei gering. „Wer sich heute einen Namen machen will, hat zwei Möglichkeiten: die DJs mit dem eigenen Song zu bemustern und hoffen, dass sie ihn spielen, oder sich selbst über das Internet ein Publikum zu suchen und mit diesem direkt zu kommunizieren.“

Bei Fischer kam offenbar beides zusammen: Sein Song „Amsterdam“ (ein Cover eines Titels der ostdeutschen Band Cora) erschien vor sechs Jahren auf dem Sampler „Ballermann Hits 2008“ – und kam offenbar auch bei den DJs gut an. „Von Mallorca aus hat der Song dann abgehoben“, sagt Fischer.

Billig-Video pusht View-Zahlen

Gepusht wurde die Popularität des Liedes aber auch über Youtube: Stand heute hat der Clip zu „Amsterdam“ dort mehr als 11,5 Millionen Views. Im Video chattet Fischer mit einem Mädchen aus Amsterdam, als sein Rechner abstürzt (auf Bildschirm blinkt in großer roter Schrift „Error“). Mit einem ausgedruckten Foto seiner Flamme im Gepäck zieht er los, um diese zu finden. Weil sich das Produktionsbudget des Clips auf magere 200 Euro belief und ein Dreh in Amsterdam zu teuer gewesen wäre, wurde kurzerhand in Hamburg gedreht – „die beiden Städte sehen sich ja auch ein bisschen ähnlich“, meint Fischer. Der Trash-Charakter hat dem Video aber offenbar nicht geschadet, sondern dessen Erfolg scheinbar eher noch beflügelt. „Wir hatten zeitweise bei Youtube pro Tag 20.000 Views. Viele haben Kommentare geschrieben und gerätselt ‚Ist das jetzt Amsterdam oder doch Hamburg?’“. Ende 2012 war der Clip mehr als zehn Millionen Mal abgerufen worden. „Das ist viel mehr Wert als ein Fernseh-Auftritt bei RTL II, wo man 100.000 bis 200.000 erreicht und ein Künstler unter vielen ist“, sagt Fischer. „Bei den Youtube-Abrufen habe ich die ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuschauer.“

Bedauernswert für den Musiker: Er dachte 2008 nicht daran, das Video in seinen eigene Youtube-Channel hochzuladen. „Aber aus solchen Fehlern lernt man.“ Heute stellt er seine Clips bei Youtube im eigenen Kanal ein – die Abrufzahlen seines größten Hits konnte der Sänger aber bis heute nicht einmal annähernd wieder erreichen.

Neben Youtube ist für Fischer Facebook heute die wichtigste Plattform: Rund 14.400 Fans verzeichnet er bei dem Netzwerk. Der Musiker betreut seine Seite selbst und versucht so seine Anhänger an seinem Leben teilhaben zu lassen: „Die Gefällt-mir-Zahlen sind bei einem privaten Foto von mir mit meiner Katze in der Regel höher als bei einem einfachen Auftrittsfoto oder einem Posting wie ‚Ab morgen ist meine neue Single erhältlich’.“

„Wer guten Content postet, verliert keine Facebook-Reichweite“

Reichweitenverluste, über die in den vergangenen Monaten immer wieder Berichte zu lesen waren, kann Fischer nicht bestätigen: „Im Gegenteil, bei mir läuft das immer besser. Ich glaube, das liegt vor allen Dingen am Content, den ich poste. Der Erfolg hängt ja immer davon ab, wie wertvoll der Content für die Fans ist.“

Die Statistiken seiner Facebook-Seite nutzt er auch für die Tourplanung, etwa um in den Orten aufzutreten, wo viele seiner Fans wohnen. Mit Facebook-Anzeigen hat er schon einmal im Veröffentlichungszeitraum für eine Single geworben („das hat gut funktioniert“).

Fischers Digitalglaube geht so weit, dass er heute noch nicht einmal mehr einen Vertrag mit einem Label hat, das seine Musik auf physikalischen Tonträgern veröffentlicht. „Das ist im Bereich Partyschlager kaum mehr interessant. In meinem Metier werden keine CDs verkauft, sondern geht alles über Downloads und Streamings.“ Für den Digitalvertrieb hat der Musiker ein eigenes Label gegründet und arbeit damit mit Kontor New Media zusammen – einem Hamburger Label, das eine Partnerschaft zu Youtube unterhält.

Viel Geld verdient er alleine mit der Musik nicht. Weil die meisten seiner Songs Coverversionen sind, erhält er für diese keine Autorentantiemen, sondern nur Lizenzeinnahmen. „Das ist zum Überleben ein bisschen zu wenig. Bei einem Hit wie ‚Amsterdam“ kann man es sich zwar schon ganz gut gehen lassen, aber nicht so, dass man sagen könnte ‚Jetzt hab ich ausgesorgt.’.“

Die eigene Website als B-to-B-Medium

Trotzdem kann Fischer von seinem Dasein als Schlagerstar leben. Die wichtigste Einnahmequelle sind für ihn Auftritte. Von April bis Oktober tritt er regelmäßig im „Bierkönig“ auf Mallorca auf. Insgesamt absolviert er knapp 200 Auftritte im Jahr, manchmal mehrere an einem Abend. Ohne ihn ganz konkret gefragt zu haben, gehen wir davon aus, dass er ca. 3.000 Euro pro Gig verdient. Einen seiner größten Auftritte absolvierte er bei der beliebten Städtetour unter dem „Olé“ Brand; hier in Oberhausen:

Bei der Akquise hilft das Internet ebenfalls: „Die Veranstalter sind auch alle online unterwegs. Wenn ein Song bei Youtube ein Erfolg ist, sehen die das oder bekommen es indirekt mit, weil die Leute in die Disco gehen und sich das Lied vom DJ wünschen.“

Seine eigene Website dient ihm in dieser Situation hauptsächlich als B-to-B-Medium: „Während die Kommunikation mit den Fans hauptsächlich über Facebook abläuft, wird meine Homepage eher von Veranstaltern oder Journalisten besucht.“

Auch hier versucht er mit Online Marketing seine Ergebnisse zu optimieren. „Wir testen gerade, ob sich Suchmaschinenwerbung lohnen kann, etwa für Keywords wie ‚schlagerstar buchen’.“ Schon länger aktiv ist er in der Suchmaschinenoptimierung: Bei einer Suche nach Axel Fischer über Google taucht der Sänger über dem gleichnamigen Bundestagsabgeordneten auf. „Gerade betreiben wir auch ein bisschen Landingpage-Optimierung“ – für einen Partypiloten ist die ideale Landung natürlich Ehrensache.

Roland (links) von den Online Marketing Rockstars mit Axel Fischer bei einer Seminar-Pause an der Hamburg Media School

Roland (links) von den Online Marketing Rockstars mit Axel Fischer bei einer Seminar-Pause an der Hamburg Media School

Wir haben Axel Fischer im Rahmen des Online Marketing Camps, das wir gemeinsam mit der Hamburg Media School veranstalten, kennengelernt. Während der Vorstellungrunde am ersten Tag hat er sich noch nicht zuerkennen gegeben. Pech und große Show dann, als ein anderer Teilnehmer ihn wiedererkannte. Auch Lust auf Online Marketing? Hier sind unsere Seminare.

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Roland Eisenbrand
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Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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