Boxvertising ist die neuste Idee von Amazon – keine schlechte

Martin Gardt23.6.2015
So sehen die gelben Minion-Kartons von Amazon aus. (Foto: Amazon)

In diesen Tagen hören wir viel von E-Commerce-Plattformen, die über Werbung zusätzlich monetarisieren wollen. Und so einfach kann es sein (wenn man Amazon ist).

So sehen die gelben Minion-Kartons von Amazon aus. (Foto: Amazon)

So sehen die gelben Minion-Kartons von Amazon aus. (Foto: Amazon)

Versandriese Amazon verschickt etwa 3,5 Millionen Pakete am Tag – die meisten davon ohne Versandkosten. Auf den Boxen ist bisher das (an ein Grinsen erinnernde) Amazon-Logo aufgedruckt. Die restliche Fläche ist meist braune Leere. Doch das dürfte sich in Zukunft großflächig ändern. In den USA hat Amazon jetzt erstmals einen Werbevertrag für die Versandkartons abgeschlossen – und verbindet das mit einer cleveren Marketingstrategie.

Um wie viel Geld es bei dem Vertrag zwischen Universal und Amazon geht ist nicht bekannt, der Deal dürfte eine Win-Win-Situation für das Unternehmen und den Werbepartner bedeuten. Schon seit längerem können Werbepartner Beileger in den Kartons kaufen, doch jetzt geht der Online-Händler einen Schritt weiter: Amazon-Kartons in den USA sind noch bis zum Kinostart am 10. Juli knallgelb und mit den drei Hauptdarstellern des neuen Animationsfilms „Minions“ bedruckt. Gleichzeitig wird eine Amazon-Seite beworben, auf der es nur Minion-Merchandise zu kaufen gibt. Was das Motiv angeht ist die erste Werbemaßnahme auf Kartons natürlich ein Glücksgriff. Die aus dem Film „Ich einfach unverbesserlich“ bekannten gelben Figuren sind zu einem Phänomen mit eigenen Fans, Spielfiguren und iPad-Apps geworden. „Wir sind begeistert, die Minions-Magie in das Amazon-Shopping-Erlebnis einzubauen und über die Möglichkeit, Fans durch das Erlebnis auf unserer Seite und durch die Minion-Kartons auch in ihrem Zuhause zu begeistern“, sagt Amazon Media Group Vizepräsident Seth Dellaire der LA Times.

Der Minion-Shop bei Amazon wird auf den Kartons beworben und gehört zum Deal mit Universal.

Der Minion-Shop bei Amazon wird auf den Kartons beworben und gehört zum Deal mit Universal.

Verbindung aus E-Commerce und Online-Marketing

Gerade weil die gelben Kerle so beliebt sind, kann Amazon mit den Kartons sogar für Engagement der Kunden sorgen. Auf den Kartons findet sich die Aufforderung sich selbst mit den Boxen zu fotografieren und das Bild unter dem Hashtag #MinionBoxes zu teilen. Das beste Foto gewinnt einen Einkaufsgutschein von Amazon. Laut der Analyseseite Topsy gingen bisher immerhin etwa 300 Tweets ein. Aber schon die Bilder von lächelnden Kunden mit den (sonst so unspektakulären) Kartons dürften Gold wert sein.

Bilder der #MinionBoxes-Aktion auf Twitter.

Bilder der #MinionBoxes-Aktion auf Twitter.

Das Marketingkonzept erntet Applaus von Experten: „Es gibt eine Möglichkeit Geld durch die Größe der ersten Aktion zu verdienen und dann das Konzept noch weiter auszubauen“, sagt Satish Jindel, Präsident des Paketindustrie-Analysten SJ Consulting Group, gegenüber Wall Street Journal. Das dürfte mit Sicherheit der Fall sein, wenn weitere Unternehmen Interesse an einem Boxvertising mit Amazon haben. Auf Anfrage von Online Marketing Rockstars reagierte die deutsche Amazon-Pressestelle bisher nicht.

Chance für Unternehmen, großer Trumpf für Amazon im Versandkostenkampf

Mit der Aktion zeigt aber nicht nur Amazon neue Wege auf. Universal hat mit den Figuren schon eine starke Marke aufgebaut und dringt mit dem Deal noch tiefer in das Leben der Fans ein. Gleichzeitig erreicht das Unternehmen in den USA täglich Millionen Menschen mit garantierten Impressions der Werbemaßnahme. Gleichzeitig wird nicht nur der Film sondern Merchandising beworben. Die größeren Auswirkungen dürfte der Deal trotzdem auf Amazons Versandtaktik haben. Schon jetzt bietet der Online-Händler – zumindest in den USA auch außerhalb vom Prime-Service – kostenlose Lieferung für Produkte unter zehn US-Dollar. Da bleibt keine Marge für Gewinne ohne weitere Umsatzmöglichkeiten. Schließlich stiegen die von Amazon gezahlten Versandkosten im Jahr 2014 auf 8,71 Milliarden US-Dollar weltweit. Verrechnet mit den Versanderlösen bleibt ein Minus von 4,22 Milliarden US-Dollar.

Die Entwicklung der Versandkosten für Amazon. (Foto: Statista)

Die Entwicklung der Versandkosten für Amazon. (Foto: Statista)

E-Commerce-Unternehmen gehen neue Wege der Monetarisierung

Könnte Amazon also die Versandkosten durch eine einfache Werbemaßnahme wie diese ausgleichen oder damit sogar Geld verdienen, wäre das ein riesen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Die scheint über ähnliche Maßnahmen nicht nachzudenken. Auf Nachfrage von Online Marketing Rockstars erklärte ein Pressesprecher von Zalando: „Unsere markanten Zalando-Pakete sind ein starkes Branding-Instrument, und das Auspacken des Pakets gehört zum besonderen Einkaufserlebnis, das wir unseren Kunden bieten.“ Noch steht der Marketingkanal am Anfang, Amazon dürfte aber schon über einen weiteren Ausbau nachdenken. So könnte der Konzern Geotargeting einführen und so ganz gezielt in Regionen werben – im letzten Schritt auf einzelne Postleitzahlen spezialisiert.

Amazons Strategie ist nicht der einzige Versuch von E-Commerce-Playern mit Werbung zusätzlich Geld zu verdienen. Denn der Anteil von E-Commerce am Einzelhandelsumsatz stagnierte in Deutschland im letzten Jahr bei etwa elf Prozent. Zusätzliche Einnahmen sind dringend gesucht. Zalando arbeitet derzeit an seiner Media- und Advertising-Plattform, die von der Reichweite und den Targeting-Möglichkeiten profitieren soll. Zalando will nicht nur Werbung von Brands auf der eigenen Webseite, sondern überall ausspielen. Einen ähnlichen Service bietet Amazon ebenso an, wie Display-Ads im Amazon-Shop. Jetzt steigt auch Otto in das Werbegeschäft ein. Ein Start-up soll sich auf Data Driven Advertising spezialisieren. Otto will damit Werbetreibende unterstützen, Nutzerdaten für Branding-Kampagnen zu nutzen. Losgehen soll das Projekt zur diesjährigen dmexco in Köln. Auch die Media-Saturn-Holding, Mutter von Media Markt und Saturn denkt wohl über eine eigene Vermarktungsplattform nach. Amazon experimentiert derweil schon woanders herum und sei es mit Pappe.  

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Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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